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Jazzzeitung

2006/03  ::: seite 14

portrait

 

Inhalt 2006/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
Deutschland, deine Saxophone
jäzzle g’macht:
Mein Marsch zum Jazz, Teil II
Jazzfrauen: Judy Niemack


TITEL


Gereifter Wunderknabe
Nils Wogram, Posaunist und Komponist ohne Kompromisse


DOSSIER:
MUSIK & TECHNIK

Dieser Sound elektrisiert
Vom Einfluss der Technik auf die Musik


BERICHTE
/ PREVIEW

Pianistin Hiromi Uehara überwältigt den Bayerischen Hof || Guy und Janotta im Gasteig || 1. Internationales „women in jazz“-Festival in Halle || Rigmor Gustafsson und Band in Regensburg || Gemeinschaftsausstellung Peter Brötzmann/Han Bennink || Jazzwerk-Ruhr fördert die junge Szene im Revier || Preview: Jazzwoche Burghausen bereits im März


 PORTRAIT / INTERVIEW

Pianist Borah Bergman || Renaud Garcia-Fons || Franz Dannerbauer und seine Music Liberation Unit || Jazzkomponist Mike Westbrook wird 70 || Sängerin Laura Lopez Castro


 PLAY BACK / MEDIEN


CD. CD-Rezensionen 2006/03
Portrait: Pacific Jazz Quintet bei Mosaic
Bücher.
Die Jazzszene in der DDR
Noten. Notenmaterial für Ensembles, Keyboarder und Saxophonisten
DVD. Rare Aufnahmen von Billie Holiday
DVD. Texas Tenor – The Illinois Jacquet Story
Instrumente. News


 EDUCATION

Ausbildung. Ausbildungsstätten in Deutschland - Fortbildungen, Kurse (pdf) (62 kb)
Abgehört 38.Soli von Herbie Hancock, Teil IV: Die Eagles einmal ganz anders
Den Lehrer überflüssig machen
Der Saxophonist Matthias Schubert arbeitet als Lehrbeauftragter in Hannover

SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2006/03 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (268 kb))

Unerhört schön

Die Stuttgarter Sängerin Laura Lopez Castro verzaubert selbst Popfans

Die Stuttgarter haben es raus: Ließ man beispielsweise das vor ungefähr eineinhalb Jahren erschienene Solodebüt des Stuttgarter Musikers Max Herre einmal bis zum Schluss durchlaufen, kam nach dem letzten Stück eine circa zehnminütige Stille. Anschließend erwartete den Hörer ein verstecktes Bonusstück (neudeutsch: „hidden track“, im Jazz eine leider eher unbekannte Angelegenheit): Mit samtweicher Stimme, untermalt mit beinahe schüchterner Gitarrenbegleitung von Produzent und Gitarrist Don Philippe alias Philipp Kayser, kitzelte eine bis dahin unbekannte Sängerin namens Laura Lopez Castro die Gehörgänge der eigentlich hiphop-lastigen CD-Käufer, die das leichte Jucken im Ohr mit mehr Material dieser schnörkellos-aufregenden Stimme stillen wollten.

Multikulturell geprägt: die Stuttgarterin Laura Lopez Castro. Foto: Four Music

Bild vergrößernMultikulturell geprägt: die Stuttgarterin Laura Lopez Castro. Foto: Four Music

