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Jazzzeitung

2008/04  ::: seite 4

jazzlexikon

 

Inhalt 2008/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / Die Abenteuer des Werner Steinmälzl, Teil 4 / Cat Anderson / Zum Tod von Esbjörn Svensson


TITEL - Generation Swing
Hugo Strasser ist Preisträger der German Jazz Trophy 2008


DOSSIER
- Erst das Fressen, dann der Jazz
Stipendien und Fördermaßnahmen in Deutschland

Berichte
Jazz an der Donau 2008 // Pat Metheny im Juli in der Oper Halle // Jazzsommer 2008 im Bayerischen Hof // Till Brönner und Band bei den Regensburger Schlossfestspielen 2008 // 26. Südtirol Jazzfestival Alto Adige // Preview: International Stride Piano Summit am 31. Oktober im Münchner Amerika Haus


Portraits

Torsten Goods // Niels Klein und seine Arbeit mit dem European Youth Jazz Orchestra // David Sanborn mit neuem Album und im Interview


Jazz heute und Education
Die Politikerin Monika Griefahn im Interview // Wolfram Knauer über seine Zeit an der New Yorker Columbia University // Johnny Griffins Solo über „The Boy Next Door“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Cat Anderson

(12. September 1916 Greenville, South Carolina bis 29. April 1981 Norwalk, Kalifornien)

Wenn von den großen Trompetern der Jazzgeschichte die Rede ist, fällt sein Name allzu selten. Berühmt wurde „der Mann mit dem stärksten Ansatz der Welt“ (so nennt ihn Mingus) bei Duke Ellington, der ihn hauptsächlich in zweifacher Rolle einsetzte: als effektvollen Bläser in höchsten Stratosphärenlagen und als Solisten in lateinamerikanisch oder sonstig südländisch angehauchten, melodramatischen Stücken, wie etwa „Coloratura“ aus der „Perfume Suite“ (1945). Mit Material dieser Art war Cat Anderson bei Duke Ellington wie ein Schauspieler auf eine bestimmte Charakterrolle festgelegt. Der Vorteil: er wurde damit bekannt. Der Nachteil: viele andere Seiten konnte Anderson kaum je entfalten. So war er ein großer Meister des Dämpferspiels. Doch Duke Ellington, der Trompeter wie Rex Stewart, Cootie Williams oder Ray Nance in seinen Reihen beherbergte, die in Vollendung Trompeten- und Kornett-Klänge mit Dämpfern oder halbgedrückten Ventilen beherrschten, hatte gerade für diese Facette seines Könnens wenig Gebrauch. Doch es gibt beeindruckende Beispiele für Andersons Dämpfer-Fertigkeit, so zum Beispiel „Gathering in a Clearing“ (1946). (Anderson und Ellington komponierten es, doch Inspirationsquelle war der Tenorist Al Sears, übrigens auch ein unterschätzter Solist Ellingtons, der nicht nur Stars in seiner Band hatte.) Ob die weniger bekannte nicht die jazzmäßigere Seite „Cat“ Andersons war? So oder so, er war ein technisch überragender Trompeter mit großem dramatischem Gespür.

Der Sinn für Drama mochte nicht von ungefähr kommen, denn er hatte eine schwierige, um nicht zu sagen traurige, Kindheit. Am 12. September 1916 in Greenville, South Carolina geboren, verlor William Alonzo Anderson Jr. schon im Alter von 4 Jahren beide Eltern. Das Kind kam in ein Heim, in dem neben dem allgemeinen Elend, Prügel an der Tagesordnung waren. Doch wie im Falle Louis Armstrongs, bekamen die Kinder Musikunterricht. Mit sieben kam er zur Posaune, die aber zu groß war und im Laufe der Zeit von Baritonhorn, diversen anderen Hörnern, Schlaginstrumenten und Melophon abgelöst wurde, bis als etwa achtes Instrument die Trompete an die Reihe kam. Die besten Musiker des Weisenhauses durften touren, um Spendengelder für das Heim anzuwerben. Da hörte Anderson unterwegs Größen wie Peanuts Holland oder zwei Trompeter, die in den 20er-Jahren mit Ellington Aufnahmen gemacht hatten, Jabbo Smith und Freddy Jenkins.

Nun wusste er, dass die Trompete sein Instrument sein würde. 1937 stieß Cat Anderson in Florida zur Band von Hartley Toots. Dort entwickelte er sein Spiel in hohen Lagen zu großer Meisterschaft. Er hatte nämlich festgestellt, dass die anderen in der Band mit hohen Tönen die Damen beeindruckten und entdeckte bei sich eine Begabung, die dazu führte, dass er bald noch eine Oktave höher spielte als die anderen. Damit erregte Anderson eine kleine Sensation, als er mit dieser Band in New York auftrat. Fortan spielte er bei bekannten Bandleadern wie Claude Hopkins, Erskine Hawkins, der ihn aus Neid auf sein Können entließ, Lionel Hampton und Cootie Williams. 1944 sicherte sich Duke Ellington das Riesentalent, obwohl er eigentlich mit seinen vier Trompetern Rex Stewart, Taft Jordan, Shelton Hemphill und Ray Nance einen bereits weiß Gott beeindruckenden, vollständigen Trompetensatz hatte.

Duke Ellington liebte es, seine verschiedenen Trompeter im Konzert kontrastierend gegenüberzustellen. „El Gato“ war etwa eine Featurenummer für Cat Anderson, in der aber auch die Trompeter Clark Terry und Shorty Baker in Erscheinung traten, Cat aber in hohen Lagen und in südlicher Stimmung das meiste Sagen hatte. Mag sein, dass es für Anderson etwas frustrierend war, immer auf diese Rollen festgelegt zu sein. Ab 1947 unternahm er immer wieder den Versuch auf eigenen Füßen zu stehen, doch er kam immer wieder zu Ellington zurück, bei dem er dann von 1950 bis 1959 und von 1961 bis 1971 musizierte. Danach spielte der Mann mit dem 5-Oktaven-Umfang in Los Angeles bei Bill Berry, Lionel Hampton, Charles Mingus, Benny Carter und in den Hollywood-Studios. Am 29. April 1981, kurioserweise am Geburtstag Ellingtons, der da aber schon sieben Jahre tot war, starb Cat Anderson im kalifornischen Norwalk. Sein Wissen hat er weitergereicht in „The Cat Anderson Trumpet Method – Dealing With Playing In The Upper Register“. Das Buch ist sogar im Internet frei zugänglich unter der Adresse www.r-o-d-d-y-t-r-u-m-p-e-t.cc/catindex.html

Gelegentlich, wenn auch allzu selten, hat Cat Anderson Aufnahmen unter eigenem Namen gemacht und dabei fast schon überraschend offenbart, wem er sich im Grunde seines Herzens geistesverwandt fühlte: Louis Armstrong. Ganz klar zu hören ist dies etwa bei seiner eigenen Version von Ellingtons „Black And Tan Fantasy“ (1958). Er hätte sie ganz à la Duke interpretieren können, noch dazu mit Ellington-Leuten an seiner Seite wie Russel Procope (cl), Jimmy Woode (b) und Sam Woodyard (dr). Doch was noch ellingtonisch anfängt, gerät im Verlauf immer mehr zu etwas, das klingt als wär’s ein Stück der Armstrong All Stars.

Marcus A. Woelfle

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