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Jazzzeitung

2009/04  ::: seite 15

rezensionen

 

Inhalt 2009/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / ABC: Lester Young ist schuld / Farewell: Charlie Mariano starb mit 85Abschied von Bud Shank


TITEL -
Jazz im ganz nahen Osten
Eine Rückschau ins Land der Improvisateure mit Ausblick


DOSSIER
- Auf den Spuren des Balkan Jazz
Gespräche mit Nicolas Simion und Theodosii Spassov

Berichte
Jazz an der Donau im Juli 2009 // jazzopen Stuttgart 2009 // Jugend jazzt-Landessieger treffen Hannover // Jazz Sommer 2009 im Hotel Bayerischer Hof // 27. Südtirol Jazz Festival // Vorschau: 50 Jahre Blechtrommel: die beiden Günters arbeiten wieder zusammen


Portraits

Jon Balke // Esther Kaiser // Rainer Tempel // Julian und Roman Wasserfuhr // Marcel Worms // Labelporträt: Euphorium Records


Jazz heute und Education
Münchner Kritikerband „La Banda“ wagt den Schritt an die Öffentlichkeit // Große Parteien beantworten Wahlprüfsteine der BKJazz // Abgehört: Charlie Hadens Solo „Focus On Sanity“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

analog -> digital

Von Marcus A. Woelfle

Gerry Mulligan Paul Desmond
Quartet

Verve

Mulligan war begegnungsfreudig, vor allem nachdem er sich als Komponist, Bandleader und Baritonsaxophonist längst etabliert hatte und sich Experimente leisten konnte. In den späten 50ern bewies die Legende des Cool Jazz in einer Serie von Plattenaufnahmen, dass er nicht nur mit Ben Webster (1959), dem großen hotten Tenoristen der älteren Generation, sondern auch mit dem Originalgenie Thelonious Monk (1957) harmonieren konnte. Während Lee Konitz (schon 1953) bei gemeinsamen Aufnahmen Mulligans seelenvoll-gemütlichem Pantoffel- und Pfeiffen-Cool mit rasenden Geistesblitzen etwas die Schau stahl, gerieten die kontrapunktischen Dialoge mit Paul Desmond auf dem vorliegenden Album des Jahres 1957 zu gegenseitigem Gedankenlesen. In der Regel ging der anpassungsfähige Mulligan bei solchen Spitzentreffen mehr auf den anderen zu als der auf ihn, doch Desmond, betrat hier das Terrain Mulligans, der ja schon 1952 durch sein pianoloses Quartett für Furore gesorgt hatte und hier spontan Ähnliches versuchte wie einst mit Chet Baker. Paul Desmond, damals selten ohne Dave Brubeck und ohne Klavier zu hören, genoß hörbar die Abwechslung. Mulligan meinte zur quasi unvorbereiteten Sonderauflage des pianolosen Quartetts, an der Joe Benjamin (b) und Dave Bailey (d) mitwirkten: “Manchmal blasen wir in Terzen. Ein wenig beunruhigend, wie das gelingt!” Ihr Folge-Album hieß 1962 denn auch „Two Of A Mind“.

Oscar Peterson
Plays The Jerome Kern Songbook

Verve

Bis etwa 1950 kam selten ein Jazzer auf die Idee, ein ganzes Programm aus Kompositionen eines Musikers zu bestreiten. Für die meisten Jazzer dürfte es nicht so wichtig gewesen sein, aus wessen Feder der Song geflossen war, wenn er sich nur zur Improvisation eignete. Mit aufwendigen Alben aus mehreren Schellacks und vor allem dem Siegeszug der Langspielplatte wurde alles anders: Bestand zuvor eine Platte aus nur zwei Stücken, erwies es sich nun als sinnvoll, einem Programm aus etwa 12 Stücken einen roten Faden zu verleihen. Stammen alle Stücke von einem Komponisten und ist dieser mindestens so populär wie der Interpret, hat man sogar eine besonders zugkräftige Zusammenstellung. So hielt das „Song Book“ im Jazz seinen Siegeszug, dessen „Vater“ der Produzent Norman Granz, dessen Vorreiter allerdings Oscar Peterson waren. Ab 1951 (lange bevor Ella Fitzgerald, die „Königin“ der Song Books damit begann) nahm Peterson unablässig für Granz Song Books der Herren Porter, Berlin, Gershwin & Co auf. Zu Beginn der Hifi-Ära nahm er sie gleich nochmals auf. Das erlaubt uns im Falle des Kern Song Books die Interpretationen des 59er-Trios mit Ray Brown und Ed Thigpen mit denen des 53er-Trios mit Barney Kessel bzw. Herb Ellis und Ray Brown zu vergleichen (siehe Jazzzeitung 5/07). Für die gleichen 12 Standards brauchte Peterson wieder 34 Minuten. Die Versionen unterscheiden sich aber in Tempo und Stimmung grundlegend.

