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Jazzzeitung

2012/05  ::: seite 12

kurz, aber wichtig

 

Inhalt 2012/05

Inhaltsverzeichnis

Sternlein STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazz-ABC: Billy Taylor no chaser: Silberglanz Farewell: Zum Tode von Günter Dische

Sternlein TITELSTORY: Kunst hält das System in Gang
Heinz Sauer zum 80. Geburtstag

Sternlein DOSSIER/GESCHICHTE -
Wenn Liebe die letzte Rettung ist
„Liliom“ vereinte Jazz der NDR Bigband mit der Melodik der Philharmoniker Hamburg
Dizzy lives!
Vor 20 Jahren verstarb Dizzy Gillespie
Der Gentleman des Swingpianos
Zum 100. Geburtstag von Teddy Wilson

Sternlein Berichte
Leipziger Jazztage //Regensburgs Jazzclub feierte sein 25. Jubiläum //St. Wendeler Jazztage 2012

Sternlein Portraits / Jubilee
Mulo Francel // Benedikt Jahnel//Manu Katché //Gitarrist Alex Machacek //Pianist Iiro Rantala //Caroll Vanwelden

Sternlein Jazz heute und Education
40 Jahre „Interessengemeinschaft Jazz Burghausen“ //Jazz und Ehrenamt // 50 Jahre Jazzkränzchen Immergrü // Dominik Seidler, der neue Projektleiter BuJazzo und „Jugend jazzt“ im Interview // Gespräch mit Thomas Zoller zum Thema Bigband-Leitung // 25 Jahre Landes-Jugendjazzorchester Bayern // Abgehört: Intim und wunderbar melodisch
Chet Bakers Solo über „In Your Own Sweet Way“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

kurz, aber wichtig

Free-Jazz-Saxophonist John Tchicai gestorben

Der dänische Jazz-Saxophonist John Tchicai tot. Wie seine Ex-Frau Margriet Naber mitteilt, ist er am 8. Oktober 2012 im Alter von 76 Jahren in einem Krankenhaus im französischen Perpignan verstorben. Tchicai habe im Juni eine Gehirnblutung erlitten und seitdem im Koma gelegen.

Tchicai wurde 1936 als Sohn einer dänischen Mutter und eines kongolesischen Vaters in Kopenhagen geboren. Er wuchs in Århus auf und erlernte bereits im Jugendalter das Saxophon. 1963 zog es den jungen Saxophonisten nach New York. Als einziger europäischer Musiker war er dort an der Ausgestaltung der freien Jazzszene beteiligt. An der Seite von Archie Shepp wurde er zu einem der Gründungsväter der Formation New York Contemporary Five, bei denen die drei Bläser simultan improvisierten. Später kam Tchicai nach Europa, wo er zu einem der führenden Köpfe des Free Jazz aufsteigen sollte. Er musizierte gemeinsam mit Szenegrößen wie John Coltrane, Milford Graves oder Steve Swallow.

In den 70er Jahren konzentrierte er sich auf seine Lehrtätigkeit und trat nur gelegentlich mit Gunter Hampel, Irène Schweizer, John Stevens, dem eigenen Trio, der Dänischen Radio-Jazzorchester und in Solokonzerten auf. 1987 veröffentlichte er sein Lehrbuch Advice to Improvisers (Edition Hansen).

In Berlin war Tchicai beim Festival „Sounds No Walls“ 2010 gemeinsam mit dem Mitstreiter seiner Jugendjahre, Archie Shepp, zu erleben. Die JazzZeitung schreibt dazu: „Der einstige Quertreiber (Archie Shepp) ist längst ein in Würde weise gewordener Vertreter des schwarzen Jazz geworden – als ungekröntes Haupt seines Quartetts stieß er ein „Tribute To Africa“ an und schien im Verlauf seines Konzertes aus einem Jungbrunnen zu steigen, setzte zu nächtlicher Stunde geradezu sinphonische Zugaben an und erwies sich als Energiebündel mit dem Anspruch von hohem Aussagewert. Zu seinen kongenialen Begleitern – Tom McClung (Piano), Riccardo Del Fra (Bass), Steve McCraven (Drums) – gesellte sich John Tchicai, der zuvor für den erkrankten Zim Ngqawana eingesprungen war. Zwei Altmeister im beinahe brüderlichen Verbund!“ bl

