Aktuelle Ausgabe Jazz in München Jazz in Hamburg Jazz bundesweit
Ausgabe September 1998

KURZ ABER WICHTIG

Alexander’s Jazzband
Basmann, Günther
Beier, Chris
Bleckmann, Theo
Blues Company
Bluesgangsters
Böttcher, Gottfried
Chavis, Raquelle
Cidade Negra
Colligan, George
Cook, Marty
Cubanismo
Endresen, Sidsel
Euro Jazz Book 1998/99
Festival der Kulturen Brasil já
Funkability
Gazarov, David
Geisse, Gunnar
Haas, Alex
Hamburg jazzt
Hart, Billy
Heinzelmann, Mauretta
Henessey Jazz Search ’98
Herbolzheimer, Peter
Howard, Liz
Jesus Alemany
Jones, Al
Lê, Nguyên
Lutter, Andy
Mangelsdorff, Albert
Marcondes, Caito
Miranda, Marlui
Pöschl, Sunk
Reich, Steve
Riedl, Florian
Rodriguez, Alfredo
Rosentha, Ted
Rosenthal, Ted (2)
Schweizer, Christophe
SPOF
Stefinsky, Stefan
Stroeter, Rudolfo
Terry, Yosvany
Valle "Maraca", Orlando
Vestre Jazzvaerk
Vogler, Thomas
Weinzierl, Christoph
Wesseltoft, Bugge

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MÜNCHEN

Kaum sind die Tränen des Abschieds getrocknet, herrscht der Jubel des Neubeginns. Es ist soweit – die Unterfahrt zieht um. Nach Monaten der Vorbereitungen und zahlreichen schlaflosen Nächten kann Christiane Böhnke-Geisse ihre Künstler nun vom 10.9. an in die Einsteinstraße 42 laden. Die Genehmigungen sind erteilt, die Handwerker kümmern sich noch um die letzten Installationen und Korrekturen, damit zur spektakulären Eröffnung tatsächlich auch alles seinen Platz gefunden hat. Und so feiert die ganze Kulturkooperative Haidhausen vom 10.8. bis 13.8. das große Einstandsfest. Danach kehrt langsam der musikalische Alltag in den neuen Räumen ein. Dazu gehören die neuen Montagstermine für die bislang darbende Blues-Gemeinde. Alt-Haudegen Al Jones (14.9.) eröffnet diese eigene Veranstaltungsschiene, die Blues Company (21.9.) und die Bluesgangsters (28.9.) setzen sie an den folgenden Montagen fort.

bleckmann.jpg (6293 Byte)Neben der Euphorie angesichts der prominent besetzten Einweihungsfeier fürchtet Böhnke-Geisse ein wenig die Ernüchterung der folgenden Tage: "Für den folgenden Donnerstag haben wir zum Beispiel einen wunderbaren Sänger eingeladen. Theo Bleckmann kommt gemeinsam mit dem Pianisten Ben Monder (17.9.) und ist einer der wichtigsten jungen deutschen Vokalisten. Hoffentlich ist das Publikum nach dem Trubel nicht so geschlaucht, daß es dieses spannende Konzert übergeht". Darüber hinaus lokken den restlichen September über noch Musiker wie der Pianist und ehemalige Sideman von Gerry Mulligan Ted Rosenthal (19.9.), die Geschwister Sciubba mit ihrer Band SPOF (23.9.), der Posaunist Marty Cook mit seiner experimentellen Formation Fractal Gumbo (25.9.) und der franco-vietnamesische Gitarrist Nguyên Lê mit dem Trio Sand in Begleitung des grandiosen Kontrabassisten Renaud Garcia-Fons in die neuen Räumlichkeiten. So spielt jeden Abend Musik, und sonntags bleibt die Bühne offen für Session-Gäste.

(Anmerkung der Redaktion: Redaktionsmitglied Ralf Dombrowski trägt auch seinen Teil zum interessanten Eröffnungsprogramm bei. Live vor Publikum führt er am 11.9. im Theater I im Einstein ein Gespräch mit dem norwegischen Organisten Bugge Wesseltoft und der norwegischen Vokalistin Sidsel Endresen über deren Arbeit und Pläne. Jazz aus einer anderen Perspektive.)

