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Jazzzeitung

2004/09  ::: seite 20

education

 

Inhalt 2004/09

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
jazzfrauen:
Dorothy Ashby
no chaser:
Release Party
all that jazz:
Jenseits der Grenze
farewell: Illinois Jacquet


TITEL / DOSSIER


Titel: Keine Liebe ohne Tränen
Jenny Evans definiert das European Songbook neu
Dossier. JAZZ AUF REISEN
Jazzfestival Montreal
Cobenhagen Jazz Festival
Montreux Jazz Festival


BERICHTE


4. Jazz & Blues Award // JazzMarathon bei Dussmann in Berlin // „Jazz an der Donau“ // Internationales Jazzfestival in Grünwald // Münchner Klaviersommer // Bayerisches Jazzweekend // Jan Garbarek Group beim Tollwood-Festival


 JAZZ HEUTE


Warum eigentlich Big Bands?
Peter Linhart und die Aschaffenburger und Darmstädter Big Band
Jazzwelten Dresden 2004
Dresdner Jazzfreunde mit vielfältigen Kontakten zu Musikern aus den EU-Beitrittsländern


 PORTRAIT / INTERVIEW


Gebhard Ullmann // John Surman // Jacob Young


 PLAY BACK / MEDIEN


Achterbahnfahrt im Äther
Von den Himmelflügen und Höllenfahrten des Jazzradio Berlin
Im Sinnbild des Lotus
John McLaughlin in Montreux
CD. CD-Rezensionen 2004/09
Bücher. Neuerscheinung zur Jazzgeschichte
Noten. Noten für Pianisten, Mundharmonikaspieler und Sängerinnen || Miles Davis: Birth of the Cool/Scores

Medien. link-tipps


 EDUCATION


Abgehört 29: Chris Potter: der Saxophonvirtuose der Gegenwart
Sächsischer Spielspass in Skandinavien
Jugend-Jazzorchester Sachsen auf Konzertreise in Dänemark und Schweden

Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Sächsischer Spielspass in Skandinavien

Das Jugend-Jazzorchester Sachsen auf Konzertreise in Dänemark und Schweden

Der Trompeten- und der Posaunensatz haben sich vor den großen blauen Müllcontainer platziert und üben. Die Sonne scheint warm auf den Parkplatz im Rostocker Hafen, wo wir notgedrungen einen Zwischenstopp von vier Stunden einlegen: Die Fähre nach Gedser ist uns vor der Nase weggefahren. Nun baut Wieland noch sein Schlagzeug auf und Ludwig stimmt mit der Gitarre in das Stück mit ein. Zwar sitzt der Busfahrer etwas frustriert in seinem Fahrersessel, doch das Polizeiauto, was halbstündlich seine Runde fährt, drosselt die Geschwindigkeit und von innen wird die Scheibe runtergekurbelt. Man sieht ein lächelndes Gesicht. Der Auftakt der Tour des Jugend-Jazzorchesters Sachsen nach Schweden und Malmö zum achten europäischen Jugendmusikfestival vom 19. bis 23. Mai ist gemacht. 20 junge Musiker zwischen 15 und 25 freuen sich auf die kommenden Tage. Künstlerischer Leiter ist Manfred Kebsch aus Zwickau. Organisiert hat die Tour Projektleiterin Ulrike Kirchberg vom Sächsischen Musikrat.

 

Das JJO Sachsen beim Konzert auf dem Gustav-Adolf-Torg in Malmö am 20. Mai 2004. Foto: JJO Sachsen

Nach zwei Stunden auf dem Meer geht es mit dem Bus weiter nach Kopenhagen, wo wir nachts die imposante Öresundbrücke nach Malmö überqueren. Die nächsten Tage verbringt die Band in Höör, südlich von Malmö. Der dortige Musikschulleiter Håkan Carlsson hat im Rahmen des Pre-Festivals vier Konzerte organisiert.

Mitten in der Nacht erreichen wir das Dorfhaus – die Unterkunft für zwei Nächte. Schnell sind die Isomatten ausgerollt und alle haben sich in ihre Schlafsäcke eingemummelt. Die Nacht wird kurz.

Am nächsten Morgen geht es zu wie im Bienenhaus: Alle schwirren umher, das Frühstück wird an einer langen Tafel bereitet, die beiden Toiletten sind ständig belegt und dann geht es los zum ersten Konzert im Kulturhuset Anders. Zwei Schulklassen sind das Publikum. Mittags spielt das Orchester im Krankenhaus und abends im Jazzclub.

Doch schon am Nachmittag treffen wir im Nationalpark Söderasen auf das slowakische Blasorchester und die kleine Big Band aus Glarus in der Schweiz. Ein Gemeinschaftserlebnis soll geschaffen werden, was aber erst am Abend beim Konzert gelingt. Die kleine Big Band legt gut vor, doch erst als das Blasorchester spielt, rücken alle näher zusammen, wird sich unter die Arme gefasst und mitgeschunkelt, werden erste Kontakte geknüpft. Dann steht das Orchester aus Sachsen dichtgedrängt auf engem Raum, die Trompeter mit dem Rücken an der Wand. Die Stühle des Publikums stehen jetzt noch näher an der Bühne. Bereits nach dem ersten Titel, „Spielspaß“ von Henry Walther, jubeln die Schweizer und Slowaken. Die Projektleiter haben inzwischen schon Kontaktadressen ausgetauscht, erste Einladungen für zukünftige gemeinsame Projekte werden ausgesprochen.

Durch den Auftritt in der Turnhalle einer Schule am Mittwoch Morgen gewinnt das JJO eine kleine Fangemeinde, gegen die später Fußball gespielt wird. Zuerst muss Sängerin Anne Teschner noch Autogramme an die fünf kleinen Mädels verteilen, die sich mutig an sie rangewagt haben.

Stunden später treffen wir in Malmö ein, – während die ersten Regentropfen fallen und der Himmel sich verdunkelt. Als wir das Zeltlager SWE-DAN in den Feldern Limhamnsfältet erreichen, gießt es in Strömen und der Sturmwind hat bereits einige Zelte losgerissen, die über den Platz fegen. Unsere Zelte stehen glücklicherweise noch.

Das Eröffnungskonzert am Abend erleben wir trocken, nur der kalte Wind von der See lässt uns frieren und näher zusammenrücken. Dichtgedrängt stehen die 8000 Jugendlichen aus 22 Ländern. Bald wird ihnen warm, denn Ale Möller mit seiner Band, der Cirque Noveau und einige Jugendorchester spielen auf der Bühne – die Menge feiert mit, tanzt, singt, jubelt.

Die Nacht ist kalt und wir hoffen am Donnerstag in der Früh auf einen Kaffee im Essenszelt, werden jedoch nach einer Stunde Anstehen enttäuscht. Der Behälter ist bereits leer. Nach dem Frühstück mit dem typischen schwedischen süßen Brot, fahren wir ins Zentrum, schauen uns den Marktplatz an, die Fußgängerzone und den Platz, auf dem das Orchester am Nachmittag spielen wird: der Gustav Adolfs torg. Die Bühne wird gerade aufgebaut. Nicht viele Menschen haben sich an Himmelfahrt hierher verirrt. Wir sind auf den Nachmittag gespannt.

Pünktlich zum Konzertbeginn der vorhergehenden Band aus Warschau treffen wir wieder auf dem Platz ein. Er ist voller Menschen, die sich teilweise auf den Boden gesetzt haben. Die Sonne wärmt. Jede Band darf open-air 30 Minuten spielen, Indoor-Konzerte dauern 45 Minuten. Der Ablauf ist relativ streng geregelt. Der Charakter des Festivals ist durch die vielen Musikstile geprägt, die hier aufeinandertreffen: Klassische und Volksmusik gibt es ebenso wie Jazz, Trash Metal, Rock, Brass und etliches mehr.