ECM – Eine kulturelle Archäologie

Am 22. November öffnet das Münchner Haus der Kunst seine Pforten für eine einmalige, ganz besondere Ausstellung: ECM – Eine kulturelle Archäologie. In enger Zusammenarbeit mit dem Münchner Schallplattenlabel ECM haben die beiden Kuratoren Okwui Enwezor (Direktor Haus der Kunst) und Markus Müller, Berlin, eine bis dato einzigartige Ausstellung auf die Beine gestellt. Die 1969 von Manfred Eicher gegründete Edition of Contemporary Music, kurz ECM, setzt seit mittlerweile über vierzig Jahren Maßstäbe; in erster Linie für klangliche Vielschichtigkeit, gleichzeitig aber auch für ein selbstständiges, stringent ästhetisches Auftreten. „Think of your ears as eyes“ – diese Maxime bringt auf den Punkt, was das Besondere bei ECM ausmacht. Das Konzept der Ausstellung spiegelt damit genau diese integrative Komplexität wider indem sie angelegt ist wie sensorisches Feld, bei dem klangliche, typografische, fotografische, filmische Formate und Installationen vermischt werden. Diese besondere Art der künstlerischen Wiedergabe würdigt damit das komplette Spektrum, die musikalische wie ästhetische Bandbreite von ECM, das Zusammenspiel von Klang und Bild, den eigenen disziplin- wie kulturübergreifenden Ansatz, Poesie und zeitgenössische Kunst.

Weiter werden, begleitend zur Ausstellung, Konzerte im Westflügel/Haus der Kunst mit ECM-Künstlern stattfinden und im Prestel Verlag wird ein feiner Begleitkatalog zur Ausstellung erscheinen. Außerdem wird unabhängig von der Ausstellung im Jazzclub Unterfahrt die Konzertreihe „ECM artists in concert“ aufgenommen. tjk

BMW Welt Jazz Award

Schon immer waren sie die Motoren des Jazz: die Schlagzeuger. Doch so wie sich der Jazz in den letzten Jahrzehnten stilistisch in alle Richtungen ausgedehnt hat, so haben auch die Drummer ihr Spiel verfeinert und erweitert – technisch, stilistisch und klanglich. Aus reinen Rhythmusmaschinen sind heute gleichberechtigte Instrumentalisten geworden, und nie zuvor gab es so viele Schlagzeuger, die auch Komponisten und Bandleader sind. Sechs dieser „Leading Drums“ präsentiert der BMW Welt Jazz Award bei seiner fünften Ausgabe. Sechs herausragende, ganz unterschiedliche Vertreter ihres Fachs aus aller Welt, die zu sechs Sonntagsmatineen im BMW Welt Doppelzylinder antreten. Eine Fachjury wählt zwei Bands für das große Abschlusskonzert im Auditorium aus und kürt dort schließlich den Gewinner.

20.01. Jim Black Trio feat. Elias Stemeseder & Chris Tordini
27.01. Dejan Terzic – Melanoia
17.02. Samuel Rohrer – Daniel Erdmann w/ Frank Möbus & Vincent Courtois
24.02. Ari Hoenig Quartet
10.03. Alfred Vogel – Die glorreichen Sieben
17.03. Antonio Sanchez Migration

Auswahlmatineen jeweils sonntags von 11.00 bis 13.30 Uhr. Eintritt frei, keine Sitzplatzgarantie.

20.04. Finale mit Preisverleihung, 19.00 Uhr
Karten für das Finale ab 20. Januar in der BMW Welt
und bei München Ticket. Infos unter: www.bmw-welt.com

Howl für (zum Tod von) Wolfred Zierl

Schon der Name: Dass das Schildchen am Kranken-Zimmer ihn als Wolfgang auswies, zeugt von Ratlosigkeit: womöglich redet der Wolf? Und worüber? Schon eher hat er eine oder ist in einer Gang? Ging er etwa den Gang entlang?

Er ging.
Am Sonntag.
30. September. 2012
Erntedank.
D’Arnt is herin. S’Droat.
Demnach ist diesjahr schon
beinahe rum.
War er am End voreilig?
Immerhin hätte er am 30. Dezember das 62.te – vollendet.
Hatersnet: derwartn kenna?
Niederbayer, der er war, hat er gewartet und war doch stets ein Rastloser.