Die Muffathalle hat sich für den Spätsommer einen besonderen Veranstaltungsschwerpunkt vorgenommen. Das Festival der Kulturen Brasil já (25.8.–9.9.) versucht in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Forum in einem umfangreichen Programm aus Theater, Tanz, Film und Musik die kulturellen Phänomene des südamerikanischen Landes vorzustellen. Jenseits touristischer Wahrnehmungsklischees geht es hier darum, die Vielfalt der musikalischen und gestalterischen Ausdrucksmittel zu präsentieren. Neben Cidade Negra (5.9., Muffathalle), der derzeit versiertesten afro-brasilianischen Reggae-Band, kann man vor allem Marlui Miranda bewundern. Die Sängerin indianischer Abstammung hat es sich zur Aufgabe gemacht, verschollene und vergessene musikalische Traditionen der Ureinwohner aus dem Amazonas-Gebiet unter modernen Vorzeichen wieder zu beleben. Gemeinsam mit dem Kontrabassisten Rudolfo Stroeter und dem Perkussionisten Caito Marcondes ist Miranda am 9.9. im Goethe-Forum, Dachauer Straße 122 zu Gast. (Zusätzliche Infos unter 089 / 45 87 50 10)

Als Musica Viva begann, sich in der Nachkriegszeit der Präsentation moderner klassischer Musik zu widmen, waren die Grenzlinien zwischen den einzelnen Klangkulturen noch weitgehend nachvollziehbar. Ein halbes Jahrhundert später wagt inzwischen kaum noch jemand, im Niemandsland zwischen Improvisation und Komposition eindeutige gattungsästhetische Urteile zu fällen. Alles ist miteinander vernetzt, und vor allem die sogenannten Minimalisten haben mit ihrer Reduktion musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten auf ein Minimum wesentlicher Merkmale, mit ihrer bis zur Ekstase getriebenen Repetitivik ostinater Motive zahlreiche wichtige Impulse für die Avantgardeund Experimental-Jazz-Szene gegeben. Wenn nun Musica Viva den Komponisten Steve Reich nach München lädt, um am 19.9. mit hervorragenden Musikern wie dem Ensemble Modern einige seiner Werke, wie etwa den 1.Akt seiner Video-Oper "Hindenburg", erstmals in Europa aufzuführen, dann ist das nicht nur eine kleine Sensation, sondern auch ein Pflicht-Termin für alle Liebhaber polyvalenter, grenzüberschreitender Klangwahrnehmung.

Noch einen weiteren Termin in der Muffathalle sollten sich Jazz-Fans in ihren Kalender eintragen. Denn am 16.9. findet dort die Endausscheidung des diesjährigen Henessey Jazz Search ’98 statt. Aus 480 eingesandten Tonbändern haben die Juroren das Anke Helfricht Trio, das Felix Astor Sextett und die Peter O’Mara Band als Finalisten ausgewählt, die in der dritten Runde dieses wichtigen Nachwuchspreises gegeneinander antreten werden. Als Stargast des Abends ist außerdem der 76jährige belgische Mundharmonika-Spieler und Gitarrist Toots Thielemans mit seiner Band zu hören. Young cats and old lions auf einer Bühne, ein reizvoller und abwechslungsreicher Abend.

Und sonst? Thomas Vogler hat es geschafft, trotz der Gebühren-Zange der Gema das erste Jahr zu überstehen. Unermüdlich und mehr denn je beliebt bei Musikern und Nachtschwärmern kultiviert der charmante Wirt die schönste Jazzbar Münchens in der Rumfordstraße 17 und ist fest entschlossen, an seinem Konzept der offenen Bühne mit Live-Musik bei zumeist freiem Eintritt festzuhalten. Bravo Vogler, weiter so!

Eine Viertelstunde Fußweg von der Isar entfernt, haben Jazz-Flaneure auch am Promenadeplatz wieder die Möglichkeit, sich bei angenehmen Melodien zu vergnügen. Denn nach dem sommerloch-gebremsten August-Programm, hat Katarina Ehmki für den September wieder spannende Gäste in den Bayerischen Hof geladen. Gleich zu Beginn stellt sich der Pianist Andy Lutter mit zwei verschiedenen Gruppen vor. Am 1.9. spielt er im Trio mit "Unserem Liebling" Alex Haas am Kontrabass und Sunk Pöschl am Schlagzeug. Tags darauf lädt er sich noch die Sängerin Raquelle Chavis und den Gitarristen Gunnar Geisse in die Band, um in manchen Standard frischen Wind zu bringen. Vom 3.9.–5.9. lokken Funkability mit Soul’n Funk in die Clubräume und vom 10.9.–12.9. kontert die Sängerin Liz Howard mit ihrer Variante schwarzer Musik aus New Orleans. Am 15.9. macht der Komponist und Posaunist Christophe Schweizer mit prominent besetztem Quartett im Bayerischen Hof Station. Unter anderem begleiten den vielbeschäftigten Musiker, der als Mitglied der Big Bands von Maria Schneider und George Gruntz in Erscheinung trat, George Colligan an der Hammond-Orgel und Billy Hart am Schlagzeug. Wer sich bereits am frühen Abend mit reizvollen Tönen umschmeicheln lassen will, hat außerdem jeden Donnerstag die Möglichkeit, von 19–22 Uhr den Pianisten David Gazarov und dessen kleine Konzertreihe in der Pianobar zu beehren.

