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Jazzzeitung

2002/06  ::: seite 10

jazz heute

 

Inhalt 2002/06

standards
Editorial
News
no chaser: Female Choice
Musiker-ABC: Miles Davis
break
Farewell.
Zum Tode der Organistin Shirley Scott
Farewell.
Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...

titel
Junge Helden, alte Löwen. 18. Jazzfrühling in Kempten 2002 · Von Klaus-Peter Mayr

berichte
Hard Cell
Hommage à Weill
Burghausen.
33. Jazzwoche
Halle. Mardi Gras.BB aus Mannheim zu Gast im Turm Jazzclub Moritzburg
Memmingen. Der ewig junge Tastenlöwe Joe Zawinul und seine jungen Mitmusiker aus aller Welt
München.
Joey DeFrancesco im Nightclub des Bayerischen Hofes
Murnau.
Jazz-Festival „Sticks“
Regensburg.
Iva Bittova im Museum Ostdeutsche Galerie
Ulrichsberg.
Kaleidophon begeisterte die Fans improvisierter Musik

jazz heute
  Nur Regen bringt segen. Das „Vogler“ und ein um 118 Prozent gestiegener Bierabsatz
  DJF. Aufruf zur 3. Deutschen Jazzwoche
  no chaser: Female Choice
  Leserbriefe. Zum Kapitel Jazz-Themen

portrait / interview
Die Liebe zum Choro. Ein Interview mit Beate Kittsteiner
Erleuchter mit zarter Stimme. Tugend aus der Not: Ein Portrait des Sängers Jimmy Scott
Global Excellence. George Gruntz zum 70. Geburtstag

play back / medien
Lirum, rarum, Löffelstiel. Die neue CD-Edition :rarum bei ECM
Internet. Link-Tipps

education
Fortbildung. Fortbildung
Abgehört 7
Chick Coreas Solo über seinen Klassiker „Spain“
Wo die jungen Profis üben. Zu Gast bei den Proben des Bayerischen Landesjugendjazzorchesters
Immer noch erste Adresse. Die Jazzabteilung an der Musikhochschule Köln · Teil I

dossier
Konstruktives zur Kritik. Kritiker-Woche an der Jazz-Fakultät in Luzern · Von Pirmin Bossart

service
Critics Choice
Rezensionen 2002/06
Service-Pack 2002/06 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (172 kb))

 

Nur regen bringt segen

Das „Vogler“ und ein um 118 Prozent gestiegener Bierabsatz

Thomas Vogler bucht seine Musiker kurzfristig. Wer heute spielt, liest man am besten in der Tagespresse nach. In Voglers Jazzbar in der Rumfordstraße 17 in München kommen die Leute nicht wegen eines bestimmten Musikers, sondern weil man weiß, da ist immer was los, „der Vogler macht das schon“. Letztlich kommt man wegen Thomas Vogler. In seiner Jazzbar spielen junge Jazzer und große Stars. Man kann in relaxter Atmosphäre einen guten Wein trinken, isst gut, und das alles mit Musik, bei der was passiert. Das ist kurz gesagt das Konzept des Jazzkneipiers Thomas Vogler.

Auch Münchens Jazzfreunde und Szenegänger waren des Lobes voll – aber bedauerlicherweise in den Sommermonaten untreu. So brach im November 2001 die grausame Realität ins schöne Jazz-Idyll ein. Thomas Vogler hatte zum ersten Mal sein Biersoll nicht erfüllt. Da läuteten die Alarmglocken bei der Spaten-Franziskaner-Brauerei. Dazu Vogler: „Irgendwie wurde es der Brauerei zu dumm, immer im Sommer auf die Pacht zu warten. Das fehlende Biersoll, war die Summe zuviel. Die wollten mich innerhalb von einer Woche in die ewigen Jagdgründe befördern.“

Doch Gratulation: Thomas Vogler hat die Krise gemeistert! Am Nachmittag des 24. April 2002 flatterte ein Fax in die Redaktion der Jazzzeitung:

„Das Vogler muss nicht schließen! Dass dies nun doch nicht so ist, hat diverse Gründe: mein Dank gilt dem persönlichen Einsatz von Oberbürgermeister Christian Ude, Schauspielern wie Friedrich von Thun und Udo Wachtveitl, Musikern wie Joe Kienemann und Johannes Faber, unzähligen Gästen wie Baron Niki Freytag von Loringhoven und Cornelius Everding sowie den Münchner Medien. Mein Dank gilt besonders Dr. Jobst Kayser Eichberg, persönlich haftender Gesellschafter der Spaten-Franziskaner-Brauerei, der sich für die Belange der Jazzbar Vogler viel Zeit genommen hat und ohne dessen Placet alle Bemühungen im Sande verlaufen wären. Dank gilt meinen Gästen die den um 118 Prozent gestiegenen Bierabsatz gegenüber dem Vorjahr erst möglich gemacht haben. Jetzt muss es nur noch bis September weiter regnen.“

Jazzzeitungs-Chefredakteur Andreas Kolb nützte den aktuellen Anlass, um Thomas Vogler mal außerhalb seines hektischen Kneipenambientes zu treffen und sich mit ihm über Lokale, Jazz und Getränkekarten zu unterhalten.

