Mainstream hat als diffuser Stilbegriff
zu jeder Zeit und an jedem Ort eine etwas andere Bedeutung. Mainstream
im engeren Sinne, so wie er vom Kritiker Stanley Dance geprägt
worden ist, bedeutet als Hauptstrom den gemeinsamen
Nenner, auf den sich Jazz-Musiker des Swing und Modern in den 50ern
einigen konnten. Typische Vertreter dieses heute als zeitlos empfundenen,
modernisierten Swing sind etwa Buck Clayton, Coleman Hawkins, Oscar
Peterson und Zoot Sims. Die Musik, die die Labels Verve in den 50er-
und Pablo in den 70er-Jahren herausbrachten, ist in vielen Fällen
typischer Mainstream. Auch viele jüngere Musiker von heute,
etwa Scott Hamilton und Warren Vaché, lassen sich diesem
Mainstream zurechnen. Leider wurde der Begriff Mainstream in dem
Augenblick fast wertlos, als man begann, ihn umfassender zu verwenden.
Im weiteren Sinne wird ein Stil dann zum Mainstream, wenn er aufhört
Avantgarde zu sein und daher zum Publikumsliebling geworden ist
(als Beispiel mag John Coltrane dienen). So versteht man heute als
Mainstream auch Musik, die in Form des Neobop an Bop und modalen
Jazz um 1960 anknüpft. Durch die konservativ-akademische Haltung
der heutigen Vertreter (etwa Wynton Marsalis), aber auch durch die
partielle Einbeziehung späterer Entwicklungen entstand aber
etwas vom damaligen Bop völlig Verschiedenes. Heute kann leider
so ziemlich alles als Mainstream bezeichnet werden, was nur genug
Verbreitung findet, wie Fusion oder Smooth Jazz. Man kann auch innerhalb
jedes einzelnen Jazz-Segments zwischen Musikern unterscheiden, die
innerhalb dieses Bereichs zum Mainstream gehören. Im Umfeld
von Eddie Condon gehört dieser selbst zum Mainstream, Pee Wee
Russell aber nicht. Innerhalb des Soul Jazz des Adderley-Kreises
gehört Sam Jones zum Mainstream, nicht aber Yusef Lateef, der
seine Musik nicht einmal als Jazz bezeichnet.