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Jazzzeitung

2007/04  ::: seite 3

jazz heute – no chaser

 

Inhalt 2007/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig
jazzle gmacht: Entjazzt
no chaser: Ohrenfaulheit
jazzfrauen-abc: Anny Xhofleer


TITEL - Vom Verlassen des Wohnzimmers
Jazzfestivals und Tourismus


DOSSIER - Club Connection & Stargastspiele

Der Jazzclub Regensburg feiert sein 20. Jubiläum mit Festival

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Ohrenfaulheit

Hört man einen so genannten Megahit zum ersten Mal, klingt er nicht originell. Erst im fünften Durchgang gewinnen die Winzigkeiten, die diesen Song von 100 anderen unterscheiden, ihren Wiedererkennungswert. Musiklabors und DJs auf der ganzen Welt sind heute damit beschäftigt, Computer-Programme für Megahits zu erarbeiten: Man nehme 95 Prozent bewährte Hit-Bestandteile, die restlichen 5 Prozent sind Glückssache. Oder umgekehrt: Du nennst deinen Lieblingssong, mein Programm nennt dir zehn andere Songs, die dir auch gefallen müssten, weil da nichts anderes drin ist. Denn fürs Musikhören gilt: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Der durchschnittliche Musikbauer ist hörkonservativ und ohrenfaul. Das ist wie beim Sprechen: Unser Wortschatz-Erwerb ist frühzeitig abgeschlossen, neue Wörter kommen nur zögerlich hinzu, die Offenheit für Klang und Struktur von Fremdsprachen nimmt nach der Adoleszenz markant ab. Im Leben der meisten Menschen bleibt auch der Musikgeschmack ein „Naturschutzpark infantiler Verhaltensweisen“, wie Adorno einmal schrieb. Nur die Wenigsten stürzen sich im Erwachsenenalter noch in eine musikalische Fremdsprache. Nur die Wenigsten bewahren sich jene Offenheit, wie sie etwa freie Improvisation von uns erwartet: den Klangspaß an fiepsenden Flageolett-Tönen des Kontrabasses, die Entdeckerlust an wandernden Klavier-Clustern, die Nervenstärke für ein kreischendes Saxophon-Duo. Die meisten rufen da nur: „Das soll Musik sein? Sofort ausmachen!“ Für die erste Begegnung der Menschheit mit außerirdischer Intelligenz sehe ich daher auch ziemlich schwarz. Sobald die Knurzeltöne der grünen Männchen aus den Lautsprechern dringen, werden wir alle rufen: „Da soll Sprache sein? Sofort ausmachen! Das ist ja nicht auszuhalten!“

Rainer Wein rainer.wein@gmx.net

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