Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 

Jazzzeitung

2003/03  ::: seite 17

rezensionen

 

Inhalt 2003/03

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Jimmie Lunceford
all that jazz:
Bastarde
no chaser:
Pilzkunde
Farewell.
Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...


TITEL


Hart & heilsam
Rebekka Bakken im Portrait


BERICHTE


Berlin.
Künstlergruppe ruft neuen Raum aus
Leipzig. Die „German Philharmonic Big Band“ wurde gegründet
München. Hommage an die Monroe
Münster. 19. Internationales Jazzfestival
Nürnberg. Joey Baron im Jazzstudio
Regensburg.
Jermaine Landsberger Organ Trio im Leeren Beutel


 JAZZ HEUTE / DJF


Europäische Angelegenheit.
Start des Projekts „Europe Jazz Odyssey“ in Köln
Diskussion am runden Tisch.
Jazz d´Or 2002: ein deutsch-französisches Wochenende
DJF: Wie alles begann…
Der Spitzenverband der Jazzveranstalter in einer Retrospektive


 PORTRAIT / INTERVIEW


Funken entzündend

Zum 60. Geburtstag feiert sich Maceo Parker selbst
Entspannungsrhetorik
„Freedom of Speech“: der Charme des Berliner Trottoirs
Expression und Verinnerlichung
Charles Lloyd zum 65. Geburtstag
In Farbe verwandelte Klänge
Der Pianist Joachim Kühn tritt auch als Maler in Erscheinung


 PLAY BACK / MEDIEN


Die Gitarre zum singen bringen

Grant Green-Retrospektive bei Blue Note
CD. CD-Rezensionen 2003/03
Bücher. Bücher zum Thema Saxophon und über den Musiker Warne Marsh
Noten. Jazz Standards, Sonny Rollins und Improvisationen
Instrumente. Fender Dyna Touch Plus
DVD. Der legendäre Jazzgeiger Stéphane Grappelli im DVD-Porträt
Fernsehen.
Till Brönner und Dirk Nowitzki verbrachten auf arte einen Abend zusammen
Internet
. Link-Tipps


 EDUCATION


Abgehört 13. Herbie Hancock über Charlie Parkers Blues „Billie’s Bounce“
Ein Studiengang wird volljährig
Am 6. März feiert die Hochschule für Musik und Theater Hamburg lange Jazznacht
Studieren
Der Studiengang DML Jazz in Hamburg


DOSSIER


Blues, Kadenzen und Choräle
Michael Naura im Gespräch mit Andreas Kolb
Da fielen die aus allen Wolken
Ein Interview mit dem Kritiker Werner Burkhardt · Von Claus Lochbihler


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2003/03 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (429 kb))

Zu Fuss nach Paris mit dem Sax

Bücher zum Thema Saxophon und über den Musiker Warne Marsh

Jaap Kool: Das Saxophon (mit zahlreichen Abbildungen und Notenbeispielen), Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt/M./280 Seiten

Faksimile-Nachdruck eines 1931 erschienenen Buches von dem damals in Deutschland lebenden Holländer Jaap Kool.

Vergnüglich zu lesen, denn der Autor geht sehr ins Detail und schweift auch immer wieder in andere Gebiete ab, vor allem in die Akustik. Er liebt dieses Instrument sichtlich (damals in Deutschland recht ungewöhnlich). Der Jazz wird einige Male wohlwollend erwähnt; allerdings hatte sich bis dahin auch noch nicht viel auf dem Saxophon getan. Der Bau damaliger Saxophone wird bis ins Einzelne genau beschrieben; allein das lohnt schon die Lektüre. Einige Irrtümer hat der Herausgeber in einem Anhang richtiggestellt und zudem auf neuere Entwicklungen hingewiesen.

Neben den technischen Feinheiten erfahren wir aber auch vieles über den 1814 in Belgien geborenen Erfinder Adolphe Sax, der ein bemerkenswertes Leben führte. 1841 hatte er in Brüssel sein erstes Saxophon fertiggestellt (keineswegs seine einzige Neuschöpfung), mit dem er anschließend zu Fuß (!) nach Paris ging, um es Hector Berlioz vorzuführen.Von da an war er in ständige Kämpfe um Anerkennung mit Plagiatoren, Neidern und anderern verwickelt, die das Saxophon rundweg ablehnten. Die Kraft für diese Auseinandersetzungen könnte er schon in frühester Jugend erworben haben, denn er überlebte als Kind eine schier unglaubliche Kette von Unglücksfällen: einen Treppensturz, eine verschluckte Stecknadel, einen zu heißen Ofen,Vergiftungen mit Zinkvitriol, Weißblei, Kupferoxyd und Arsenik (auch der Vater war Instrumentenbauer und Erfinder), einen vom Dach herabfallenden Stein, und schließlich wäre er noch beinahe ertrunken. Aber das Schicksal hatte Besseres mit ihm vor – er sollte ja das Saxophon erfinden.

Safford Chamberlain: An unsung cat the life and music of Warne Marsh The Scarecrow Press, Inc./Lanham, Maryland, and London/395 Seiten

Zehn Jahre lang sammelte der Autor Material zu diesem Buch (u.a. führte er über 200 Interviews), das einem Tenorsaxophonisten gewidmet ist, dessen Bedeutung zeit seines Lebens nur von wenigen erkannt wurde. Dabei war er für Lee Konitz der ideale Bläserpartner in den Gruppen von Lennie Tristano (siehe Jazz-Zeitung vom Juni 2000) und auch später. Dazu Lee Konitz: „…I can‘t think of… any horn player that I‘ve ever had that kind of affinity with… He was an inspiration, to play on the same bandstand with… You had to play at your highest level, or else fall by the wayside, because he was in there doing these ingenious things with the music“ (S.280). Warne Marsh war ein großartiger Improvisator mit vielen eigenen Ideen und einer hochentwickelten Artikulationstechnik; er arbeitete mehr mit feinen, sehr differenzierten Veränderungen des einzelnen Tones als beispielsweise Coltrane. Aber er wurde als Außenseiter betrachtet, kümmerte sich kaum um Geschäftliches und er war weiß! Wer denkt, nur schwarze Musiker können großen Jazz spielen – und das denken leider immer noch viele – muss sich sagen lassen, dass er ein sehr eingeschränktes Gesichts(Hör)feld hat.

Man studiere nur etwa Warne Marshs Improvisationen über „Body and Soul“ vom 21.4.80 (siehe CD-Besprechung im gleichen Heft), das zu den sieben transkribierten Solos in unserem Buch gehört: ganz anders als die berühmte Hawkins- Aufnahme vom 11.10.39, aber musikalisch durchaus gleichwertig.

Warne Marsh war ein ausgesprochener Einzelgänger, dabei aber sein Leben lang finanziell von seiner Mutter abhängig, diese wiederum vom Vermögen seines Vaters, in Hollywood ein bekannter Kameramann, der 1938 sogar einen Oscar bekam; er starb drei Jahre später, als sein Sohn 13 Jahre alt war. Diese Abhängigkeit ist sehr ungewöhnlich in einem Beruf, der im allgemeinen zu früher Selbstständigkeit führt.

Safford Chamberlain hat Leben und Werk von Warne Marsh in sehr überzeugender und detaillierter Form herausgearbeitet. Hoffentlich findet sein Buch die vielen Leser, die es verdient, und hoffentlich hören sie dazu möglichst viele Aufnahmen; sie werden eine Menge an bedeutsamer Musik entdecken. Und hoffentlich fügt der Verlag bei der nächsten Auflage das schmerzlich vermißte Register hinzu.

Joe Viera

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner