Wenn Siri Keith Jarrett versteht. Screenshot
Wenn Siri Keith Jarrett versteht. Screenshot

Wer ist eigentlich dieser Kies Jerry@?

Die Veröffentlichung der Aufnahmen des Labels ECM bei zahlreichen Streamingdiensten hat für einiges Aufsehen und -hören gesorgt. Aber natürlich gibt es auch eine Welt jenseits von ECM. Vor allem bei Kies Jerry@ – wie mein „guter“ Freund „Siri“ immer sagt.

Es folgt also eine kleine Playlist mit den vermutlich nicht so bekannten Aufnahmen von Keith Jarrett in seinen frühen Jahren, bevor die großen Plattenlabels und ECM auf ihn aufmerksam wurden. Als Sideman, in seiner ersten Trioformation oder ganz solo mit geordertem Streichquartett.

Lange waren diese Aufnahmen nicht so einfach zugänglich. Ich hatte sie das erste Mal als Schüler noch gehört, als Peter Rüedi für den NDR die dreizehnteilige Jarrett-Reihe Anfang der 80er Jahre produzierte mit dem wunderschönen Titel „Die Geometrie der Inspiration“. Die Sachen hatten mich damals sehr interessiert und ich suchte nach Aufnahmen wie „Restoration Ruin“, die ich zu kurios fand, als dass sie einfach verschwinden konnten. Es hat dann bis in die 2000-Jahre gedauert, bis die Platte auf CD auf einer kuriosen Doppel-CD zusammen mit einer Aufnahme des Art Ensemble Of Chicago auch für mich verfügbar war. Ich schätze Originale Vinyls werden eingermaßen hoch gehandelt.

Ein umfassende öffentliche Diskographie gibt es hier. Mit etlichen Aufnahmen, die mir vollkommen unbekannt sind bis heute.

Anmerkungen

  • Art Blakey und den Jazzmessengers: Augenmerk auf „Recuerdo“ ab 6:00 – da geht Jarrett als früher 20-jähriger ins Klavier und spielt es wie man es in einem Stück von Henry Cowell kennt, eben als Saiteninstrument.
  • Bei Charles Lloyd mit „Bird Flight“ auf „Dream Weaver 1966 oder dann „East Of The Sun“ ab 4:47 mit solo, das dann in eine wilde Free-Phase mit Clustern übergeht (ab 6:12).
  • „Wonders“ und „Restoration Ruin“ sollen angeblich bis hin zum Gesang von Jarrett im Multitrack-Verfahren gemacht worden sein mit „Flowers in her hair“ … ist man ganz 1968. Das Streichquartett hat er sich dazu geholt.
  • Und: Habe ich heute auch zum ersten Mal gehört, Aufnahmen von „Marion Williams – Standing Here Wondering Which Way to Go“ – Sachen gibts. Gospel ohne Raspel. Eine herrliche Aufnahme. (Februar 1971).
  • 1970 auf „Live – Evil“ mit Miles Davis, zusammen mit zig anderen Keyboardern. „Funky Tonk“ [Recorded December 19, 1970 at The Cellar Door, Washington, DC] oder zuvor auf einer anderen Aufnahme „Honky Tonk“ [Columbia Studio E, New York City, 19. Mai 1970] auf der Spur elektrifizierten Jazz‘. Solo ab 17:14. auf „Funky Tonk“. Tatsächlich mit dem schon ausgebildeten Jarrett-Tonfall. Tonmodulationen auf einer Taste. Ganz allein zunächst. Single-Ton-Rock sozusagen. (Warum die bei Spotify mal Honky und dann Funky heißen.
  • 1971 mit Gary Burton. „Como En Vietnam” ganz im Geist der Zeit unterwegs. „Fortune Smiles“ beginnt harmlos aber schon ganz im Jarrett-Ton und dann …
  • Sprung zurück 1968. „Love Nr.1“ mit dem amerikanischen Trio (Paul Motian und Charlie Haden). Genialer Plattentitel „Live Between The Exit Signs“. Label war wohl „Vortex” (Strudel). Und danach zum Abschluss mit Bob Dylans „My Back Pages“ auf „Somewhere Before“. Oder 1971 in „The Morning Of a Star“ mit Joni Mitchells “All I Want”. Ach Kinners, wie die Zeit vergangen ist. Und Jarrett war damals um 1971 auch erst etwa 26 Jahre alt.


Radio-Tipp:

9.12.2017
22:03 bis 23:00 | SWR 2
SWR2 Jazztime: Anfänge eines Weltstars – Frühe Aufnahmen des Pianisten Keith Jarrett

Von Hans-Jürgen Schaal. Bevor Keith Jarrett mit dem „Köln Concert“ weltberühmt wurde, hatte er schon ein Jahrzehnt lang Jazzaufnahmen gemacht – im Trio mit Charlie Haden und Paul Motian, mit eigenen Quartetten oder auch als Sideman von Art Blakey, Miles Davis und Charles Lloyd. Seinen eigenen Weg suchte Keith Jarrett von Anfang an: Klavierstunden wollte er schon als 15-Jähriger nicht mehr nehmen, auch das Studium am Jazz-College in Berklee brach er einfach ab. Stattdessen packte er in sein Spiel alle möglichen Zutaten von Barock bis Country, von Rock bis Free, und experimentierte mit ganz verschiedenen formalen Ausrichtungen. Er fand dabei nicht nur zu seinem unverkennbar eigenen Tonfall am Instrument, sondern schuf eine neue und umfassendere Auffassung von Klavierspiel im Jazz, die zukunftsweisend war. Die Anfänge des späteren Weltstars Keith Jarrett bieten faszinierende Hörerlebnisse.


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