Das ist nun endlich möglich. Das erste Album der Stuttgarter Sängerin und Songwriterin Laura Lopez Castro erscheint Anfang März als erster Release auf Max Herres Label „Nesola“, und wenn alles gut geht, wird es sicherlich nicht ihr letztes sein. Denn was Künstler wie auch Album auszeichnet ist eine sehr seltene Unaufgeregtheit, eine spannende, streichelnde Ruhe in der Musik, die sich dadurch nirgends einordnen lassen will. Es könnte sich um ein südamerikanisches Folklorealbum handeln, wäre da nicht die klare und durchdachte Produktion. Es könnte sich um ein Jazzalbum handeln, hätte die Platte nicht diesen leicht poppigen, „jungen“ Charme. Der ständige Crossover, der die Musik von Castro und Kayser ausmacht, ist somit nie schnöder Kompromiss, sondern immer die einzige Möglichkeit zweier Menschen, ihre eigene Kunst uneingeschränkt zu präsentieren. „Es muss sich entwickeln…“, erklärt Laura Lopez Castro die gemeinsame Arbeit. „Es muss eins zum anderen kommen“, ergänzt Kayser, der bereits beim Stuttgarter „Freundeskreis“ der musikalische Kopf war. „Es fällt mir schwer, Harmonien ohne Melodie zu komponieren, also hatte ich meist Melodien, die ich dann aber weggelassen habe, damit Laura ihre eigenen entwickelt, die eben genau richtig für sie sind.“ „Später sind wir drauf gekommen, dass es sehr viel mehr bringt, zusammen zu schreiben“, so Castro. „Es wird fast immer schöner, wenn der Text zuerst da ist und dann die Musik dazu entsteht.“

Als Tochter spanischer Eltern in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen ist das gesamte Leben der hübschen und extrovertierten Sängerin multikulturell geprägt – sie tanzt Flamenco, singt gleichzeitig in einer Indierockband und liebt Björk, Elbow und Kyuss. Einen Abend, bevor sie für ein Vierteljahr nach Mexiko fliegt, besucht sie ihre Freundin Ulla und nimmt im Studio von deren Mann, Philipp Kayser, eines ihrer spanischen Lieder auf, ein sehr persönliches Stück Musik, das sie bisher nur allein im stillen Kämmerchen gesungen hatte. Als sie drei Monate später zurückkehrt, hat Kayser die Gesangsmelodie mit Musik ergänzt.

Angeregt durch die Begeisterung von Kaysers sowieso hispanophilen Freund Max Herre und unterstützt von Bassist Christoph Sauer proben die beiden regelmäßig, zuerst noch Stücke ihrer gemeinsamen Vorbilder Antonio Carlos Jobim, João Gilberto oder Baden Powell. Nach einem Jahr haben sich ihre eigenen Stücke von den Vorbildern emanzipiert. Herre, der gerade vor der Veröffentlichung seines später gefeierten Solodebüts steht, schlägt den beiden vor, das Stück „Flor que marchitará“ („Blume, die verwelken wird“) auf seinem Album vorzustellen – mit dem Plan, das Album der beiden auf seinem neu gegründeten Label zu veröffentlichen (für ihn eine Ehre, zumal er Kayser oft als seinen „Freund und Mentor“ bezeichnet).

Das Debüt der Sängerin und des Gitarristen nun, nach dem ersten gemeinsamen Stück „Mi Libro Abierto” („Mein offenes Buch“) betitelt, ist eine Momentaufnahme der Arbeit der beiden. Kein Meisterwerk, nichts unerhört Ungehörtes, sondern ein musikalisches Statement von überwältigender Schönheit. Sanfte, niemals kitschige Streicherarrangements und Trompeten- sowie Rhodessoli von Labelfreund Sebastian Studnitzky (der bereits bei Joy Denalanes Liveband Trompete spielte und momentan mit Rebekka Bakken und Nils Landgren unterwegs ist), das zurückhaltende Spiel von Christoph Sauer, die akkurate und tonangebende Gitarrenbegleitung von Don Philippe und nicht zuletzt die klare, tiefe und doch zutiefst weibliche Stimme von Laura Lopez Castro machen das Album zu einem kleinen, feinen Juwel im Plattenschrank, das das anfangs erwähnte Jucken im Ohr abstellen könnte.

Im April sind Castro und Kayser als Support von „Mariha“ auf Clubtour unter-wegs. Wer sich das Jucken ins Ohr holen will, sollte sich unbedingt eines der Konzerte ansehen.

Sebastian Klug

www.lauralopezcastro.com

Plattentipp

Laura Lopez Castro: Mi libro abierto
Soulguerillero/Nesola (Four Music)
FOR 82876776192

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