Fritz Stewens hingegen macht erst einmal Pause. Seine Katakomben im Hofbräukeller "Jazz bei Fritz" bleiben den September über geschlossen. Aber nur, um mit neuer Power in den Herbst zu starten. Denn für den Oktober hat er ein mehrtägiges Oldtime-Festival geplant, eine Initiative, die eine lange schon klaffende Veranstaltungslücke im Münchner Musikleben schließen könnte. Das Feierwerk schließlich hält sich in Sachen Jazz auch noch zurück. Lediglich zwei Konzerte fallen in der Hansastraße 39 aus dem Rock-Rahmen. Am 21.9. ist die Band des Saxophonisten Florian Riedl "Liquid Loop" zu Gast, und am 30.9. kann man dort Stefan Stefinsky (sax), Christoph Weinzierl (b) und Günther Basmann (dr,vibes) hören. Außerhalb von München schließlich können sich am 25.9. im Ismaninger Kallmann-Museum (Schloßstraße 3b) Kultursuchende zu einem atmosphärischen Sonderkonzert mit dem expressiv-experimentellen Pianisten Chris Beier einfinden.

Bleibt noch ein Tip für Vernetzte. Seit Jahren bereits ist das Jazz-Institut in Darmstadt eine wichtige Anlaufstelle für alle Enzyklopädisten, Archivare, Jazz-Historiker und Musikhilfesuchende. Denn in Wolfram Knauers Datenbanken, Zeitungssammlungen und Bibliotheksbeständen findet sich so manche Information, an die man sonst nur schwer herankommt. Der neueste Service, den das Institut inzwischen anbietet, ist ein Wegweiser Jazz, der als deutschlandweites Clubund Festivalverzeichnis internetbewanderte Musikfreunde informiert. Näheres darüber kann man auf der Darmstädter homepage unter der etwas länglichen Adresse
http://www.darmstadt.de/kultur/ musik/jazz.html nachlesen.

Ein wichtiger Service, der an Informationsgehalt nur noch vom hervorragenden Euro Jazz Book 1998/99 übertroffen wird (zu beziehen über Rattay Music, Bismarkstraße 39, 52066 Aachen, Tel. 0241 / 53 36 76). Denn in diesem universellen Nachschlagewerk finden sich zahlreiche wichtige Kontakt-adressen von Organisationen, Festivals, Clubs, Netzwerken, Schulen, Agenten, Plattenfirmen und Medienvertretern, die den Jazz in Europa am Laufen halten. Unentbehrlich für alle, die sich für mehr als nur CDs und Konzerte interessieren.

In letzter Minute: Alexander’s Jazzband spielt diesen Monat an drei Orten auf. Am 4.9. beim Oberen Wirt in Frieding (19.00), am 6.9. in der Entenalm in Strasslach (11.30 Uhr) und natürlich wie immer jeden Sonntag in der Lochhamer Einkehr zum Frühschoppen (12.00 Uhr).

RALF DOMBROWSKI

 

HAMBURG

If it feels good once, do it again! Nachdem die Band Cubanismo mit ihrer Debüt-CD großen Erfolg errungen hatte, konnte diese Cuban-All-Star-Band um den Trompeter Jesus Alemany natürlich nicht die Segel streichen, sondern es ging gleich auf große Fahrt. Wer eine Big Band erleben will, die sowohl von afro-cubanischer Musik wie auch vom Jazz geprägt ist, sich aber doch eher zu den Roots aus Cuba bekennt, der sollte dieses Konzert am 9.9. in der Fabrik nicht verpassen. Mit in der All-Star-Besetzung sind unter anderem noch Alfredo Rodriguez am Piano, der Flötist Orlando Valle "Maraca" sowie der Saxophonist Yosvany Terry.

