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Jazzzeitung

2007/04  ::: seite 6

berichte

 

Inhalt 2007/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig
jazzle gmacht: Entjazzt
no chaser: Ohrenfaulheit
jazzfrauen-abc: Anny Xhofleer


TITEL - Vom Verlassen des Wohnzimmers
Jazzfestivals und Tourismus


DOSSIER - Club Connection & Stargastspiele

Der Jazzclub Regensburg feiert sein 20. Jubiläum mit Festival

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Mit Mut zum Risiko konzipiert

JazzBaltica 2007 in Salzau als Jam Session

Und dann flossen die Tränen. Gerade hatte der Saxofonist Bunky Green in der großen Musikscheune in Salzau erklärt, dass das verklungene Stück seiner Frau gewidmet sei, der Frau, mit der er normalerweise alles teile. Als er dann sein tiefes Bedauern ausdrückte, dass die Angetraute in diesem schönen Moment nicht bei ihm sein könne, versagte ihm mitten im Satz die Stimme. Dass er Misses Green vermisste mag eine der Ursachen für seinen emotionellen Ausbruch gewesen sein, andererseits schien der zerbrechlich wirkende, hoch sympathische Mann einfach überwältigt von der Warmherzigkeit, mit der er bei seinem ersten Deutschland-Konzert empfangen wurde.

Dave Douglas. Foto: Pakzad

Bild vergrößernDave Douglas. Foto: Pakzad

Ein erster Auftritt beim JazzBaltica Festival ist für viele Debütanten wie in einer großen Familie aufgenommen zu werden. Und wer einmal dazu gehört... Bunky Green jedenfalls bedankte sich für die vielen herzlichen Willkommensgesten. Sein Konzert wurde zum Trumpf. Der Mann, der in den letzten Jahren hauptsächlich als Dozent von sich reden machte, spielte Themen, die sich einem direkt in die Seele bohren und zeigte in seinen von einer deutsch–amerikanischen Rhythmusgruppe (Carsten Daerr, Eva Kruse, Nasheet Waits) angespornten Improvisationen, warum Musiker wie Steve Coleman oder Greg Osby ein Vorbild in ihm sehen.

Ein Händchen bewies Rainer Haarmann, der Künstlerische Leiter des diesmal leider verregneten Festivals nicht nur mit Bunky Greens Deutschland-Premiere, auch für die Chance, den hiesigen Nachwuchs ausführlich begutachten zu dürfen, muss man ihm dankbar sein. Er gab mit dem deutsch-irischen Gitarristen und Sänger Torsten Goods einem der größten Entertainer-Talente des Landes und mit dem Trompeter Nils Wülker einem aufkommenden einheimischen Star eine Chance. Er ließ die Gruppe Subtone zeigen, dass in deutschen Konservatorien Kräfte herangebildet werden, die jetzt, in der Ausbildungsphase bereits international mithalten können. Das Quintett um den Trompeter Magnus Schriefl bestach nicht nur durch technische Kompetenz, es fiel auch durch vielfarbige, elegant gestaltete Kompositionen auf. Es sind eher die Schockfarben, mit denen Schriefls Bruder Matthias (ebenfalls Trompeter) seine Stücke koloriert. In seiner Band Shreefpunk dominiert das wohlkoordinierte Chaos, prallt das Grelle auf Momente des Wohlklangs, steckt der Zuhörer vom ersten Takt an in einem haarsträubenden Klangabenteuer.

Sonst gab es in der schleswig-holsteinischen Idylle: göttliche maritime Wehmut mit Mare Nostrum, ein von Steven Bernstein prächtig frisiertes JazzBaltica Ensemble (Bernstein brachte mit SexMob auch eine etwas andere Klangfarbe nach Salzau), rhythmische Kapriolen mit DRA, Wolfgang Haffners Nordic Shapes im Großformat. Drei „artists in residence“ standen im Mittelpunkt von JazzBaltica: der Vibrafonist Joe Locke klöppelte sich mit ansteckender, ungebremster Virtuosität durch swingende, jazzrockige und brasilianeske Konstellationen. Trompeter Dave Douglas zeigte sich im eigenen Quintett und mit der SF Jazz Collective in bewährter (Spitzen)qualität, vermochte aber seinem Randy Weston Projekt nicht recht Leben einzuhauchen. Vibrafonist Bobby Hutcherson nutzte seine Chance als „artist in residence“ nicht. Obwohl er manch schöne Sequenz auf die Metallplatten fallen ließ, verpuffte jegliche Wirkung, weil er in drei Formationen nicht mehr als Thema-Chorus-Thema zustandebrachte. Unter diesem Schema litt auch das Festival insgesamt etwas. Phasenweise glich es einer einzigen großen Jam Session, die gleichzeitig auf drei Bühnen verteilt war. Etwas „gewachsene“ Musik hätte zwischendrin gut getan.

Ssirus W. Pakzad

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