Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 

Jazzzeitung

2003/12-2004/01  ::: seite 15

portrait

 

Inhalt 2003/12-2004/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Lennie Tristano
no chaser:
Domino
jäzzle g’macht
: Applausordnung (AT)
farewell: Zum Tod von Peter Niklas Wilson


TITEL / DOSSIER


Titel: Daxophone und Turntables
40. Jazzfest Berlin bewegt sich zwischen Varieté und Experiment
Dossier: Der vergessene Jazzkritiker
Sexualforscher Ernest Bornemann


BERICHTE


Berichte aus
Bayreuth / Berlin 1 / Berlin 2 / Elmau / Ingolstadt /Regensburg / Ruhrgebiet


 JAZZ HEUTE


Wolfgang Dauner im Gespräch mit der Jazzzeitung
Workshop Jazz Juniors in Marktoberdorf
Das Münchener Bistro St. Ursula


 PORTRAIT / INTERVIEW


Pat Martino // Robin Draganic // McCoy Tyner // Mike Stern


 PLAY BACK / MEDIEN


Winter & Winter im Winter. Die Münchner Music Edition erweitert das Angebot
CD. CD-Rezensionen 2003/12-2004/01
Bücher. Erinnerungen der Mingus-Witwe Sue Graham // Reclams neues Jazzlexikon // Monk und der Free Jazz
Noten. Noten für Jazzrocker und Piano Heroes
Instrumente. Gibson Les Paul Platinum
Medien. link-tipps


 EDUCATION


Abgehört 21. Pat Metheny und Joshua Redman als kongeniales Team
Bayerns beste Botschafter
Die Lehrer Big Band Bayern feiert zehnjähriges Bestehen
Ausbildung. Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2003/12-2004/01 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (695 kb))

Winter & Winter im Winter

Die Münchner Music Edition erweitert das Angebot

Stefan Winter gehört neben ECM-Boss Manfred Eicher oder ACT-Chef Siegfried E. Loch zu den umtriebigsten Musikproduzenten der deutschen Jazzszene. Und nun hat er es auch noch zu einem Eintrag im neu konzipierten „Reclams Jazzlexikon“ gebracht.

Zwischen Paul Winter und Reiner Winterschladen finden wir dort Winter, Stefan, Jahrgang 1958. Vor zwanzig Jahren hatte Winter als Volontär bei ENJA Records in München angefangen, doch schon zwei Jahre später wurde er flügge. In zwei Sätzen fasst Eric Zwang Eriksson in seinem Beitrag für das neue unentbehrliche Jazzlexikon die Meriten Winters zusammen: „1985 gründete er das eigene Label JMT Productions, gab Künstlern wie Tim Berne, Hank Roberts, Cassandra Wilson, Steve Coleman, Herb Robertson, Gabrielle Goodman und vielen anderen die Möglichkeit, die eigene Musik zu präsentieren. 1995 folgte nach Auflösung von JMT Productions die Musikedition Winter & Winter, die sich nicht nur durch das außergewöhnliche Repertoire von Barock über Klassik bis in die zeitgenössische Musik und übergreifenden Arbeiten (Uri Caine) sowie folkloristische Musik auszeichnet, sondern auch durch ein außergewöhnliches Design, und die zahlreiche Auszeichnungen erhielt.“ (Dem Pianisten Uri Caine ist im Übrigen hier ein eigener Eintrag gewidmet.) Hinzuzufügen ist Stefan Winters Sehnsucht nach paradiesischen Orten, sei es ein Bordell oder ein Kabarett.

Mit dem Filmmusical „Cabaret“ hat für ihn sowieso erst richtig alles angefangen, verrät er im Gespräch. Liza Minnelli und Joel Grey hätten ihn gewissermaßen erst „erweckt“. Von der Pieke auf wollte er nun dem „Cabaret“ dienen: zuerst als Koch. Irgendwann kam dann der Jazz hinzu. Und nun ist er wieder ins „Cabaret“ zurückgekehrt, ins „Cabaret Modern“, wie er seine neueste vorzügliche Produktion mit den „üblichen Verdächtigen“ (Noel Akchoté, Charlie O. etc.) nennt, die anknüpft an „Au Bordel“ oder die Tin-Pan-Alley-Hommage „The Sidewalks of New York“. „Einige unabhängige Geister versammeln sich an einem Ort, der in der Vergangenheit Bühne für Gaukler und Kabarettisten gewesen ist“, so fängt Thierry Jousse seine „Cabaret Modern“-Erzählung an. Der Ort hat im übrigen einen Namen, es ist das Spiegelzelt in München. „Eine Nacht lang zetteln sie eine Verschwörung an, erfinden sie den Gruppenrausch aufs Neue, begeben sich erneut in den Zustand des Verlangens.“ Rebellion! Rebellion! hieß es einst in Gründgens Katakomben-Song „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“. „Was da durch die Wiedererweckung der Kabarettlieder und anderer Lieder dieser Art auflebt, hat mit dem Geist dieses Ortes zu tun“, folgert Jousse, „die meisten modernen, ästhetischen oder politischen Revolutionen sind partiell mit dem Geist des Kabaretts verbunden gewesen. Dieser verschlossene Ort, trotzdem für jedermann leicht zugänglich, erlaubt alle Exzesse, alle Überschreitungen, alle Schauder.“ Und so werden in dieser Nacht noch einmal die großen Geister des Kabaretts beschworen: Mischa Spoliansky und Georg Kreisler, Paolo Conte und Serge Gainbourg, Lou Reed und Ennio Morricone. Und irgendwann erklingt dann auch das Lied, das in Stefan Winters Vergangenheit führt: „Tomorrow Belongs To Me“. Was einst als Nazi-Lied gedacht war in dem Musical „Cabaret“, hat bei Winter eine eigene Dynamik entwickelt als sehnsüchtige Kosmopoliten-Hymne.

Zwei weitere Kosmopoliten sind in den letzten Monaten zur Winter & Winter-Familie hinzugestoßen: die Filmemacher Nicolas Humbert & Werner Penzel. Zwei ihrer Filmklassiker, „Step across the Border“ und „Middle of the Moment“, sind nun dort als DVD erschienen. Es dürfte kaum einen besseren deutschen Musikfilm aus den letzten zwanzig Jahren geben, der so geeignet scheint für den Start des DVD-Programms von Winter & Winter. Dieser Dokumentarfilm über den zwischen New York und Tokio hin und her pendelnden Multiinstrumentalisten Fred Frith gehört zu den wichtigsten internationalen Musikfilmen der neunziger Jahre. Frith lauscht bei Humbert & Penzel dem Herzschlag der Welt. Die Welt verwandelt sich für ihn in einen einzigen großen Klangkörper. Den abgenutzten Begriff „Weltmusik“ bringt Frith hier wieder zum Leuchten. Frith hat im Übrigen auch den Soundtrack geliefert zu einem Programmkinohit des vergangenen Jahres: „Rivers and Tides“. Thomas Riedelsheimer beobachtete dabei den Land-Art-Künstler Andy Goldsworthy bei seiner Arbeit. Und Frith entwickelte dazu sein ganz eigenes Tonkonzept: Das Sausen des Windes, das Klappern des Holzes und das Rauschen des Wassers grundieren und strukturieren seine Kompositionen. Ein außergewöhnlicher Soundtrack, der wie so viele andere Preziosen bei Winter & Winter seine ideale Heimat gefunden hat. Dank Stefan Winters „labor of love“.

Viktor Rotthaler

Weitere Infos: http://www.winterandwinter.com

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner