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Jazzzeitung

2006/05  ::: seite 14

portrait

 

Inhalt 2006/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
Hick-Hack
glosse:
Die Vermittlung als Mittel des Unvermittelbaren – mit Mittelmaß


TITEL


Blue in Green
Impressionen zu Miles Davis‘ „Kind of Blue“


DOSSIER:
JAZZAHEAD

Der Bremer Clou geht auf
Eine Jazzmesse mit Festival und Symposium geht neue Wege


BERICHTE
/ PREVIEW

Ursula Rucker mit kritisch-empfindsamer HipHop-Poetry enthusiastisch gefeiert || 34. Jazz Festival Grenoble || 37. Internationale Jazzwoche Burghausen || Preview: Gronau – Moers – Köln


 PORTRAIT / INTERVIEW

Lars Duppler und „Le Grand Lustucru“ || Manfred Schoof zum siebzigsten Geburtstag || Der Aufstieg der Geigerin Jenny Scheinman || Joe Kienemann erhält Bayerischen Jazzpreis

 JAZZ HEUTE

Leserbrief: Jazz ist Jazz!
Technik-Chef als Jazzveranstalter
Die Reihe „Jazz im Uniklinikum“ in Dresden geht nun ins dritte Jahr
Der lange Weg nach Europa
30-jähriges Jubiläum des European Jazz Ensemble
LeipJAZZig-Orkester
Das etwas andere Jazzensemble aus Leipzig


 PLAY BACK / MEDIEN


CDs Mit eigenem Gesicht
Das Schweizer CD-Label Intak feiert seinen 20. Geburtstag
CD.
CD-Rezensionen 2006/05
Bücher: Ein Jazzbuch über den Kansas City Jazz und eine Autobiografie von Horace Silver
Noten. Internationale Musik für Chor, Geige und Jazzgitarre
Instrumente. News
DVD. Bireli Lagrene & Gipsy Project
DVD. Stan Getz: Vintage Getz


 EDUCATION

Ausbildung. Ausbildungsstätten in Deutschland - Fortbildungen, Kurse (pdf) (62 kb)
Abgehört 40 Phil Woods und Freddie Hubbard improvisieren über Billy-Joel-Songs
Grenzüberschreitungen
Ein Professor aus dem Allgäu bringt neuen Schwung in das Kontrabassspiel


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2006/05 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (760 kb))

Down-beat-Siegerin

Der Aufstieg der Geigerin Jenny Scheinman

Einmal im Jahr verschickt das Magazin Down Beat Stimmzettel an Jazzkritiker im In- und Ausland. Es gilt dann, das Album des Jahres und die Besten auf ihren Instrumenten zu ermitteln. Die Journalisten, die sich beruflich mit Jazz auseinander setzen, müssen dabei unterscheiden: Sie wählen zum einen bereits etablierte Größen auf die Plätze, zum anderen sind sie dazu aufgerufen, die Talentiertesten unter den Newcomern zu bestimmen. Früher fanden sich diese in einer Spalte wieder, die sich „talent deserving wider recognition“ nannte. Vor einiger Zeit wurde daraus die Kategorie „Rising Star“. In den vergangenen drei Jahren hat Jenny Scheinman in der Sparte „Geige“ die meisten Stimmen als aufgehender Violinen-Stern hinter sich gebracht.

Jenny Scheinman. Foto: Ssirus W. Pakzad

Jenny Scheinman. Foto: Ssirus W. Pakzad

Die sympathische junge Frau kann bereits mit einer ziemlich üppigen musikalischen Vita aufwarten: Sie hat mit dem Rova Saxophone Quartet musiziert, war mit Madeleine Peyroux auf Tour, geigte Bill Frisell eins, verewigte sich auf Norah Jones’ Millionenseller „Come Away with me“, arbeitete regelmäßig mit dem Schlagzeuger Scott Amendola, ist auf Alben des Brasilianers Vinicius Cantuária und einer CD von John Zorn zu finden (für dessen Label Tzadik hat sie auch zwei Solo-Alben aufgenommen). Mein Kollege, der Musikjournalist Wolf Kampman fand kürzlich Worte des Überschwangs für die Geigerin. „Es gibt im jüngeren Jazz nicht viele Violinisten, die den Jazz durch einen persönlicheren Ton bereichert, geschweige denn weitergebracht hätten. Hieß der Fackelträger der innovativen Jazzgeige bis in die 1990er Mark Feldman, so hat er diese Funktion seit der Jahrtausendwende an Jenny Scheinman abgegeben.“

Ich traf Jenny Scheinman vor ihrem Münchner Konzert mit dem Bill Frisell Trio im Bayerischen Hof in München. „Meine Herangehensweise an die Jazzgeige ... hmm, ich weiß es nicht“, zögert sie, als das Mikrofon vor ihr eingeschaltet wird. „Vielleicht ist es das tänzerische Element, das im Jazz steckt und das ich immer mit einbaue – das habe ich immer am Jazz geliebt. Wenn man wie ich als Kind mit viel klassischer Musik aufwächst, tut es so gut, Musik zu spielen, die einen Groove hat. Und, meine Güte, die Geige kann so viele Töne hervorbringen. In der Beziehung hat sie vielen anderen Instrumenten etwas voraus. Man kann einen schmutzigen Sound erreichen, in dem man die Saiten nicht richtig herunterdrückt, kann Töne erzeugen, die so hoch sind, dass sie kaum mehr wahrnehmbar scheinen.“

Jenny Scheinman stammt aus einer Hippiefamilie, die sich irgendwo in der Pampa in Kalifornien niederließ. Jahrelang kamen Jenny und die ihren ohne Strom und sonstige zivilisatorische Errungenschaften aus. Mit ihren Eltern, die Folkmusiker waren, und ihren Geschwistern musizierte sie in den warmen Monaten meist draußen. Nur das Klavier, dem sie sich mit starken Ambitionen näherte, wurde drinnen bespielt. Irgendwann hat die Familie Scheinman doch Elektrizität in ihr Haus gelassen. Eines Tages brachte ein Verwandter eine ganze Kiste mit Platten von Jazzgeigern (darunter Stuff Smith, Didier Lockwood, Jean-Luc Ponty) mit und überließ sie Jenny. Die hat ziemlich genau studiert, was die Virtuosen da mit dem Bogen anstellten. Außerdem hatte sie das Glück, in ihrer winzigen High School auf jazzbegeisterte Mitschüler zu treffen. Nach ihrem Studium am Oberlin Conservatory und ihrem Abschluss in Berkeley gründete sie ein Projekt, das sich mit der Musik von Django Reinhardt und Stephane Grappelli befasste, knüpfte aber auch Kontakte zur kalifornischen Avantgardeszene. Auf Hochzeiten, die zwischen Weinbergen abgehalten wurden, verdiente sich die Geigerin einen Teil ihres Lebensunterhalts und schmuggelte manche Köstlichkeit vom Büffet im Violinenkoffer heim in ihr Apartment. 1999 zog Jenny Scheinman nach New York und setzte sich gleich ein Ultimatum. „Sollte ich es hier innerhalb von fünf Jahren nicht schaffen“, schrieb sie ihrer Mutter, „komme ich wieder heim zu Euch.“ Daraus wird wohl nichts. Jenny Scheinmans Terminbuch ist voll. Jeder will sie als Sidewoman. Und dann hat sie auch noch mit ihrer eigenen Musik Erfolg.

Die ist etwa auf dem Album „12 Songs“ zu hören. Folkiges verbindet sich da mit Klängen aus ihrem jüdischen Erbe; ihre Vergangenheit als Mitglied von diversen Avantgarderockbands dringt genauso durch wie Balkanmelodik und diverse Jazzstilistiken. Alle Elemente, mit denen sie ihre Noten tränkt, verbinden sich zu detailreichen Stimmungsbildern. Jenny Scheinman: „Mir ging es auf dem Album um die gesangliche Qualität der Geige. Deshalb habe ich meine Stücke auch ‚Songs‘ genannt.“

Ssirus W. Pakzad

Jenny Scheinman
„12 Songs“
(Cryptogrammophone)

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