Nach lang anhaltendem Applaus darf das JJO noch eine Zugabe spielen: „500 Miles high“. Einige andere Leiter sprechen nach dem Konzert Ulrike Kirchberg an und fragen, wie häufig geprobt wird, damit dieses Niveau erreicht wird. Schon sind die nächsten Kontakte ausgetauscht.

Während der gesamten Festivalzeit werden Workshops angeboten, gibt es Jamsessions und natürlich ständig die Möglichkeit, anderen Musikgruppen zuzuhören. Das ist nicht immer möglich, da die Auftritte auf zwei Städte und viele Veranstaltungsorte verteilt sind und man selbst an Zeiten gebunden ist. So gibt es Konzerte, die gerade einmal zehn Zuhörer finden.

Das Jazzorchester hat mehr Glück, nur im berühmten Freizeitpark Tivoli in Kopenhagen bleiben am Freitag nicht ganz so viele Menschen stehen. Dafür wird die Band am Abend im Activity-Zelt auf dem Festivalgelände entschädigt. Das spontan organisierte Konzert beginnt mit der abenteuerlichen Fahrt zur Bühne. Der Bus zwängt sich zwischen Büschen auf der einen Seite und Begrenzungspfeilern auf der anderen den engen Weg hoch zum Strand. Manfred Kebsch winkt, fuchtelt und nickt draußen – „Manfred, Manfred“ feuert ihn die Band von drinnen an. Noch quer über die Wiese und endlich kommen wir am Zelt an. Der Beginn des Auftritts soll in fünf Minuten sein. In weniger als zehn steht das Equipment samt Band spielbereit auf der Bühne. Nur ein Techniker fehlt, weshalb Ulrike Kirchberg einspringt. „Warme Miete“ von Henry Walther ist der Einstiegstitel, es folgen „Mambone“ und „Lover come back to me“. Spätestens nach diesem Song ist klar: Die Band hat das Publikum auf ihrer Seite. Das Zelt füllt sich immer mehr bis auf den letzten Platz. „Love for sale“, „This Masquerade“, „You are the sunshine of my life“ sind einige der gespielten Titel. Nach zwei Zugaben verlässt ein glückliches Orchester mit strahlenden Gesichtern die Bühne ihres letzten Auftritts im Rahmen des achten europäischen Jugendmusik-Festivals.

Unser letzter Tag bricht an. Nach Nächten mit Bodenfrost, Sturmwetter, gerade mal 48 Duschen für die 8000 Gäste und Anstehen beim Essen freuen wir uns auf die Rückreise – mit ein bisschen Wehmut. Noch haben wir einen Tag in Dänemark und das Abschlusskonzert im Tivoli vor uns.

Der Samstag lässt wie auch der Freitag Raum für einen Spaziergang durch Kopenhagen. Als wir nachmittags im Vergnügungspark eintreffen, setzt kurz nach Beginn des Open-air-Konzerts ein heftiger und anhaltender Regenschauer ein. Die Zuhörer flüchten und suchen nach einem trockenen Plätzchen. Die Show geht weiter – aber nicht mehr für uns. Wir fahren nach Hause.

Im Bus herrscht Stille: Jeder hängt seinen Gedanken nach und mir geht durch den Kopf, wie alles für mich kam: Das Angebot von Ulrike Kirchberg, ob ich nicht mitkommen möchte. Sie kennt mich von ähnlichen Praktika beim Deutschen Musikrat und in Leipzig. Ich sage spontan zu und freue mich riesig. Alle nehmen mich später sehr freundlich auf. Wieder ein Stück Erfahrung mehr auf dem Weg ins Berufsleben: Was man doch alles bei einer solchen Reise bedenken muss.

Marleen Mützlaff

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