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Jazzzeitung

2008/02  ::: seite 23

jazz heute

 

Inhalt 2008/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / Die Abenteuer des Werner Steinmälzl, Teil 2


TITEL - With a little help
Die Münchner Unterfahrt feiert 30-jähriges Bestehen


DOSSIER
- Die Abstraktion des Blues
Die Bebopper komponierten die Zukunft • Von Hans-Jürgen Schaal

Berichte
39. Internationale Jazzwoche Burghausen // Sidsel Endresen trifft bei „Humcrush“ auf ein Duo der Extreme // „Women in Jazz“ in Halle (Saale) 2008 // Klima Kalima gewinnt den MVV Energie Bandpreis 2008 // Die 7. Cologne Jazz Night der Hochschule für Musik Köln // Stimmenfang Festival Nürnberg 2007 // Südtirol Jazzfestival Alto Adige im Juni 2008


Portraits

Das Schulprojekt „Bluestrings“ // Der Gitarrist Andreas Dombert // Der Klarinettist Lajos Dudas // Benjamin Schaefer // Sänger Michael Schiefel in New York


Jazz heute und Education
Manfred Schoof im Interview zu Jazzförderung und Urheberrecht // Newburgh, USA: der Percussionist Jeff Haynes unterrichtet Senioren //
Oscar Petersons Solo über „Alice In Wonderland“

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Der Ton, die Nacht und die Blume

Die Abenteuer des Werner Steinmälzl, Teil 2

Werner war und ist ein kompromissloser Kämpfer, wenn es um die Umsetzung seiner ästhetischen Konzeption geht. Sei es musikalisch als auch bezüglich der optischen Linie des Gesamtprodukts. So hatte er zuerst ein Aquarell seiner Freundin Maria als Cover vorgeschlagen, welche zu dieser Zeit an der freien Kunstschule Neuhaus an der Waldnaab eine Mappe zur Vorbereitung eines Hochschulstudiums anfertigte. Der Titel des Aquarells war „Der Ton, die Nacht und die Blume“.

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Als Maria ihm das Aquarell zum ersten Mal zeigte, und er ihr in gespielter Begeisterung vorschlug – eigentlich nur um ihr ein Kompliment zu machen und gar nicht wirklich ernsthaft – es sollte das Cover seiner Debüt-CD „Enhance“ werden, besorgte sie es ihm am selben Abend gleich zweimal oral.

Die Erwartung, was Maria erst mit ihm anstellen würde, wenn er ihr die fertige CD mit ihrem Bild als Cover überreichen würde, wischte eigene, gesamtkonzeptionelle Bedenken, was das Bild denn mit seiner Musik zu tun habe, gänzlich vom Tisch.

Leider Gottes stieß „Der Ton, die Nacht und die Blume“ auf totale Ablehnung seitens der Plattenfirma, sprich von Hans-Peter:

„Damit ist die CD völlig unverkäuflich“, hatte er am Telefon gesagt, als er ein Jpeg des Aquarells von Werner geschickt bekommen hatte. Es müsse da unbedingt ein Foto von Werner aufs Cover, um das Produkt zu personalisieren, hatte Hans-Peter zurückgemailt.
Die Nachricht von der Ablehnung von „Der Ton, die Nacht und die Blume“ als Coverartwork erschütterte Marias Selbstwertgefühl als angehende Künstlerin und damit die Beziehung der beiden bis ins Mark. Marias Aussprüche: „Du bist so ein Weichei, du lässt dich ja jetzt schon von den Plattenheinis total auf der Nase herumtanzen“ oder „Du würdest ja sogar deine Mutter nackt aufs Cover setzen, um deine Mucke zu verkaufen“ oder auch „Fick dich doch selbst, oder lass deinen Hans-Peter ran“ klingen Werner noch heute in den Ohren, und auch die nächsten Wochen würde er nicht vergessen, in denen Maria ihm jede Art von geistiger und körperlicher Nähe entzog.

Von Sex ganz zu schweigen.

Die bereits am nächsten Tag von Werner initiierte Blitzaktion zur allgemeinen Schadensbegrenzung in seiner Beziehung hatte auch nicht den gewünschten Erfolg.

Die von seiner Mutter gemachten Digitalfotos am Tresen von Ronnys Pilspub in Schnaittenbach mit Werner vor einem Whiskey sitzend, nebenan die Trompete auf einem Barhocker liegend und Marias „Der Ton, die Nacht und die Blume“ dort hängend, wo normalerweise das Notausgangsschild war, konnten Hans-Peters professionell geschulten Blick für Qualität nicht standhalten.
Und auch Maria ließ sich nicht täuschen.

Sie schlief auch weiterhin nicht mit ihm.

Es half nichts.

„Wir brauchen ein Profishooting, sonst geht hier überhaupt nichts, wenn wir uns irgendwie am internationalen Markt behaupten wollen. Und ich hab da auch schon eine Idee,“ hatte Hans-Peter am Telefon gesagt.

