Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 

Jazzzeitung

2003/10  ::: seite 23

dossier - musikkabarett und jazz

 

Inhalt 2003/10

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Max Roach
jäzzle g’macht: Apartheid im Plattenregal
no chaser: Vinyl-Aroma
Jubilee. Fats Navarro


TITEL / DOSSIER


Die Energie transportieren
Sandra Weckert und ihre neue CD „Bar Jazz“
Dossier. Musikkabarett und Jazz (Popette Betancor / Piet Klocke / Ulrich Tukur & Götz Alsmann)


BERICHTE


Berichte aus
Boskovice / Chemnitz / Eldena / Fürstenfeldbruck / Gstaad / München /Leipzig / Straubing


 JAZZ HEUTE


Von der Donau an die Spree
Der Birdland Jazzclub in Neuburg und das Audi Forum Berlin


 PORTRAIT / INTERVIEW


Rigmor Gustafsson // Wolfgang Dauner // Günter „Baby“ Sommer // Florian Poser // Thirsty Ear-Blue Series


 PLAY BACK / MEDIEN


CD. CD-Rezensionen 2003/10
Bücher. Bücher für Saxophonisten und Klarinettisten
Noten. Neues für Chor und Gitarre
Instrumente. Schlagzeug-Vintage-Shop in Köln / Instrumenten-News
Medien. link-tipps


 EDUCATION


Abgehört 19. Night & Day: ein Solo von Kenny Garrett auf der CD „Triology“
Zu sich selbst finden
Abschied von Trompeten-Professor Manfred Schoof
Ausbildung. Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2003/10 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (544 kb))

Verwunschene Oasen des Jazz

Neues von Ulrich Tukur und Götz Alsmann

Mit Jazz, wie ihn die Puristen verstehen – also Miles Davis oder John Coltrane –, haben Ulrich Tukur und Götz Alsmann relativ wenig zu tun. Ihr „Jazz“-Begriff hat eher mit den Roaring Twenties zu tun, als das Wort für ein Lebensgefühl stand. „Es war die Zeit des Bubikopfes, es war die Zeit des kurzen Rockes“, schreibt Hans Janowitz 1927 in seinem Roman „Jazz“, „es war die Zeit der wilden Freude an wilder Lausbüberei, an wildem Unfug im Ordnungsbereich, kurz: das wahre Programm der Zeit hieß: Jazz.“ Im Berlin der „Goldenen Zwanziger“ verkörperte dieses Programm wie kein Zweiter der Cabaret-Tausendsassa und Musiker Friedrich Hollaender, der nebenbei auch noch die beste Jazzband der Weimarer Republik leitete, die Weintraub Syncopators.

Ulrich Tukur +
Die Rhythmus Boys:
Morphium
Roof Music/Indigo RD 2333186

Hollaender spukt nun auch wieder herum beim neuesten Projekt des singenden Schauspielers Ulrich Tukur und seiner Rhythmus Boys: „Morphium“ (Roof/Indigo). Hollaenders „Fox Macabre“ und Mischa Spolianskys Valse boston „Morphium“ (beide von 1920) liefern den exquisit arrangierten Soundtrack zu einem merkwürdigen Drogentrip, zu einer Reise in die deutsche Vergangenheit. „Die Feier einer dekadenten Kultur am Ende der k.u.k. Monarchie vor dem Weltkrieg, dann der Tanz auf dem Vulkan 1924, das hat mich schon immer fasziniert“, erzählt Tukur: „Als ein Brot Milliarden kostete und die Menschen sich einen kollektiven Nervenzusammenbruch leisteten: diese Hysterie, die sie im Rausch auflösen wollten.“

Götz Alsmann:
Tabu!
Boutique/Universal Jazz

Spätestens seit seinem „Blaubart“-Projekt fühlt sich Tukur, der in Venedig lebt, als „Bürger der Weimarer Republik“. Wobei er Vergleiche mit den Zuständen dieser Zeit weit von sich weist: „Damals gab es echte Armut und Hunger, heute werden bloß Besitzstände verteidigt.“ Tukurs Traum: Die Weimarer Republik als künstliches, drogengeschwängertes Paradies.
Einer, der mit den Jazzschlagern der 40er- und 50er-Jahre aufgewachsen ist, verfolgt bei „Tabu!“ (Boutique/Universal Jazz) eine andere Linie: Götz Alsmann. Vor fast 20 Jahren promovierte „Professor Bop“ (Markenzeichen: Brille und Tolle) mit einer vorzüglichen Studie über die schwarzen Independent-Labels der Forties: „Nichts als Krach“. Seit langer Zeit ist seine Geschichte der „jazzenden“ Unterhaltungsmusik angekündigt. Alsmann kennt das Repertoire dieser Zeit wie kein Zweiter: Bill Ramsey ist ihm genauso nahe wie Nat „King“ Cole. Auf „Tabu!“ lädt er nun zu „17 neuen spannenden Abenteuern“ ein, die ihn in exotische Länder führen, zu geheimnisvollen Frauen („Nana“) und Melodien („Caravan“). Seine Helden heißen Michael Jary, Erwin Halletz, Duke Ellington und Heinz Erhardt. Es ist die Liebe zu seinem Material, die hier erneut besticht.

