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Jazzzeitung

2006/11  ::: seite 17

rezensionen

 

Inhalt 2006/11

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
all that jazz:
Jazz als Wunde – und als Droge
jazzfrauen: Shirley Scott
Farewell: Aladár Pege


TITEL

Tenor-Stories
Bennie Wallace zum 60. Geburtstag


DOSSIER
- Play Your Own Thing
Jazz in Europa – zum neuen Film von Julian Benedikt


BERICHTE
/ PREVIEW
30. Leipziger Jazztage || Jazz-Festival Willisau 2006 || Neuer Stilmix: drum‘n‘bass‘n‘piano || Jazztival 2006 in Bühl
Kurz, aber wichtig: 20 Jahre Jazz in Sonneberg || Jazztage Dresden || Bayreuther Jazz-November 2006 || 27. Leverkusener Jazztage


 PORTRAIT / INTERVIEW
Vocalistin Natascha Roth || Rue Protzer im Gespräch || Zum Tod von Rosanna Tavares || 25 Jahre Jaro

 JAZZ HEUTE
Ein Herz, das vor Heimweh vergeht
Der Italiener Gianmaria Testa singt vom Alltag der Immigranten


 PLAY BACK / MEDIEN

CD.
CD-Rezensionen 2006/11
CD. Scheffners Liste
Bücher: Lesenswerte amerikanische Musikgeschichte
Bücher: That Jazz of Praha
Noten.Gute Songbegleitung ist eine seltene Kunst
DVD. Eine erstklassige DVD-Serie bei TDK
Instrumente. News


 EDUCATION
Ausbildung. Ausbildungsstätten in Deutschland - Fortbildungen, Kurse (pdf) (62 kb)
Abgehört 45. Zoot Sims soliert über „Love for Sale“ von Cole Porter
Jazz meets Klassik meets Jazz
Eine Initiative mit Namen „Linie K”
Bayerischer Jazzclub auf dem Prüfstand
Beate Kohnhäuser legt eine Diplomarbeit über den Jazzclub Regensburg vor

 

Jazz und Gesetz

Lesenswerte amerikanische Musikgeschichte

Dunstan Prial: The Producer – John Hammond and the Soul of American Music, Farrar, Straus and Giroux, New York, 347 Seiten (ISBN 0-374-11304-1)

John Hammond gehört aus zwei Gründen zu den bedeutenden Persönlichkeiten der amerikanischen Musikszene des 20. Jahrhunderts. Er war zum einen der Entdecker einer ganzen Reihe großer Künstler, denen er Plattenaufnahmen und Auftritte verschaffte, von Billie Holiday und der Count Basie Big Band bis zu Aretha Franklin, Bob Dylan und Stevie Ray Vaughan. Er brachte Lionel Hampton und Charlie Christian mit Benny Goodman zusammen und Freddie Green mit Count Basie.

Zweitens aber war er von den 30er-Jahren an ein unermüdlicher Verfechter der Gleichberechtigung von Schwarz und Weiß. So saß er beispielsweise von 1935 bis 1966 im Vorstand der NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) und versäumte während dieser langen Zeit außer wegen Militärdienst oder Krankheit kaum eine Sitzung. Alles, was er tat, tat er mit erstaunlicher Energie und Begeisterungsfähigkeit. Auch seine vielen Artikel und Kritiken (schon mit 21 Jahren wurde er Mitarbeiter des englischen ,,Melody Maker“) sind voll davon; er sagte stets sehr deutlich, was er dachte und fühlte – nicht jedem passte das. Als Mitglied einer der reichsten Familien Amerikas (seine Mutter war eine geborene Vanderbilt) war er finanziell unabhängig und konnte sich manches Projekt leisten. Andererseits legte er nie Wert auf große Einkünfte und tat manches umsonst und vieles zu eher bescheidenen Honoraren, was ihn im Alter bisweilen in finanzielle Schwierigkeiten brachte.Er war ein musikbegeisterter Idealist mit einem hochentwickelten Sinn für die Arten von Musik, die ihn interessierten (Swing, Folk, Soul, Rock ’n’ Roll). Leider konnte er mit dem Bebop wenig und mit dem Free Jazz gar nichts anfangen – aber das wäre wohl auch zu viel verlangt.

Der Autor erzählt sehr ausführlich und mit viel Einfühlungsvermögen. Wer Hammonds eigene Worte hinzunehmen will, lese auch seine 1977 erschienene Autobiographie ,,John Hammond On Record“ (The Ridge Press, New York, 416 Seiten).

Paul Chevigny: Gigs-Jazz and the Cabaret Laws in New York City (Second Edition 2005)
Routledge Publ. Co. London – New York, 218 Seiten

Von 1926 bis 1990 (!) war in New York Livemusik in Bars und Restaurants durch so genannte ,,Cabaret Laws“ erheblichen Einschränkungen unterworfen. Diese betrafen auch die Gegenden, in denen Livemusik gespielt werden durfte (,,Zon-ing“); außerhalb waren höchstens Trios erlaubt. Sogar die Art der verwendeten Instrumente war vorgeschrieben. Das bedeutete, dass zum Beispiel, wenn ein Bläser oder ein Perkussionist/Schlagzeuger spielen wollte, eine (nicht ohne weiteres erhältliche) Lizenz durch den Lokalbesitzer erworben werden musste. Dabei ging es primär gar nicht um die Lautstärke der Musik. Vielmehr befürchteten die Behörden während der Prohibition eine Zunahme des Besuchs zwielichtiger Gestalten und damit des Autoverkehrs – offenbar mit der seltsamen Annahme: je mehr Musiker spielten, desto mehr solcher unerwünschen Besucher. Und nach Beendigung der Prohibition 1933 wurden diese Bestimmungen einfach beibehalten! Das bedeutete eine jahrzehntelange Diskriminierung der New Yorker Musiker, vor allem der Jazzmusiker, die erstens immer wieder in ihrer künstlerischen Freiheit bei der Wahl ihrer Mitmusiker eingeschränkt wurden, und die zweitens häufig überhaupt nicht auftreten konnten, nämlich dann, wenn sie ein ,,unerlaubtes“ Instrument spielten. Diese für eine Weltstadt schier unglaublichen Vorschriften galten mit gewissen Veränderungen tatsächlich während des ganzen oben angegebenen Zeitraums, wenn auch manche Jazzclub-Besitzer sich darüber hinwegsetzten, vor allem ab den 60er-Jahren, als sich der Charakter der Veranstaltungen hin zum reinen Hören (kein Tanz mehr) änderte.

Zu allem Überfluss kam noch von 1940 bis 1967 die von der New Yorker Polizei eingeführte ,,Cabaret Card“ hinzu, die alle in den lizensierten Clubs Tätigen, also auch die Musiker, haben mussten – eine weitere Schikane. Den Bemühungen des New Yorker Rechtsanwalts Maxwell Cohen und des 1966 ins Amt gekommenen liberalen Bürgermeisters John Lindsay ist es zu verdanken, dass diese durch kein Gesetz gedeckte Maßnahme (!) ein Jahr später aufgehoben wurde (mehr dazu in Michael Ullman: Jazz lives, New Republic Books, Washington 1980, S.27-36). Die ,,Cabaret Laws“ wurden auf Grund eines Gerichtsurteils 1988 für verfassungswidrig erklärt. Bis die zuständigen Behörden reagierten, dauerte es dann allerdings noch zwei Jahre. Paul Chevigny, Rechtsprofessor an der New York University, hatte an diesem Prozess entscheidenden Anteil. Sein ausführlicher Bericht, unterstützt durch viele Interviews mit Betroffenen, liest sich stellenweise wie ein Kriminalroman. Ein lesenswertes Kapitel Jazzgeschichte.

Joe Viera

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