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Inhaltsverzeichnis Jazzzeitung 7/2000

2000/07

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Radio & Internet

Seite 18

Jazz ist Freiheit

Ein taktloser Jazztalk auf Bayern2Radio

Jazz ist Freiheit“ hieß das Schlagwort in den 50ern. Bald kamen als positive Eigenschaften noch „Experiment“ und „Anarchie“ hinzu. Das ist lange her. Was ist Jazz heute? Diese Frage stellte Theo Geißler den Gästen seiner taktlos-Talkrunde am 2. Juni auf Bayern2Radio. Es antworteten Christiane Zentgraf (BMW Kultur-Kommunikation), Klaus Doldinger (prominenter Saxophonist und mehr), Josef Dachsel (Veranstalter Jazz & more) sowie Matthias Schriefl von der Jazzband „führerScheinmenschen“.

Theo Geißler: Matthias Schriefl, ihr „führerScheinmenschen“ seid junge Vollprofis und habt eine ganze Menge an Nachwuchs-Förderung erfahren.

Matthias Schriefl: Wir sind alle Mitglieder im Landesjugend-Jazzorchester und im Bundes-Jazzorchester. Wir nahmen am „Jugend jazzt“-Wettbewerb teil und machten den ersten Preis.

Geißler: Euer Ziel ist, mit Jazz so richtig Geld zu machen?

Schriefl: Es gibt gewisse Jazz-Arten, mit denen man sicher Geld verdienen kann, mit unserer aber nicht.

Geißler: Warum macht ihr die dann?

Schriefl: Für mich ist Jazz die musikalische Form, für die ich mich entschieden habe, in der ich mich ausdrücken kann.

Geißler: Christiane Zentgraf, was war der Grund, dass die BMW Kulturkommunikation sich dazu entschlossen hat, in „Jazz & more“ zu investieren?
Christiane Zentgraf: Jazz ist die Sprache, die am ehesten für BMW steht. Im Jazz steckt eine Freiheit, die ich in keiner anderen fixierten oder komponierten Musik finden kann.

Geißler: Josef Dachsel ist der Vereinsvorsitzende von „Jazz & more“ und macht zusammen mit Annelie Knobloch auch die künstlerische Leitung. Sind Sie so eine Art Event-Manager, der herausgefunden hat, dass man mit Jazz Cash machen kann?
Dachsel: Wir sind froh, dass wir für das laufende Festival „Jazz & more 2000“ (siehe auch Bericht auf Seite 4 dieser Ausgabe) das Geld zusammengekriegt haben. Aber mit Jazz Geld zu verdienen, ist nirgendwo auf der Welt möglich.

Nach der Debatte: Klaus Doldinger und Theo Geißler. Foto; Andreas Kolb

Klaus Doldinger: Ich muss Josef Dachsel natürlich heftig widersprechen: Wenn man Miles Davis, Pat Metheny, Duke Ellington, Lionel Hampton, um nur einige Namen zu nennen, dem Jazz zurechnen will, dann kann man nicht sagen, dass man mit Jazz kein Geld verdienen kann. Bei einer Kunstform wie dem Jazz zählt übrigens gar nicht so sehr der momentane, spektakuläre Erfolg. Beim Jazz finden auch Aufnahmen, die zum Teil 50 Jahre alt sind, immer noch Käufer.

Geißler: Was ist Jazz für Sie?

Doldinger: Für mich war und ist Jazz die Stimme der Freiheit. Er hat dazu beigetragen, dem Musiker zur Emanzipation zu verhelfen. Als junger Typ war Jazz für mich etwas, was in späteren Jahren für manchen der Punk war. Jazz war aufrührerisch. Aber die Zeiten haben sich geändert, und heute ist alles möglich.

Geißler: Josef Dachsel, nach welchen Grundlinien stellt man heute ein Festival-Konzept zusammen?

Dachsel: Als Veranstalter muss man sich in der ganzen Welt umsehen, um dann nach den aktuellen Strömungen auszuwählen. Amerika spielt zur Zeit nicht die Hauptrolle, heute greifen die europäischen Musiker auf ihre Folklore, auf ihre klassische Herkunft zurück.

Geißler: Besteht hier nicht die Gefahr, dass zwei anämische Felder – hier Klassik und dort Jazz – noch einmal eine wechselseitige „künstliche Besamung“ vornehmen, obwohl sie eigentlich nicht mehr lebensfähig sind?

Dachsel: Da würde das Publikum nicht mitspielen. Das Festival „Jazz & more“ entstand ja aus der Reihe in den Kammerspielen, und wir konnten uns in München ein Publikum schaffen, das sehr wohl zwischen Mainstream-Soße, Crossover-Mischmasch und ernstzunehmenden Projekten unterscheiden kann.

Geißler: Herr Doldinger, Sie haben eine ganze Menge Werbe-Jingles geschrieben, aber auch hochklassige Filmmusik gemacht. Ist das die Zukunft des Jazz, sich in die Breite zu begeben?

Doldinger: Mit Jazz hat das nichts zu tun. Die Freiheit des Jazz beruht aber auch darauf, dass die Ausübenden sich auch in andere Bereiche wagen können. Jazz hat bei mir die Kraft freigesetzt, mir etwas spontan einfallen zu lassen und daraus eine Komposition zu machen. Ohne Jazz hätte ich vielleicht kein Improvisationstalent entwickeln können.

taktlos im Internet unter: http://www.nmz.de/taktlos/

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