Freddie Hubbard
Without A Song: Live In Europe 1969

Blue Note

Nicht immer sind nach dem Tod schnell ausgegrabene Funde würdige Testamente eines verstorbenen Musikers. Nicht auszudenken, was für neuere Aufnahmen Freddie Hubbards möglicherweise in Archiven schlummern und herausgebracht werden könnten. Er litt ja in den letzten Jahren seiner Laufbahn darunter, seine Klasse verloren zu haben und brachte auch nur noch spärlich Alben heraus. Wenn die Aufnahmen einer Berühmtheit vierzig Jahre auf ihre Veröffentlichung warten müssen, weckt es freilich auch Skepsis. Das erste posthume Album des Trompeters ist aber ein Glücksfall. 1969 war er im Vollbesitz seiner gestalterischen Fähigkeiten. Hubbard, der, vergessen wir es nicht, einst an „Free Jazz“ mitgewirkt hatte, gehörte zu dieser Zeit als sich im Umfeld Miles Davis’ der Jazz-Rock anbahnte, zu den eher Konservativen. Schon damals klang er vermutlich wie ein Klassiker, der ausgereifte Musik bietet, statt der Mode hinterherzulaufen. So kommen die fünf Standards und seine Originals „Space Track“ und „Hub-Tones“ heute frisch aus der damals versiegelten Konserve – was man von seinen kommerziellen Scheiben der 70er nicht unbedingt sagen kann. Im Dezember 1969 stand dem rückhaltlos in England und Deutschland sein Bestes gebenden Trompeter mit dem Bassisten Ron Carter und dem Drummer Louis Hayes ein Traum-Rhythmusteam zur Verfügung. Die voller Überraschung steckenden Beiträge des Pianisten Sir Roland Hanna sind ein Genuss.

Naurabox
Fortissimo – Eine deutsche Jazzologie

Gateway4M

Er hält sich „für einen monströsen Narren. He’s a fool on the hill, weil er sich nach 1945 dem Jazz verschrieben hat. Mit Haut, Hirn, Haar und Hoden.“ Anderen gilt der Pianist, Komponist, Dichter, Rundfunkmoderator, Autor, Organisator und Zeichner der nun zu seinem 75. Geburtstag mit der „Naurabox“ geehrt wird, als Jazzpapst. Michael Naura gehört zu den Gründervätern des modernen deutschen Jazz: Sein Quintett der 50er Jahre, dem der Altist Klaus Marmulla und Nauras Alter Ego, der Vibraphonist Wolfgang Schlüter, angehörten, war ein Pendant des Modern Jazz Quartet, dessen Leiter John Lewis ein Vorbild Nauras war. Unvergessen seine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Dichter Peter Rühmkorf. Beim Begriff „Jazz + Lyrik“ denkt man wohl immer zuerst an sie. Für die Naurabox, wurden keineswegs, wie man erwarten könnte, ältere Plattenaufnahmen chronologisch, gar komplett gebündelt. Eine gute Auswahl floss (oft zwischen von Naura gelesenen Texten eingeschoben) allerdings in die Box ein, deren sechs nach thematischen Gesichtspunkten zusammengestellte CDs – Naura lyrisch, Naura musikologisch, Naura trifft Rühmkorf, Naura in Ochsenhausen, Naura im Studio, Naura live im NDR - fünf Stunden Erstveröffentlichungen enthalten. Neben den genannten Weggefährten geben unter anderem Mangelsdorff, Asmussen, Doldinger, Thielemans und Zadlo ihr Herzblut. Ein 64-seitiges Büchlein mit Zeichnungen und Erinnerungen machen die Box zu einem Schatzkästlein.

Coco Schumann
Rex Casino

Trikont

Vom Undergroundswinger, dem im KZ die Musik buchstäblich das Leben rettete, vom ersten elektrisch-verstärkten Gitarristen Deutschlands haben dank Buch-, Film- und CD-Veröffentlichungen auch viele Menschen gehört, die mit Jazz sonst nicht viel im Sinn haben. Das hat viel Aufmerksamkeit auf jemanden gerichtet, dessen Swingfeeling und starke Musikerpersönlichkeit nicht nur unter tragischen Umständen, sondern auch in der Kommerzmusik erhalten blieb, die er vor seinem Comeback als Jazzer machte. Nun öffnet Coco Schumann sein Privatarchiv. Herzstück der Veröffentlichung ist ein Privatschnitt, der den unaufdringlich unterhaltenden, handwerklich soliden Swing der Coco Schumann Combo 1955 live im Berliner Rex Casino, einer Lieblings-Tanzbar des amerikanischen Militärgeheimdienstes, der Nachwelt überliefert hat. Aufgefüllt wird die CD durch spätere Aufnahmen, mitunter Bar-Musik, deren nostalgischer Charme Puristen mit ihrem kommerziellen Charakter versöhnen möge. Die zweite Scheibe des Doppelpacks ist eine DVD mit Ausschnitten aus Filmdokumentationen (Schumann in der Nazizeit) und privaten Aufnahmen aus Schumanns Super8- und Videoarchiv: Impressionen vom alten Berlin (z. B. sieht man Erich Kästner in einem Biergarten am Grunewaldsee) sowie von Kreuzfahrten und Reisen (mit dem unzerstörten Beirut der 60er Jahre). Freude macht das lockere Zusammenspiel mit einem Zacharias, der das Jazzen noch nicht verlernt hatte.

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