Von Mallersdorf, Pfaffenberg, Neufahrn, Landshut zog es ihn hinaus, hinauf nach München, wo er, Mitte der Siebzigerjahre Kindermusik spielte: für Dorothee Kreusch-Jakob. Einige Schallplatten hat er eingespielt für die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Studiert hat er dies und das, politisiert, polemisiert – darin war er ein Meister: Eine klassenlose, freie Gesellschaft war ihm wichtig. Dafür blies er ins Horn, gegen die Wände der Ignoranz.Manch eine davon hat er eingerissen. 1999 etwa, als er im Leeren Beutel Regensburg – wo er immer und immer wieder auch manches Mal zweifelhafte Gastspiele gab, als das ROOTS Arkestra ausschließlich „frei“ spielen wollte, mit einer Edith Piaf Nummer daherkam:m „Padam Padam“ – einem dieser zauberhaften Musettewalzer, herba santa im Leeren Beutel.
Das Spiel auf und mit der Klarinette hat er sich angeeignet – zum Trotz.Einem der wichtigen Ingredienzen des Jazz: Im Klosterinternat Metten hielt man nichts davon und verbot das Beschwören von Schlangen mit zirkulär geatmeten Bordunen und Ostinati. Das war Mitte der Sechzigerjahre und endlich kamen John Coltrane mit dem Stoßgebet der Stunde: „a love supreme“ und Albert Ayler mit „Spirits“ und „Bells“.Haute rein, das. Wolfred Zierl trieb sich rum und die Musik auf die Spitze, reiste nach Westafrika, nach Frankreich, in die Schweiz, wo er Bekanntschaft machte mit Gyps Pechet Reber, Werner Lüdi, Hans Koch und etlichen anderen Jazztrotzköpfen.So entstand ARTRA:ART vorne und hinten – in der Mitte ein T, das auch als Kreuz gelesen werden konnte und das in mehrfacher Hinsicht. 1981 das denk- und merk-würdige Zusammentreffen mit Amiri Baraka (Leroy Jones), einem der bis heute wichtigsten afroamerikanischen Spoken Word Aktivisten, gefördert von Karlheinz Hein und Manfred Freys LOFT Musik, München. Das ist insofern nicht unwichtig, als eben in diesem Jahr 1981 der Münchner Klaviersommer zum ersten Mal abgehalten wurde mit dem Vorspiel im Amerikahaus. Münchner Musikgeschichte von hinten her erzählt, vom Z her, wie Zierl, Wolfred. 20 Jahre später dann: eine Ukraine-Tour mit Limpe Fuchs, der nimmermüden Experimentalschlagwerkerin und Instrumentenbauerin. Auch sie gehört zu diesem Dunstkreis um Heins und Freys LOFT mit Friedrich Gulda, Albert Mangelsdorff, Munir Bachir und vielen Anderen, die bei den paar „Weltmusikfestivals“ aufgetreten sind, die Gulda in Ossiach, in Alpbach, in Salzburg initiiert hat.Aber Wolfred Zierl ist nicht zurückgekehrt nach Bayern mit den anderen, sondern dort geblieben, zunächst in Kiev, dann in Odessa und bald auf der Krim, nahe Jalta, wo die Welt nach diesem schrecklichen Krieg neu aufgeteilt worden ist. Zehn Jahre hat er dort versucht, noch einmal einen Platz in einem selbstgezimmerten Paradies einzurichten, nachdem etliche Idyllen im Bairischen jäh zusammengebrochen waren. 2001 war das. Immer weniger hat er auf all seinen Saxophonen gespielt (entweder er hat sie verschachern müssen, um an Geld zu kommen, oder man hat sie ihm schlicht geklaut) – zuletzt beschäftigte er sich beinahe ausschließlich mit dem Duduk, einem in Armenien und Georgien gebräuchlichen Doppelrohrblattinstrument, dessen Sound der Stimme sehr nahe kommt und das einzige Instrument in seinem Besitz war eine kleine Hirtenflöte, die er immer bei sich hatte. Immer öfter ist er dann zusammengebrochen, weil sich der Krebs inzwischen seiner bemächtigt und allerlei Metastasen gestreut hatte. Aber trotzdem hat er kaum ein Konzert mit „freier“ Musik ausgelassen – seit Mai 2012 saß er – inzwischen zurück in Regensburg im Rollstuhl und so immer wieder im „Leeren Beutel“, im „Orkan“ oder in der St. Oswald Kirche – zuletzt beim Bayerischen Jazzweekend 2012 Mitte Juli, mitten im Sommer. Jetzt, im Herbst, ist er gegangen – zunächst den Gang entlang.

Am Sonntag.
30. September. 2012
Erntedank.
D’Arnt is herin. S’Droat.
Demnach ist diesjahr schon
beinahe rum.
War er am End voreilig?
Immerhin hätte er am 30. Dezember das 62.te – vollendet.
Hatersnet: derwartn kenna?

Roland HHBiswurm

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