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Jazzzeitung

2008/03 ::: seite 4

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Inhalt 2008/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / Die Abenteuer des Werner Steinmälzl, Teil 3


TITEL -
Young lions, old cats
Aktuelle Entwicklungen im deutsch-amerikanischen Jazz-Zirkus


DOSSIER
- Jazzfestivals im Sommer (als pdf)

Berichte
50 Jahre Birdland Jazzclub in Neuburg an der Donau // Impressionen vom 23. INNtöne-Festival // Die soziale Funktion von Musik in Schulprojekten als Thema der „jazzahead!“ // 37. Moers-Festival


Portraits

Die nigerianische Sängerin Asa // Das Bundesjugendjazzorchester feierte Geburtstag // Wolfgang Haffner mit neuer Live-CD // Lee Konitz im Portrait // Pat Metheny im Interview // Titus Waldenfels // Jamie Wong-Li // …


Jazz heute und Education
Wolfram Knauer organisierte Podiumsdikussion in New York // Das Konzertprogramm der BMW-Welt in München // ...

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Es geht um den Schlagzeuger

Der Gitarrist Pat Metheny im Interview

Drahtiges Wuschelhaar, Holzfällerhemd, abgetragene Jeans und Füße, die barfuß in Turnschuhen stecken – der erfolgreichste und vielseitigste Gitarrist des Jazz sieht mit 53 Jahren noch so aus, als wäre er eben erst dem klapprigen Bandbus entstiegen, mit dem er in den 70er-Jahren durch Amerika tingelte.

Foto: Michael Wilson

Bild vergrößernFoto: Michael Wilson

jazzzeitung: Es ist 30 Jahre her, Mr. Metheny, dass Sie ein ganzes Jahr lang mit einem Bandbus durch die USA tingelten. Welchen Anteil hatten solche Tourneen an ihrem Erfolg?
Pat Metheny: Der Erfolg der Pat Metheny Group und meiner anderen Projekte beruht zu 97 Prozent auf solchen Tourneen. So haben wir uns über Jahrzehnte ein großes Publikum erspielt. Ich toure noch heute sehr viel. Nicht mehr so intensiv wie 1978, weil ich mittlerweile eine Familie habe. Aber immer noch sehr, sehr viel. Ganz ehrlich: Ich glaube, dass kein anderer jemals so viel und so lange auf Tour war wie wir in den 70er- und 80er-Jahren.

jazzzeitung: Bob Dylan vielleicht?
Metheny: Nicht mal der. Jedenfalls nicht über einen so langen Zeitraum wie wir. In unserem Band-Bus haben wir 1978 in den USA 165.000 Meilen zurückgelegt. Und beinahe jeden Tag ein Konzert gespielt! Natürlich wussten wir damals nicht, dass wir damit die Grundlage für unseren heutigen Erfolg legten. Wir wollten einfach nur spielen – und zwar so viel wie möglich.

jazzzeitung: Das aktuelle Album „Day Trip“ ist Ihr sechstes Album in Trio-Besetzung. Was reizt Sie an diesem Format?
Metheny: Ich glaube für jeden improvisierenden Musiker hat diese Besetzung etwas grenzenlos Anziehendes. Im Trio zu spielen - das ist jedes Mal von Neuem ein riesiges weißes Blatt Papier, das es zu füllen gilt.

jazzzeitung: Als Sie 1976 „Bright Size Life“ – ihr erstes Album – herausbrachten, konnte man die wichtigen Trioeinspielungen von Gitarristen noch an der Hand abzählen. War das ein zusätzlicher Ansporn?
Metheny: Auf jeden Fall. Weil das Trio für die Gitarre damals so etwas wie ein neu zu entdeckendes Territorium war. Für Gitarristen gab es einfach nicht die-se definitiven, Ehrfurcht gebietenden Trio-Aufnahmen, mit denen sich jeder junge Pianist bis heute auseinandersetzen muss. Hinzu kommt, dass ein Gitarren-Trio so unterschiedlich klingen kann. Es ist vielseitig wie ein Chamäleon: Mal funktioniert es wie ein Klavier-Trio, dann wieder wie ein Saxophonist mit Rhythmusgruppe. Und manchmal wie eine Rock‘n’Roll-Band.

jazzzeitung: Sie haben einmal gesagt, jede gute Band habe eine musikalisch-rhythmische DNA. Wie würden Sie die im Fall Ihres aktuellen Trios mit Christian McBride und Antonio Sanchez beschreiben?
Metheny: Das Unverwechselbare an unserem Zusammenspiel sind die aggressiven, sehr schnellen Grooves mit einem abstrahierten Latin-Feeling im Hintergrund. Außerdem kann diese Band fast unmerklich zwischen Jazz- und rockigeren Rhythmen hin- und herwechseln. Ich glaube, dass ich noch nie mit so unglaublich talentierten Musikern gespielt habe. Das sind zwei Virtuosen wie es sie auch im Jazz nur ganz, ganz selten gibt. Wenn Christian McBride einmal ausfallen sollte, müssten wir das Konzert absagen. Weil er auf dem Kontrabass Sachen spielt, die kein anderer drauf hat. Für ihn gibt es keinen Ersatzmann.

jazzzeitung: Und Antonio Sanchez?
Metheny: Mit ihm arbeite ich seit sieben Jahren zusammen. In dieser Zeit haben wir rund 1.000 Konzerte gespielt. Und ich warte immer noch auf den Tag, an dem er mal Mist baut. Dabei spielt Antonio Sanchez die schwierigsten und anspruchvollsten Sachen, die ich je von einem Schlagzeuger gehört habe.

jazzzeitung: Ob Sie in Top-Form sind oder nicht, hänge letztlich immer vom Schlagzeuger ab, haben Sie einmal gesagt. Diesmal kam es also auf Antonio Sanchez an?
Metheny: Aus Rücksicht auf Christian McBride würde ich gerne sagen: Nein. Aber es geht tatsächlich immer nur um den Drummer. Besonders im Trio. Einfach deshalb, weil der Schlagzeuger in jeder Besetzung den größten Lärm macht. Vom Schlagzeug geht die Dynamik einer Band aus. Es definiert, was in einer bestimmten musikalischen Konstellation leise oder laut ist. Ganz sicher würde mir da Christian McBride zustimmen. Er würde sagen, dass es auch für ihn und sein Bass-Spiel in erster Linie auf den Schlagzeuger ankommt – und nicht etwa auf den Gitarristen. Letztlich geht es in jeder Band immer nur ums Schlagzeug. Wenn der Schlagzeuger gut klingt, klingen alle gut. Und wenn er einen schlechten Tag erwischt, hilft leider alles nichts. Dann schleppt sich ein Konzert einfach nur elend hin. Aber mit Antonio Sanchez passiert einem so was ja nicht.

jazzzeitung: Halten Sie immer Ausschau nach dem neuesten Schlagzeuger?
Metheny: In der Tat. Ich möchte immer wissen, wer die jungen, aufregenden Schlagzeuger sind. Weil ich fest davon überzeugt bin – und da bin ich nicht der einzige –, dass die Musik unserer Zeit durch Drummer definiert sein wird. Vor allem der Jazz.
Wenn ein neuer, großartiger Schlagzeuger auftaucht, dann ist das jedes Mal die Geburt einer neuen, großartigen Band. Manchmal dauert das nur ein bisschen, weil solche Schlagzeuger ihrer Zeit voraus sind. Nehmen wir zum Beispiel Billy Kilson. Ein unglaublicher Schlagzeuger. Nur wusste zunächst niemand, was man mit ihm anfangen sollte. Bis Dave Holland ihn entdeckte und eine Band um ihn herum baute.

jazzzeitung: Ist es dennoch so, dass für Pat Metheny jede noch so gute Besetzung eines Tages ihren Reiz verliert?
Metheny: Manchmal gibt es Musiker, mit denen man länger zusammen spielt. Und eines Tages stellt man fest, dass es sich irgendwie erschöpft hat. Das kann sechs Monate dauern oder 15 Jahre. Und dann gibt es eben Musiker, mit denen man nie an diesen Punkt gelangt. Der Vibraphonist Gary Burton zum Beispiel. Mit ihm zu spielen, ist für mich heute noch so aufregend wie in den 70-er Jahren.

jazzzeitung: Gehört Antonio Sanchez in diese Kategorie?
Metheny: Das ist schwer vorherzusagen. Schon deshalb, weil so etwas ja auf Gegenseitigkeit beruht. Es könnte ja sein, dass zwar ich Lust auf Antonio Sanchez habe, aber er irgendwann nicht mehr auf Pat Metheny. Antonio ist schließlich noch ein ganz junger Typ.
jazzzeitung: Wie haben Sie das aktuelle Album eingespielt?
Metheny: Wenn man ein Album wie „Day Trip“ aufnimmt, möchte man dem Hörer die großartigsten Interpretationen präsentieren, bei denen einfach alles stimmt. Oft klappt das live. Man nimmt drei oder vier Versionen auf und stellt beglückt fest, dass beim zweiten Take alles wie am Schnürchen gelaufen ist. Sehr viel öfter passiert es jedoch, dass bei der einen Version die Melodie und bei der anderen die Soli am Schönsten klingen. Da wäre man schön blöd, wenn man diesen beiden Takes nicht zu einer nahezu perfekten Version zusammenschneiden würde.

jazzzeitung: Was sagen Sie jemandem, der solche Edits ablehnt?
Metheny: Die gibt es im Jazz schon sehr viel länger als die Puristen meinen. Das gehört einfach zur großen Kunst des Jazz-albums dazu und wurde schon in den 40er- und 50er-Jahren so gemacht. Die einzigen, die sich daran stören, sind nach meiner Erfahrung neokonservative Jung-Jazzer, die naiverweise glauben, dass die von ihnen verehrten Aufnahmen von 1951 ohne Edits entstanden sind. Aber das ist ein Irrtum.

CD-Tipp

Pat Metheny with Christian McBride & Antonio Sanchez: Day Trip
Warner/Nonesuch

Tour-Termin
1. Juli 2008, 20.00 Uhr: Oper Halle

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