„Guido Schnack, das ist ein Profi und zwar ein absoluter,“ machte Hans-Peter klar und außerdem sei Guido ein alter Freund von ihm, und überhaupt hätte der schon viele Cover für Edition Fromage fotografiert und konzipiert, die allesamt sensationell geworden wären.

Zudem würde er, Hans-Peter selbst, einen Termin checken können, was nicht einfach sein würde.

(Guido war, laut Hans-Peter, rund um den Globus unterwegs für Universal, Pirelli und Esquire und nicht so einfach greifbar).
Außerdem könne er für Werner einen absoluten Superpreis rausschlagen.

Werner konnte Hans-Peters Argumentation wohl nachvollziehen, vollends überzeugt wurde er erst dadurch, dass HansPeter meinte, dass Werner doch wirklich nicht schlecht aussähe und Till Brönner nicht zuletzt auch wegen seines Aussehens und dem auf den Covers verströmten „Hauch von Erotik und unterschweligem Sexappeal“ so viele „Einheiten“ verkaufe.

Drei Tage später war Werner wieder in München.

Dank Hans-Peters Fürsprache konnte Guido Schnack gerade noch einen Termin einflicken bevor er wieder nach LA musste. Irgendwas mit Tyra Banks hatte Hans-Peter gemurmelt.

Nach dem nur 30-minütigen Fotoshooting (Hans-Peter: „Du, Guido arbeitet unheimlich effizient und schnell, dafür ist er in der Szene total bekannt.“), für das Werner sich einen schwarzen BOSS-Anzug gekauft hatte und bei dem er mit einer glitzernden Trompete (mit Sternfilter aufgenommen) vor einer Phototapete einer stilisierten irischen Landschaft posierte, war Werner nicht sonderlich glücklich, aber er verließ sich auf Hans-Peter, der extra zum Shooting vorbeigekommen war.

Einerseits, um die Fotos künstlerisch zu überwachen, weil Guido, wie er vorher gemeint hatte, mit seiner „unbegrenzten Kreativität und Experimentierfreudigkeit“ manchmal etwas über das Ziel hinausschoss.

Zum anderen, um sich 200 Euro zurückzuholen, die sich Guido vor ein paar Wochen bei einer gemeinsamen Zechtour geliehen hätte.
Dies träfe sich ganz gut, da Werner die 600 Euro fürs Shooting bei Guido in bar vor den Aufnahmen bezahlen musste.

„Hey, aber bring die Kohle bar mit. Sonst läuft nichts. Das hab ich mir inzwischen bei euch Jazzern zum Prinzip gemacht, sonst warte ich immer jahrelang auf die Kohle und so die Hölle sind 400, äh, ich mein 600 Euro nun auch nicht,“ hatte ihm Guido Schnack gleich beim ersten Konzeptionsgespräch am Telefon mitgeteilt, und auch Hans-Peter hatte im Vorfeld des Shootings unmissverständlich klar gemacht, dass bei Guido auf Rechnung überhaupt nichts ginge.
Nun, irgendwann war das Cover endlich fertig.

Auf Drängen von Werners Penis wurde die irische Hintergrunds-Landschaft am Computer doch noch durch Marias Aquarell „Der Ton, die Nacht und die Blume“ ausgetauscht, womit Hans-Peter überraschenderweise sofort einverstanden war.

„Du, das ist cool, no problem, ich finde das prinzipiell auch total super, wenn sich die Ästhetik aus dem eigenen sozialen Umfeld auch in den Covers wiederspiegelt. Dann bekommt die ganze Sache so was Rundes, mit diesem Spritzer Lokalkolorit, das spüren die Leute sofort. Mir war nur wichtig, dass das Foto von dir professionell aussieht, und da hat unser Guido ja wiedermal ganze Arbeit geleistet, wie der junge Chet Baker, oder?“ hatte Hans Peter am Telefon gesagt.

Werner war sehr glücklich. Zum einen, dass das Cover nun endlich fertig war, dass Hans-Peter zufrieden war, dass auch Maria zufrieden war und dass sie nun endlich wieder mit ihm verkehrte.
Und dass er aussah wie der junge Chet Baker. Zumindest laut Hans-Peter.

Doch nicht jeder fand das.

Harald, der Bassist seiner Band meinte: „Hey Alter, ich find’ das Cover is’ echt schwul.“

Wenn Werner Steinmälzel in seinen eher uneuphorischen Stunden, speziell wenn er mit Maria stritt, ganz ehrlich zu sich selbst war, fand er, dass Harald eigentlich Recht hatte.

Gerwin Eisenhauer

Lesen Sie weiter im nächsten Heft (Ausgabe 3-08): Wie „Edition fromage“ Werners CD einen „internationalen Soundstandard” verpasst und er seinen ersten Silberling endlich in Händen hält.

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