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Jazzzeitung

2001/09  seite 22

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Glossar: Violoncello
Farewell: Joe Henderson

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Jazz an der Donau stößt mit 15. Ausgabe an Grenzen
Zum 20. Münchner Klaviersommer
Das 20. Bayerische Jazzweekend in Regensburg
Paul Tanner in der Mohr-Villa

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 Farewell. Tenorsaxophonist Joe Henderson verstorben
 Club statt couch. Interview mit Yvonne Moissl, DJF, Teil 2
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Bösendorfer im Birdland.
Ein Flügel, ein Club, und was daraus werden kann
Benny Goodmans Schüler. Julian Milkis erinnert sich an den „King of Swing“

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Ellingtonia. Wiederveröffentlichungen aus den Sechzigerjahren
Stoische Bassgewitter.
Zwei Konzerte mit Dave Holland auf DVD

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Kleiner informativer Bericht über die „Kunst der Improvisation“

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Rezensionen 2001/09
Service-Pack 2001/09 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (378 kb))

 

Ellingtonia

Wiederveröffentlichungen aus den Sechzigerjahren

Wenn das kein Ereignis war: Pops und der Duke für zwei Tage im Studio vereint! Ich habe mir erlaubt, vor dem Abhören der beiden CDs dieses „Gipfeltreffens“, wie es die Herausgeber getauft haben, die einschlägige Literatur zu konsultieren: Ihr einhelliger Tenor ist zurückhaltend bis negativ, die „verpasste Gelegenheit“ – nämlich Louis mit dem Ellington-Orchester aufzunehmen – wird bejammert, doch säuerlich eingeräumt, diese einzige dokumentierte Begegnung sei „immer noch besser, als wenn sie sich gar nie getroffen hätten“.

Die klingenden Tatsachen jedoch, die wir der Geistesgegenwart des Produzenten Bob Thiele verdanken, strafen alle Beckmesser Lügen: Was wir hier vor uns haben, ist nichts weniger als die nach Jazzmaßstäben letzte wirklich bedeutende Aufnahme Armstrongs und zugleich ein deutlicher Verweis auf den Klavierstilisten Ellington, der einem Monk in nichts nachstand – was er im folgenden Jahr auf „Money Jungle“ eindeutig klarstellen sollte.
Die ursprünglich separat veröffentlichten Alben „Recording Together For The First Time“ und „The Great Reunion“ (deren 17 Titel auf der ersten CD zusammengefasst wurden) bilden gewissermaßen die Schlusssteine von Satchmos mit W.C. Handy und Fats Waller begonnener Serie von Auslegungen großer Jazzkomponisten. Der Duke war selbst davon überrascht, wie blitzschnell Louis die ihm vorgelegten Stücke erfasste, von denen er wohl ein Dutzend zuvor weder gespielt noch gesungen hatte.

 

Einige Kritik haben die anderen Musiker dieser Session einstecken müssen, aber wer würde neben diesen Giganten nicht alt aussehen? So gesehen, ziehen sich Trummy Young und Barney Bigard, der als einziger langjährige Erfahrung mit beiden Bandleadern vorzuweisen hatte, ziemlich elegant aus der Affäre. Auch an Mort Herbert (bass) und dem Hawaiianer Danny Barcelona (drums), als deren beste Aufnahmen diese gelten, gibt es nicht das Geringste zu mäkeln.

Begeisterung löst der Klang der CDs aus: Die Neuabmischung der originalen Dreispurbänder hätte nicht räumlicher und luftiger ausfallen können. Mein einziger Einwand gegen diese Ausgabe: Die zweite CD „The Making Of...“ werde ich mir wahrscheinlich nie wieder anhören. Da die Track-Markierungen ungeschickt platziert wurden, muss man sich durch minutenlanges Gerede und mehrere Fehlstarts hindurchquälen, um zu den Alternativfassungen vorzustoßen.

Obwohl die nächsten beiden Platten in keiner Ellington-Empfehlungsliste auftauchen, bieten sie in ihrem unverkrampften „business-as-usual“-Tonfall einen attraktiven Seiteneingang zum Ellington-Universum; für die Fixsterne darin haben wir schließlich das ganze Leben Zeit. In seinem Ellington-Buch verurteilt Hans Ruland die Platten, die der Duke in den Sechzigern für Frank Sinatras Reprise-Label aufnahm, in Bausch und Bogen als harmlos, ja „ausgesprochen verunglückt“. Dieser Einschätzung kann ich nach zunächst vorsichtigem, dann zunehmend begeistertem Verfolgen dieser CD ganz und gar nicht folgen. Rulands Wertung muss weitgehend auf anderen Alben fußen – diesen hier sind allenfalls irreführende Titeleien vorzuwerfen: Der „Afro-Bossa“ ist in Wahrheit ein Bolero, und das „Konzert auf den Jungfrauen-Inseln“ mag zwar stattgefunden haben, die gleichnamige Platte besteht jedoch eindeutig aus Studioaufnahmen.

Die Musik indes lässt keine Wünsche offen. Anders als bei Konzertmitschnitten der Sechziger (oder den zahlreichen Suiten-Kompositionen jener Jahre) beschränken sich die ausschließlich von Ellington oder seinem Sidekick Billy Strayhorn komponierten Nummern auf das Drei-Minuten-Format und jeweils einen gefeatureten Solisten. Ob der Trompeter und Stratosphären-Noten-Spezialist Cat Anderson, der Weltmeister des sinnlichen Altsaxophons Johnny Hodges, die nostalgischen Reiz verbreitende Geige von Ray Nance oder der stets unterschätzte Klarinettist Jimmy Hamilton (um nur wenige Beispiele herauszugreifen), alle kommen ohne Umschweife auf den Punkt und zeigen, was in ihnen steckt.
Die bis auf Mercer Ellingtons Blues „Things Ain’t What They Used To Be“ und die später zum Balladen-Standard avancierte „Chelsea Bridge“ allesamt selten gespielten, aber melodisch und vor allem rhythmisch attraktiven Stücke liefern besonders attraktive Vehikel hierzu. Gerade der perkussive Aspekt war bei Ellington lange etwas stiefmütterlich behandelt worden, aber durch Louie Bellson und nun mit dessen Nachfolger Sam Woodyard hatte er auch diese Schwäche überwunden. Jetzt traten – auch dank verbesserter Klangtechnik – die herrlichen, nicht wirklich imitierbaren Klangfarben seiner Musik noch leuchtender hervor.

Die „Far East Suite“ – einer der angesprochenen „Fixsterne“ – markiert die letzte vollendete Zusammenarbeit des Duke mit seinem musikalischen Partner und Alter Ego Billy Strayhorn, der fünf Monate nach den Aufnahmen verstarb.
Die ganze, neunteilige Komposition (von der vier Abschnitte in Alternativfassungen enthalten sind) gehört zu den schönsten und insgesamt geglücktesten der zahlreichen Suitenkompositionen der späten Ellington-Jahre. Die weltweiten Tourneen des Orchesters hatten die beiden Komponisten zu eigenen Schöpfungen angeregt, die erstaunlicherweise fast unberührt blieben von den landestypischen Musiken des Orients.

Die wichtigsten Solisten des Duke bekamen alle ihr eigenes Feature: Tenorist Paul Gonsalves zeigt uns den „Tourist Point Of View“, Jimmy Hamilton singt auf seiner Klarinette wie der „Bluebird of Delhi“, Hodges führt auf dem rockigen „Blue Pepper“ die bluesige Seite seines Könnens vor, Harry Carney childert „Agra“ auf dem Baritonsaxophon, und Ellington höchstselbst bringt den Rausschmeißer „Ad Lib On Nippon“ mit einem trocken-dissonanten Klaviersolo in Fahrt.

Mátyás Kiss

Diskografie

The Great Summit – Complete Sessions (1961, mit Louis Armstrong) Roulette Jazz/EMI 524 546 2 (2 CDs)
Afro Bossa / Concert In The Virgin Islands (1963 / 1965) Reprise/wea 936 247876 2
Far East Suite (1966) RCA Victor/BMG 7432 174797 2s

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