Fazit: Tukurs „Morphium“ und Alsmanns „Tabu!“ sind Musterbeispiele für eine deutsche Art von „Exotica“, die ihre Wurzeln im Berlin der Roaring Twenties, zwischen Cabaret & „Jazz“ hat.

Viktor Rotthaler


Interview Ulrich Tukur

Jazzzeitung: Hat Jazz in Ihrer musikalisch-künstlerischen Entwicklung eine Rolle gespielt?

Ulrich Tukur: Meine musikalische „Befreiung“ begann mit einem Heftchen von Boogie Woogie und Ragtime Stücken, die ich mir als Zehnjähriger heimlich beibrachte. Ich war in Ekstase versetzt und die Herren Czerny und Clementi verloren schlagartig ihre dämonische Macht. Meine beiden ersten Vinyl Platten waren von Tommy Ladnier und dem großartigen frühen Fletcher Henderson. Ende der 70er-Jahre gründete ich in Tübingen meine erste Band, die „Floyd Floodlight Foyer Band“. Wir spielten so genannten Schleim- und Behelfsjazz und über die vielen musikalischen Einsätze auf Marktplätzen, in Jugendzentren, Wirtschaften und Jazzkellern lief mein Weg zugegeben etwas verschlungen, aber doch sehr fröhlich zum Theater.

Jazzzeitung: Gibt es bestimmte Gruppen, Künstler aus dem Jazzbereich, die Sie bewundern?

Tukur: Ich war immer begeisterter Anhänger der Epoche der Big Bands und großen Jazz- und Tanzorchester. Ganz oben Duke Ellington, Artie Shaw (der noch lebt!), aber auch „Impressionisten“ wie Claude Thornhill. Spezialist bin ich jedoch geworden für die große Zeit der englischen Orchester, allen voran die Hotbands von Jack Hylton, die Savoy Orpheans und Rhythmic Eights. Waren diese Formationen auch nicht immer avantgardistisch, so sind sie doch unschlagbar von ihren Arrangements, ihrer Energie, Spielfreude und heute noch genauso frisch wie vor 75 Jahren.

Jazzzeitung: Hören Sie Jazz in Ihrer Freizeit oder von Berufs wegen?
Tukur: Ein Cocktail ohne George Shearing, Art van Damme oder Chet Baker ist eine trübe Sache...

Jazzzeitung: Ihre aktuelle CD dreht sich um das dunkle Thema „Morphium“, von dem viele US-amerikanische Jazzer auch abhängig waren und einen frühen Tod starben. Welchen Zusammenhänge, Gründe könnte es geben, Ihrer Meinung nach?

Tukur: Übrigens kotzten auch deutsche Jazzer vor dieser Apotheke. Der heute fast vergessene Saxophonist und Bandleader Erich Borchard galt in den fühen 20er-Jahren als der wegweisende Musiker der Branche und ging wie viele am Heroin zugrunde. Es war vor allem in den 20er-Jahren noch relativ leicht, an die Modedroge Kokain, Heroin und Morphium zu kommen, ihr Gebrauch war Teil des flebrigen Lebensgefühls in den Metropolen; man musste überleben und spielte Tag und Nacht. In den USA war der erfolgreiche schwarze Musiker zwar künstlerisch anerkannt, als Mensch aber immer nur zweite Klasse und hatte durch die Hintereingänge in die Bars oder Konzertsäle zu gehen. Diesen Widerspruch werden viele nicht ausgehalten haben.


Interview Götz Alsmann

Jazzzeitung: Hat Jazz in Ihrer musikalisch-künstlerischen Entwicklung eine Rolle gespielt?
Götz Alsmann: Die entscheidende!
Jazzzeitung: Gibt es bestimmte Gruppen, Künstler aus dem Jazzbereich, die Sie bewundern?
Alsmann: Ungefähr 1000.
Jazzzeitung: Hören Sie Jazz in Ihrer Freizeit oder von Berufs wegen?
Alsmann: Was verstehen Sie unter Freizeit (immer!)?
Jazzzeitung: Inwieweit sind „jazzige Elemente“ in Ihre neue CD eingeflossen?
Alsmann: In sehr weit!
Jazzzeitung: Würden Sie gerne einmal in einer Jazzcombo singen/spielen?
Alsmann: Was glauben Sie, was ich täglich tue?

Interviews: Ursula Gaisa

 

 

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner