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          |  | Jazzzeitung 2003/06  ::: seite 16rezensionen |  |   
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 |  Dave Gelly: Stan Getz – Nobody else but me, Backbeat Books, 
        San Francisco, 176 Seiten 
        Der Tenorsaxophonist Stan Getz lernte schon sehr früh die Höhen 
          wie auch die möglichen Tiefen des Musikerdaseins kennen. Mit 15 
          Jahren (1942) bereits wurde er Profi und spielte für 35 US-Dollar 
          die Woche bei Dick Rogers. Nach Engagements in schneller Folge in den 
          Big Bands von Jack Teagarden, Stan Kenton, Jimmy Dorsey und Benny Goodman 
          wurde er 1947 Mitglied der damals gerade entstandenen Second Herd Woody 
          Hermans. Dort zeigte er in „Four Brothers“ swing und Virtuosität 
          (in anderen Gruppen später in noch viel schnelleren Tempi); in 
          „Early Autumn“ begründete er in nur acht Takten solo 
          seinen Ruhm als einer der größten Balladenspieler des Jazz. 
          Sein unvergleichlich weicher und zugleich leichter Ton (welch ein Unterschied 
          zum vergleichsweise trockenen und flachen Ton klassischer Tenorsaxophonisten) 
          wurde später, vor allem in seinen letzten Jahren, immer noch empfindsamer… 
          ein Gegenpol etwa zum ebenfalls empfindsamen Ton John Coltranes. Aber 
          so ist das bei allen Blasinstrumenten im Jazz: er hat ihre Möglichkeiten 
          ausgelotet wie keine zweite Musikform. Aber der Autor unseres Buches, 
          selbst Tenorsaxophonist, beschreibt das ereignisreiche Leben von Stan 
          Getz einschließlich seiner Drogenprobleme dicht und faktenreich, 
          ohne überflüssige Schnörkel, unterstützt durch sehr 
          schöne, ausgezeichnet reproduzierte Fotos. Leider gibt es keinerlei 
          Diskographie und keine Notenbeispiele (das „Early Autumn“-Solo 
          hätte unbedingt abgedruckt werden müssen). Schade auch, dass 
          über die Jahre 1958 bis 1960 in Europa nicht mehr zu finden ist; 
          schließlich waren die Begegnungen mit ihm damals für viele 
          junge Musiker (auch für mich) prägend. Fabrice Zammarchi/Sylvie Mas: A Life in the Golden Age of Jazz 
        – A Biography of Buddy DeFranco, Parkside Publications, Seattle, 
        383 Seiten  
         Dieser Prachtband, zur Gänze auf Kunstdruckpapier gedruckt und 
          einem der größten Klarinettisten des Jazz gewidmet, ist allein 
          schon wegen der 324 (!) beeindruckenden Photos die Anschaffung wert. 
          Der Text, ins Englische übersetzt, stammt von dem französischen 
          Klarinettisten Fabrice Zammarchi und seiner Frau, einer Ärztin. 
          Sie lernten Buddy DeFranco 1990 in Amsterdam kennen, woraus sich die 
          Idee zu diesem Buch entwickelte und während der nächsten zehn 
          Jahre viele Interviews entstanden – sehr spannend zu lesen und 
          um viel weiteres Material ergänzt. Buddy DeFranco ist es wie keinem 
          Zweiten gelungen, die komplexe Rhythmik-Melodik des frühen Bebop 
          auch bei schnellsten Tempi auf die Klarinette zu übertragen. Dass 
          bei solchen nicht mehr jeder Ton eigens gestaltet werden kann, liegt 
          auf der Hand. Aber viele, die nicht so weit dachten, haben seinen Ton 
          als „kalt“ bezeichnet. Das war er aber nie. DeFranco, das 
          beweisen seine zahlreichen Aufnahmen immer wieder, war und ist ein sensibler 
          und darüber hinaus sehr gewissenhafter Musiker, für den ständiges 
          Üben selbstverständlich war und der nichts von Drogen- oder 
          Alkoholabhängigkeit hielt.  Dieses Buch lässt keine Wünsche offen: Register, Disko- 
          und Filmografie, Transkriptionen von Solos – alles vorhanden. 
          Die verdiente Würdigung eines sympathischen Musikers, der seit 
          64 Jahren auf den Bühnen dieser Welt zu hören ist. Noch eine 
          Frage an die Plattenindustrie: Wann endlich werden die fünf hoch 
          interessanten LPs mit dem Akkordeonisten Tommy Gumina (bei DECCA, vier 
          bei Mercury erschienen) auf CD wieder veröffentlicht?  Joe Viera
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