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Jazzzeitung

2004/11  ::: seite 16

rezensionen

 

Inhalt 2004/11

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
jazzfrauen:
Betty Carter
no chaser:
Ein Klavier, ein Klavier!
all that jazz:
Miniaturen, Erzählungen
farewell: Gordon Brisker / Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...


TITEL / DOSSIER


Titel: Die Freiheit der Strasse
Zwischen Jazz, Folk und Blues: Madeleine Peyroux
Dossier. Helden der Hammond
Hausmusik-Instrument erlöst


BERICHTE


Jazz & Blues Award Berlin 2004 // Jazzfest Berlin feiert 40-jähriges Jubiläum // Pharoah Sanders im Berliner Tränenpalast // „Festival Frei Improvisierter Musik“ in Dresden // Talos-Festival in Ruvo di Puglia // Jazz Festival Viersen


 JAZZ HEUTE


Bühne für Newcomer
Der Jazzclub Bamberg feierte Jubiläum


 PORTRAIT / INTERVIEW


Berliner Quartett JazzXclamation // Perkussionist Biboul Darouiche // Willem Breuker // Tijuana Mon Amour Broadcasting Inc.


 PLAY BACK / MEDIEN


Existenzialistische Freiheit
Der Klang der Clarke/Boland Big Band (CBBB) neu aufgelegt
CD. CD-Rezensionen 2004/11
Bücher. Monografien über George Shearing und Wild Bill Davison
Bücher. Wolfram Knauer (Hr.), improvisieren…
Noten. Noten für Pianisten, Saxophonisten, Vokalisten und Trompeter
Instrumente. Die T.Bone-Röhrenmikrofone
DVD. Joy Denalane überzeugt auf neuer DVD
DVD. Norman Granz’ Jazz in Montreux – DVD Neuerscheinungen
Medien.
link-tipps


 EDUCATION


Abgehört 30. Paul Desmonds „Take Five“: ein Schlagzeug-Solo von Joe Morello
Viel beachtete Institution
Die Jazz und Rock Schule Freiburg feierte ihr 20-jähriges Jubiläum

Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2004/11 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (127 kb))

Wilde und begabte Männer

Monografien über George Shearing und Wild Bill Davison

George Shearing with Alyn Shipton: Lullaby of Birdland, Continuum Int. Publ. Group New York/London, 259 Seiten

Der blinde englische Pianist George Shearing (geb. 1919) war in seinem Heimatland schon bekannt, als er 1947 in die USA übersiedelte, mit Frau und sechsjähriger Tochter, 2000 US-Dollar in der Tasche, ohne einen Vertrag, nur mit der Zusage Leonard Feathers (ebenfalls aus England stammender, damals in den USA schon ziemlich prominenter Jazzkritiker), ihm zu helfen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten gewann er 1949 die Aufmerksamkeit der Musikwelt mit seinem neuen Quintett, dessen vor allem durch das Zusammenspiel von Klavier, Vibraphon und Gitarre geprägter cooler Sound sofort auffiel; keine Jazzgruppe hatte vorher je so geklungen. Der „Shearing Sound“ wurde zu einem Markenzeichen und zum Vorbild für viele Musiker, auch in Deutschland. Aufnahmen wie „September in the ram (1949) und „Lullaby of Birdland“ (1952) wurden Verkaufserfolge. Von da an stand George Shearings Karriere nichts mehr im Wege. Die beiden genannten Titel sind übrigens auf der als Ergänzung zu diesem Buch gedachten Doppel-CD „Lullabies of Birdland A Musical Autobiography“ enthalten (CONCORD CCD2.-2311-2).

Eine detaillierte Darstellung seines Lebens (analog etwa zu dem hervorragenden Buch über Wild Bill Davison, siehe Besprechung im gleichen Heft) dürfen wir hier allerdings nicht erwarten. So bleibt vieles unerwähnt. Aber die Lektüre lohnt sich trotzdem.

Hal Willard: The wildest one – The life of Wild Bill Davison, Avondale Press, Monkton/USA, 437 Seiten

Einer der originellsten Musiker des frühen Jazz war der Kornettist Wild Bill Davison (1906-89), dessen zupackende, hitzige Spielweise einen bemerkenswerten Gegenentwurf zu der Louis Armstrongs darstellt.

Seinen Spitznamen hatte er nicht ohne Grund: er liebte Whisky und Frauen, war fünfmal verheiratet (und zahllose Male nicht) aber er liebte auch Pünktlichkeit und Anzüge (mit der bunten Bekleidung seiner europäischen Begleitmusiker im letzten Drittel seines Lebens konnte er sich nie anfreunden). Er war ohne Zweifel ein bedeutender Musiker, aber keiner der auf eine große Karriere aus war, die er dann aber doch machte, wenn auch nur sehr langsam. Eine der Ursache lag in seinen schwachen Notenkenntnissen, die ihm ein Engagement als Big Band- oder Studiomusiker verwehrten. Ob er sich dort als der Individualist, der er war, wohlgefühlt hätte, ist freilich eine andere Frage, aber es hätte seine manchmal ziemlich prekäre finanzielle Situation sehr verbessert. Er war auch kein Leader-Typ, sondern ein Follower, wie der Autor ihn nennt, der dort spielte, wo er sich ergab, am liebsten jeden Tag im Jahr (seine Ausdauer war legendär). Er wuchs im Staate Ohio auf, machte 1925 seine ersten Plattenaufnahmen mit dem wenig bekannten Chubb-Steinberg Orchester und brauchte lange, bis er über Chicago schließlich 1941 nach New York kam und Anschluss an den Kreis um Eddie Condon fand. In „That’s a plenty“ vom 19. November 1943 (auf COMMODORE) ist er dann voll da und swingt (wie die ganze Band), dass es eine wahre Freude ist. Da war er bereits 37 Jahre alt und endlich musikalisch zu Hause.
Hal Willard, der ihn lange kannte und trotzdem den nötigen kritischen Abstand zu wahren versteht, erzählt sein Leben sehr genau, hervorragend recherchiert unter Zuhilfenahme vieler Interviews, humorvoll und mit großem Verständnis für die Arbeit und die damit verbundenen Probleme eines Jazzmusikers. Ein paar kleine Anmerkungen: der Club in Berlin (S. 271), wo er 1957 mit den Spree City Stompers spielte (ich habe ihn dort gehört), war die „Eierschale“ (nicht „Iryshala“ was für ein schöner Hörfehler!). Der Pianist der Düsseldorfer „Feetwarmers“, mit denen er damals ebenfalls spielte, war Horst Mutterer, und Hansi Schmücking hieß der Pianist, mit dem er 1967 in Berlin spielen sollte und der kurz zuvor auf tragische Weise ums Leben gekommen war (S. 345).
Das Buch enthält auch viele schöne Geschichten, die dazugehören, um auch Wild Bill Davisons trockenen Humor zu illustrieren. So findet sich im Bildteil des Buches ein Photo, das ihn in Handschellen zeigt. Er hatte kurz zuvor in einem New Yorker Taxis versehentlich den Abzug einer geladenen Pistole berührt. Sein Kommentar dazu: „I was handcuffed to a guy they said killed his wife. He was a nice guy. He must have had a good reason.“

Joe Viera

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