Am 11.9. kommt mit Vestre Jazzvaerk eine dänische Band in den Cotton Club, die sogar schon die Ehrenbürgerwürde in New Orleans, der Geburtsstadt des Jazz, erlangt hat. Die sechs Musiker spielen in einer klassischen Besetzung (Trompete, Klarinette, Posaune, Banjo, Kontrabaß und Schlagzeug) und sind schon seit Mitte der siebziger Jahre in dieser Formation unterwegs. Dabei konnte eine Reihe von Preisen, Festivalauftritten und Auszeichnungen erspielt werden, neun Plattenaufnahmen sind bereits im Handel. Präzision und Spielfreude gehören zu den Dänen, die ein buntes Programm aus bekannten Liedern der New-Orleansbis Swing-Ära zum Besten geben.

Der Klaviervirtuose Ted Rosenthal verdiente sich seine Sporen unter anderem im Gerry Mulligan Quartett oder in der Zusammenarbeit mit James Moody, Art Farmer oder David Sanborn. Danach hat er mit einigen Symphonieorchestern zusammengespielt, und auch als Journalist und Lehrer in "the educational arena" kommt er weit herum. Als Leader eigener Bands legte er bereits fünf CDs vor, auf denen schon Ron Carter, Billy Higgins und Eddie Gomez mit von der Partie waren. Rosenthals Stil ist von Thelonious Monk geprägt, er spielt in Mainstream-Manier sowohl Standards als auch Eigenkompositionen. Am 4.9. ist er mit seinem Trio im Birdland zu hören.

Ein Festival der gänzlich anderen Art bricht am 12.9. über die Hamburger herein: Unter dem Motto "Hamburg jazzt" spielen einen Tag lang so grundverschiedene Musiker wie Gottfried Böttcher und das Jazzflötenensemble einer Jugendmusikschule an so unterschiedlichen Orten wie dem Gänsemarkt, dem Hauptbahnhof, in U-Bahnhöfen, in der Rathauspassage, den Landungsbrücken ... und im Curiohaus. Als Kuriosität fährt ein "Jazz Train", vier Sonderzüge des HHA auf der alten Linie der U3, zwischen diesen ganzen Auftrittsorten hin und her – natürlich wird bereits im Zug Musik gespielt. Zwischendrin gibt es noch einen Heißluftballon auf der Moorweide, und insgesamt spielt eine schier unglaubliche Vielzahl von Bands – teilweise nur fünf Minuten. Im Curiohaus gibt es um 15 Uhr "Jazz for Kids", und am Abend spielen das Landesjugendjazzorchester Hamburg und das Bundesjazzorchester unter Leitung von Peter Herbolzheimer sowie die Preisträger des Wettbewerbes "Jugend jazzt". Das Ganze dauert von 11 bis 15 Uhr und geht im Curiohaus bis in die Nacht weiter. Unterstützt wird diese Aktion unter anderem von Landesmusikrat, VdM, Kulturbehörde, den Staatlichen Musikschulen, Konservatorium und Hochschule ...

 Zur Vernissage der Bildhauerin Marina Büning am 9.9. um 19 Uhr in der Bücherhalle Ottensen (Einkaufszentrum Mercado-Altona) gibt Mauretta Heinzelmann eine Soloperformance ; mit Posaune, Geige und Stimme wird sie die Ausstellung "Gefährten" auf den Weg schicken.  

Mangelsdorff.jpg (12183 Byte)Die NDR Big Band gratuliert Albert, nämlich am 10.9. in der Fabrik. Albert Mangelsdorff spielt mit seinem Quintett, danach gibt’s congratulations von Seiten der Big Band (Leitung: Dieter Glawschnig), und zwar vor allem Kompositionen des Posaunisten, der schon öfter mit der Band zusammengespielt hat. Das Konzertprogramm wird drei Tage später in Frankfurt wiederholt. Eine kleine Fahrt ins Grüne unternimmt die NDR Big Band zwischen dem 18. und 20. September nach Bleckede zum Kurzfestival "Jazz im Schloß". Neben dem normalen Big-Band-Programm werden noch einzelne Bandmitglieder in verschiedenen Formationen zu hören sein, außerdem die Big Band "Blechschaden" aus Lübeck.

DIRK MEISSNER

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