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Ausgabe Juli/August 1998

MEMORIAL

Konzert für Attila Zoller

New Yorker Jazzgemeinde versammelte sich in der St. Peters Church in Manhattan

Autorin: Johanna Gerl

Foto: Helmut Kagerer

In der St. Peters Lutheran Church fanden schon Memorials für Größen wie Thelonious Monk, Miles Davis, Don Pullen, Gil Evans oder Sun Ra statt. Am 30. April erwiesen in St. Peter's zahllose Musiker, Freunde und Fans dem im Januar verstorbenen Gitar-risten Attila Zoller die letzte Ehre. Unter musikalischer Leitung von Pianist Don Friedman, Freund und musikalischer Weggefährte Attilas seit den frühen Sechzigern, strömte eine nicht enden wollende Reihe von herausragenden Musikern auf die Bühne, um Attila ihr "Good Bye" zu spielen. Zwischen den einzelnen Darbietungen sprachen Freunde und Kollegen persönliche Abschiedsworte.

Den Abend eröffnete eine Quartettformation um Don Friedman und Lew Tabackin (ts) mit einer bluesigen Ballade, die Attila seiner Tochter widmete: Alicias Lullabye. Nächster war Pianist Fred Hersh mit einem sehr verhalten gespielten "Body and Soul" als Solo-Piano Stück, von ihm ausgewählt aufgrund der intensiven spirituellen und körperlichen Präsenz Attilas. Ein Quintett um Gitarrist und Bassist Ron McClure trug mit "Alone Together" eines von Attilas am liebsten gespielten Stücken vor, "dicht gefolgt" vom Quintett um die Pianistin Peggy Stern, die Attila eine kammermusikalische Komposition widmete. Als besonderer Ehrengast kam Clark Terry auf die Bühne, der, begleitet von Don Friedman, Terry Clarke (dr) und Marcus McLare (b) mit erstaunlicher Vitalität lange lyrische Linien auf seinem Flügelhorn spielte, obwohl er auf dem Weg zur Bühne gestützt werden mußte. Mit seinem entspannt swingenden Schlagzeug-Solo erwies anschließend Chico Hamilton seinem alten Freund die Ehre. Er sprach aus, was viele dachten: bei dieser Versammlung von Musikern habe er das Gefühl, als müsse Attila jeden Moment auftauchen und ihm mit einem "Yeahman, Chico, you played great — sometimes" auf den Rücken klopfen. Weiteres Highlight des Abends war eine ungewöhnliche musikalische Konstellation: Ein Duo von zwei Gitarristen völlig verschiedener Stilrichtungen — Gene Bertoncini, ein sanfter Melodiker auf der Konzertgitarre und Vic Juris, modern-rockig auf der E-Gitarre — spielte mit Mike Formanek (b) und Terry Clarke (dr). Während ihres "Stella by Starlight" stieg, mit bekannt warmem Ton und expressiver Spielweise, einer der herausragendsten Musiker unserer Zeit ein: Joe Lovano.

Nicht alle Freunde konnten persönlich anwesend sein. Zum Vortrag diverser Fax-Botschaften unterbrach Don Friedman das musikalische Programm: Lee Konitz, wahrscheinlich der langjährigste enge Freund von Attila, schickte ein Fax aus Köln, in dem er an ihn als herausragenden Musiker und besonderen Menschen erinnerte. Der ungarische Botschafter bei den Vereinten Nationen und der Gitarrist John Abercrombie faxten ebenso wie Joe Zawinul, der auf diesem Weg unter anderem daran erinnerte, wie Attila ihn einst nächtlicherweise um den Wiener Stephansdom jagte, im Kampf um einen irrtümlich annektierten Mantel. Don Friedmans anschließende persönliche Rede hob besonders die Eigenschaften Attilas hervor, die ihn für die meisten, die ihn kannten, charakterisierten und liebenswert machten: seine Musikalität, seine Menschenfreundlichkeit, Sensibilität und sein leidenschaftliches "ungarisches" Temperament.(Kurva!!). Mit einem sehr melancholischen Piano-Solo spielte er schließlich seine Komposition für Attila: "From A to Z." Weiter erinnerten die Tochter Alicia und Howie Brofsky, Vermonter Freund und Bebop-Professor, an Attila, bevor die Combo seines Vermont Jazz-Centers mit Howie Brofsky (tp), Ron McClure (b), Pete Yellin (as) und Barry Altschul (dr) Attilas Walzer mit an Bill Evans erinnernden Harmonien spielte: "Meant to be". Der Abend klang aus mit einer Band um den Trompeter Claudio Roditi, wiederum mit Don Friedman am Flügel. Nicht spielende Zuhörer waren unter vielen anderen Jim Hall und die Pianistin Toshiko Akijoshi. Anwesend waren außerdem eine Unzahl von Gitarristen, darunter Peter Bernstein, Helmut Kagerer, Andrej Riabor, Steve Berger und Woody Mann, die Attila aus verschiedenen Gründen besonders verbunden waren. Organisiert wurde der Abend von Brian Boucher, einem guten Freund Attilas und Ehemann der verstorbenen Pianistin Vera Auer. Sein Kommentar zum Irrtum der deutschen Zeitungen, die die Todesmeldung drei Tage zu früh brachten: So wie er seinen sich ewig im Krieg mit der Pünktlichkeit befindenden Freund kannte, hatten wahrscheinlich die Zeitungen recht und Attila kam wieder mal zu spät. Attilas Asche wurde in seinen Lieblingssee in Vermont gestreut, in dem er immer schwimmen gegangen war.

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