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Ausgabe September 1998

NOTES

"Jugend jazzt" – Landeswettbewerb Bayern

25 Jahre Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ)

Albert Mangelsdorff siebzig Jahre

Arbeitstagung des Bayerischen Musikrats

Arbeitstreffen des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern

Beryl Bryden & Nat Gonella gestorben

Gemeinsame Arbeitsphase und Konzerte des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern und des Landesjugendsymphonie-
orchesters

Jazz Rally 98 Düsseldorf

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Jazz Rally 98 Düsseldorf

Zum sechsten Male wiederholte sich vom 26. bis 28.Juni die Düsseldorfer Jazz Rally, organisiert von der "Destination Düsseldorf". Dieser Kulturverein ist ein Zusammenschluß von Großbrauereien, führenden Industrieunternehmen und der Messe Düsseldorf .Unter dem Vorsitz von Jürgen Schroer, der die eingelegten Gelder aus dem gemeinsamen Pool verwaltet, werden kulturelle Aktivitäten damit finanziert, so auch die Jazz Rally Düsseldorf. (Zum Nachmachen übrigens sehr zu empfehlen.) Über 100 Konzerte mit 78 Gruppen und Musikern aus 25 Nationen verwandelten die Altstadt Düsseldorf für 3 Tage in ein Mekka für Jazzfreunde und auch solche, die es werden wollen. Das sorgfältig mit viel Sachverstand und Fingerspitzengefühl zusammengestellte Programm bot für jeden Geschmack etwas. Auf große Stars wurde verzichtet, dafür kamen überwiegend deutsche Gruppen zum Zuge. Die "längste Theke Deutschlands", wie die Düsseldorfer Altstadt öfter genannt, swingte, was das Zeug hergab. Nahezu 170.000 Besucher waren begeistert von der Musik, die oft als Minderheitenkunst bezeichnet wird. Dies gelang dem Programmleiter, dem Düsseldorfer Schlagzeuger Peter Weiss, nicht etwa mit billigen Kompromissen in der Programmgestaltung, sondern mit einer gekonnt zusammengestellten Mixtur aus Swing, Latin und Oldtime Jazz. Wer sich aber für moderne Musik interessierte, kam in den kleinen, intimeren Spielstätten auf seine Kosten. So etwa im in der Kunsthalle befindlichen Kom(m)ödchen das Engstfeld/ Weiss Quartett, in der Kunstsammlung Heinz Sauers Ex-change, im Marionetten-Theater das Hugo Read Trio oder im Palais Wittgenstein die polnische First Class Formation Mozdzer/Pieronczyk Duo. Einen ungeheuren Zulauf hatte in der Deutschen Oper am Rhein das "Round midnight special" mit dem Siggi Gerhardt Swingtett . Die bereits seit vierzig Jahren bestehende Formation hatte als Gäste die große holländische Sängerin Greetje Kauffeld und ihren Landsmann Ack van Rooyen sowie Dusko Gojkovich eingeladen. Jazzbrunch dann am Sonntag im Düsseldorfer Hilton Hotel, im Hecker, im Hotel Nikko, im Lindner Hotel und Steigenberger Parkhotel. Danach ging’s weiter auf dem am Rathausplatz mit Swingboat, dem französisch-vietnamesischen Gitarristen Nguyen Le, der Greentown Jazzband, Matthias Bätzel-Roman Schwaller Quartett, der Greentown Jazzband, und zum Abschluß Jasper van’t Hof’s Pili Pili. Fazit: ein sehr gut organisiertes Jazzfest mit abwechslungsreichem Programm, das wohl den Anspruch erheben kann, Jazz auf lockere Art, aber durchaus qualitativ hochwertig , unters Volk zu bringen.

Manfred Rehm

 

Albert Mangelsdorff
siebzig Jahre

Wenn er zum geblasenen Ton noch einen zweiten dazusummt, entsteht dabei zusätzlich ein Oberton, der den für ihn typischen Klang erzeugt. Albert Mangelsdorff hat im Laufe der Jahre diesen Stil verfeinert, ihn zu seinem Markenzeichen gemacht. Doch nicht nur deswegen ist der Frankfurter Posaunist, der am 5. September 98 siebzig wird, zur Nummer Eins der deutschen und europäischen Szene geworden.

Albert Mangelsdorff, der als Zwanzigjähriger zufällig zur Posaune fand und dann nicht mehr von ihr lassen konnte ("Das Instrument hat mich fasziniert, weil es der menschlichen Stimme so ähnlich ist, gesangsähnlich gespielt werden kann") spielte nach dem Krieg Gitarre in einer Dixielandband. Bekannt wurde er, der sich am Vorbild des Cool Jazz orientierte, in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre im Quintett des damals prominentesten Jazzers auf der deutschen Szene, Hans Koller. Der Posaunist stieg zum Hoffnungsträger des deutschen Jazz auf und fand alsbald auch im Stammland des Jazz, den USA, Beachtung. 1958 wurde er zum Newport-Jazz-festival eingeladen, dem damals renommiertesten Ereignis seiner Art.

Unbeirrbar arbeitete Mangelsdorff an der Perfektionierung seines eigenen Stils, so daß er in den sechziger Jahren mit eigenem Quartett und Quintett den Amerikanern Paroli bieten konnte. Der Free Jazz schließlich brachte für Mangelsdorff die eigentliche Befreiung von der Dominanz großer Vorbilder aus den USA. In den siebziger und achtziger Jahren hat sich Albert Mangelsdorff weitgehend seiner Solo-Karriere gewidmet. Hartnäckig hat er seine einsame Kunst vorangetrieben, die weltweit – einmalig in ihrer Art – Beachtung fand. Und um sie nicht zu überhöht zu bewerten oder ihn gar als Erfinder des mehrstimmigen Spiels zu bezeichnen, hat Mangelsdorff in aller Bescheidenheit selbst auf die unbegleiteten Choräle verwiesen, die die Bläser der romantischen Periode, vor allem die Hornisten, gespielt haben.

Albert Mangelsdorffs Verdienste um den deutschen Nachkriegsjazz sind nicht hoch genug zu veranschlagen. Zur Verbesserung der Lage der Jazzmusiker hat er entschieden beigetragen: als solidarischer Kollege in Musikerorganisationen und Selbsthilfeunternehmen. Der 1986 mit dem Frankfurter Musikpreis geehrte ist außerdem Leiter des bedeutendsten deutschen Jazz-Festivals, des Jazzfests Berlin. Seit einem halben Jahrhundert steht der Jubilar, Vorbild für viele junge Musiker, auf der Bühne; fast dreißig Schallplatten unter eigenem Namen hat er vorgelegt. Mögen es noch viele mehr werden.

Reiner Kobe

 

Beryl Bryden & Nat Gonella gestorben

"Ma, He’s Making Eyes At Me" – auch nach ihrem Tod behielt er sie fest im Blick: Der bereits zu Lebzeiten legendäre Jazztrompeter Nat Gonella, dem der Tod der befreundeten Jazz-Sängerin Beryl Bryden am 14. Juli "völlig den Lebensmut genommen hatte", verstarb vergangene Woche im Alter von 90 Jahren. Beryl, die letzte "Red Hot Mama" des Jazz-Gesangs, hatte 1958 mit ihm zusammen das erfolgreiche Duett "Ma, He’s Making Eyes At Me" eingespielt und ihn auch bei seiner letzten Aufnahme 1997 begleitet. Als "Queen of the Washboard" trat sie , vor allem ab 1989, fast alljährlich in und um München auf. Zahlreiche Einspielungen mit namhaften Bands – insbesondere der europäischen Oldtime-Szene – sind sprechende oder vielmehr swingende Zeugnisse ihres speziellen Bluesfeelings und ihrer musikalischen Vielfalt.

Gonella, der in den dreißiger Jahren als Fan von Louis Armstrong unter führenden Bandleadern in London auftrat, ehe er seine legendäre Band "Nat Gonella and his Georgians" gründete, hatte sich bereits 1962 weitgehend aus dem Konzertleben zurückgezogen. Mit einer in den vierziger Jahren aufgenommenen Trompeten-Sequenz, die die Gruppe White Town für ihren Hit "Your Woman" gesampelt hatte, landete er 1997 jedoch unversehens einen Spitzenplatz in den Pop-Charts.

E.K.

Gemeinsame Arbeitsphase und Konzerte des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern und des Landesjugendsymphonieorchesters

Zum ersten Mal trafen sich Mitte Juni das Landes-Jugendjazzorchester Bayern und sein klassisches Pendant, das Landesjugendsymphonieorchester zu einem gemeinsamen Arbeitstreffen in Weikersheim. Nachdem anfängliche gegenseitige Skepsis ("Können Jazzer überhaupt Noten lesen?" – "Wo bleibt denn dem Musiker im Orchester Freiraum zur eigenen Interpretation?") Dank der hervorragenden Zusammenarbeit der beiden Orchesterleiter Harald Rüschenbaum und Hans Werner Albert schnell aus dem Weg geräumt wurde, kamen sich die jungen Musikerinnen und Musiker näher – was nach getaner Probenarbeit mit nächtlichen Sessions in abenteuerlichen Besetzungen (Geige, Keyboard, Schlagzeug, Harfe, Saxophon...) gipfelte. In drei gut besuchten Konzerten stellten die beiden bayerischen Jugend-orchester abschließend die Ergebnisse ihrer ersten gemeinsa-men Arbeitsphase vor (Stadtkirche Giengen an der Brenz, Mei-stersingerhalle Nürnberg, Schloßberghalle Starnberg).

Krönender Abschluß der kleinen Konzerttournee war auf Einladung der Bayerischen Landesbank ein Kurztrip nach Luxemburg. Dort umrahmten die beiden Orchester in Anwesenheit zahlreicher hochrangiger Vertreter aus Politik und Gesellschaft, allen voran Luxemburgs Regierungschef Jacques Santer, die Feiern zum 25jährigen Jubiläum der Niederlassung der Bayerischen Landesbank in Luxemburg. Mit vehementem Applaus honorierten die geladenen Gäste das Konzert beider Orchester.

Auf dem Programm der Symphoniker standen Leonard Bernsteins Candide Ouvertüre und Antonin Dvorak, Symphonie Nr. 9, außerdem das gemeinsame Stück für Erzähler, Jazz-Ensemble und Orchester von Gunther Schuller und die Kompositionen und Arrangements des mit "Free Way in Jazz" überschriebenen Programms für Big Band. Im weiteren Verlauf des Abends lockerte schließlich auch so mancher Banker Schlips und Kragen und feierte den Erfolg der jungen bayerischen Nachwuchskünstler in einer spätnächtlichen Jazz-Session mit, bei der noch-mals die gesamte "Bavarian First Herd" aufspielte.

25 Jahre Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ)

Die Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ) feiert in diesen Tagen ihr 25jähriges Bestehen. Auf Initiative des Konzertagenten Claus Schreiner trafen sich 1973 im Rahmen des Marburger Jazzforums rund sechzig führende deutsche Jazzmusiker, Pressevertreter und Musikfunktionäre, um sich mit der Situation der deutschen Jazzmusiker zu beschäftigen. Die Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ) wurde ins Leben gerufen, um die wirtschaftliche und soziale Lage der deutschen Jazzmusiker zu verbessern und ihre beruflichen Interessen zu stützen und zu wahren.

In den vergangenen 25 Jahren veranstaltete die UDJ 20 Jazzforen in verschiedenen Städten der Bundesrepublik mit Konzerten, zahlreichen Diskussionsrunden und Workshops zu jazzrelevanten Themen. Weiterer Höhepunkt im Wirken der UDJ ist die alle zwei Jahre statttfindende Ehrung einer Musikerpersönlichkeit durch die Verleihung des Albert Mangelsdorff Preises (Deutscher Jazzpreis). 1996 öffnete sich die UDJ durch eine Satzungsreform Bands, Musikerinitiativen, Landesarbeitsgemeinschaften und anderen Institutionen. Ein weiteres Zeichen der Erneuerung setzte die UDJ durch den Einzug mit anderen Bundesverbänden in das "Haus der Kultur" in Bonn.

Gemeinsam mit dem Jazzbüro Hamburg lädt die UDJ im September dieses Jahres zu einem bundesweiten Treffen der Jazz-musikerinitiativen Deutschlands nach Hamburg ein. Alle Initiativen sind aufgerufen, sich aktiv an der Vernetzung der Jazzszene in Deutschland und Europa zu beteiligen.

Kontakt: Union Deutscher Jazzmusiker e.V.,
Tel: 0228/ 26 12 99
Fax: 0228/ 209 12 20 http://www.udj.de
email: post@udj.de

Arbeitstreffen des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern

Vom 31.8. bis 4.9.1998 findet das 58. Arbeitstreffen des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern in Blaichach-Seifriedsberg bei Sonthofen/Oberallgäu im Jugendhaus Elias statt. Am 2. oder 3. September (je nach Wetterlage) ist das Orchester zur Bergfahrt und zum Abendessen auf der Bergstation des Nebelhorns/ Oberstdorf eingeladen und wird dort um 17 Uhr eine kleine Abendserenade auf der Dachterrasse spielen. Das Abschlußkonzert findet am 4. September im Kurhaus Oberstdorf statt.

"Jugend jazzt" –  Landeswettbewerb Bayern

Der Landeswettbewerb Bayern "Jugend jazzt" wird am 5. und 6. Dezember 1998 in der Musikakademie Marktoberdorf durchgeführt. Die Ausschreibung unterteilt sich in den Wettbewerb solo, zu dem Teilnehmer im Alter bis 16 Jahre (A I), bis 20 Jahre (A II) und bis 24 Jahre (A III) zugelassen werden, und in den Wettbewerb Ensembles, zu dem sich Teilnehmer bis 19 Jahre (B I) und bis 24 Jahre (B II) anmelden können. Die Ensemblestärke kann 2 – 9 Personen betragen. Stichtag für alle Altersgruppen ist der 1.11.1998. Alle Teilnehmer müssen den ersten Wohnsitz in Bayern haben und dürfen keine Berufsmusiker sein. Anmeldeschluß ist der 23. Oktober 1998.

Nähere Informationen:
Bayerische Musikakademie Marktoberdorf,
Tel: 08342/ 96 180
Fax: 08342/ 40 799
e-mail: 100530-317@compuserve.com

Arbeitstagung des Bayerischen Musikrats:

"Welche Rolle spielen Jazz, Rock und Pop in der Jugendkultur?"

Diese gemeinhin mit dem Schlagwort "Popularmusik" zusammengefaßten Sparten des Musiklebens spielen weit über das Musikfachliche hinaus eine maßgebliche Rolle, vor allem im gesellschaftlichen Umfeld der Jugendlichen. Dieser wachsenden Bedeutung innerhalb der Jugendkultur stehen vielerorts nur unzureichende Informationen für die jugendbzw. kulturpolitischen Entscheidungsträger und Multiplikatoren in Politik und Verwaltung gegenüber. Die Tagung hat sich daher das Ziel gesetzt, mit der Hilfe von ausgewiesenen Fachleuten zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme in die Wege zu leiten, bei der zugleich die Voraussetzungen für das Entstehen einer Jugendmusikkultur in diesen drei Bereichen Jazz, Rock und Pop analysiert werden. Es gilt Ansätze zu entwickeln, wie künftig vor allem die Kommunen, aber auch Ausbildungsstätten, Bildungseinrichtungen oder Institutionen für angewandte Sozial- und Jugendarbeit verstärkt zu Kooperationen mit den Vertretern der einzelnen Musikbereiche finden können, um Jugend-musikkultur im Sinne eines Netzwerkes zugleich als kulturpolitische Dienstleitstungsangebot auf breiter gesellschaftlicher Basis wirksam werden zu lassen. Anmeldeschluß ist der 25. September.

Weitere Informationen:
Bayerischer Musikrat
Tel: 089/ 523 40 54
Fax: 089/ 52 97 04