Vor knapp fünf Jahren, am 31. Juli 1997, machte der ehemalige Journalist und Kulturmanager zum ersten Mal in seinem Leben ein Lokal auf: die Jazzbar Vogler. Davor hatte er ganz andere Sachen gemacht, das ist eine andere Geschichte. Er hatte die Nase voll von diesen Dingen, er war ausgestiegen.

„Es gibt zwei Möglichkeiten ein Lokal aufzumachen“, Thomas Vogler ist eher lakonisch als zynisch, „entweder es gibt einen Papa, der sagt, hier hast du mal ne Million, mach mal was draus oder man bewirbt sich bei einer Brauerei“.

Vogler, der noch nie zuvor in der Gastronomie gearbeitet hatte, gehörte in die zweite Kategorie. Doch die Angebote die er von diversen Brauerein erhielt, waren „eine einzige Katastrophe“. Dann kam der Anruf von der Spaten-Franziskaner-Brauerei, ob er das Lokal in der Rumfordstraße übernehmen wolle. Er war der sechste Wirt innerhalb von zehn Jahren, also auch dies ein totes Lokal. Aber: „Ich kam da rein und wusste, ‚das ist es jetzt‘. Ich hatte einen Monat Zeit, um mir zu überlegen, was muss auf eine Getränkekarte drauf, wie kalkuliere ich überhaupt Getränke, was für Spirituosen brauche ich, wo krieg ich eine Kaffeemaschine her, wie groß muss die sein, was mache ich mit der großen Küche.“

Von Anfang an war klar, dass das Lokal eine musikalische Ausrichtung haben soll, der erste Musiker, mit dem Vogler Kontakt hatte, war Hannes Beckmann. Weitere Musiker der ersten Stunde waren Joe Kienemann, David Gazarov, Vitello tonnato und the roaring Zuchinis, Guido May und Carola Grey.

Am ersten Abend, einem Donnerstag, spielte das Hannes Beckmann Quartett. „Es war brechend voll“, erinnert sich Vogler. Am Freitag spielte Beckmann nochmals, am Samstag dann die Harald Rüschenbaum Big Band und am Sonntag das Joe Kienemann Trio. Nach diesem furiosen Auftakt kam die erste Durststrecke: der August 1997, ein Jahrhundertsommer und Vogler stand einsam hinter seinem Tresen: „Heute 1 Bier verkauft, kein Bier verkauft…“.

Heute schmunzelt er: „In dieser Zeit konnte ich üben, wie man ein Bier zapft, wie man sich mit Köchen auseinandersetzt. Ich musste rauskriegen, wie läuft so ein Lokal, mit welchen Musikern kann ich arbeiten, was zahle ich Musikern?“.

Vor allem Lehrgeld bezahlte Vogler – etwa zwei Jahre lang sowohl in der Gastronomie als auch beim Musikmanagement.

Es hat sich gelohnt: Heute bietet er seinen Gästen in relaxter Atmosphäre sechs Tage pro Woche Programm:

Montag Jam session (3,50 Euro Eintritt). Als Basis Trio bucht er zum Beispiel Rocky Knauer, David Gazarov, Guido May oder Falk Willis. Dann stoßen Musiker dazu, die gerade in der Stadt sind und außerdem ist seine Bühne ein wichtiges Podium für junge Musiker, um sich mit alten wie Dusko Goyovich, Peter Tuscher und Hermann Breuer zu messen und von ihnen zu lernen.
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag spielen Solopianisten oder Duos wie Johannes Faber; David Gazarov und Joe Kienemann (an diesen drei Tagen verlangt Vogler keinen Eintritt)

Freitag und Samstag sind Bands in der Jazzbar wie Nina Michelle oder Charly Antolini. Auch Lateinamerikanisches ist gefragt: Soul, Blues – es darf durchaus alles tanzbar sein.

Zu seinen stilistischen Vorlieben befragt, meint Thomas Vogler: „Wohnzimmerstilistik oder aus dem Bauch- heraus-Stilistik. Die Musik darf nicht zu konzertant sein und muss zum Lokal passen. Ich sage einfach: Tut mir leid, es gefällt mir nicht – oder toll es gefällt mir“.

Andreas Kolb

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