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Ausgabe Juli/August 1998

FESTIVAL

Klaviersommer '98

Stars und Spezialitäten beim Münchner Festival-Klassiker

Autor: Ralf Dombrowski

Man hat sich daran gewöhnt. Alle Jahre wieder findet in München der Klaviersommer statt. Seit 1981 versammeln sich Jazzmusiker aller Sparten für ein paar Wochen im Juli auf den Bühnen von Clubs und Konzertsälen. Manch einer ist wie Oscar Peterson bereits zum verläßlich swingenden Pflichttermin geworden. Andere nützen das Forum, um sich in immer neuen Verwandlungen zu präsentieren. Die Idee der Fusion der Gattungen allerdings, die in den ersten Jahren der Veranstaltungsreihe zu Begegnungen zwischen Musikern wie Friedrich Gulda, Nicolas Economou, Martha Agerich und/oder Chick Corea führte, verschwand im Laufe der Zeit zugunsten eingängigerer und auch, aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus, publikumswirksamer Acts des Jazz-Lebens.

Doch die Konkurrenz schläft nicht. Mit wachsender Begeisterung haben sich die Veranstalter des Tollwood-Festivals der improvisierten Musik angenommen. Seit dem vergangenen Jahr locken auch die hochkarätig besetzten Konzerte in Schloss Elmau in den bayerischen Bergen nahe Garmisch-Partenkirchen mit attraktiven Angeboten. Profil ist mehr denn je gefragt. Und auch ein wenig Mut zu unkonventionellen Terminen, die über die eh auf Europas Sommerfestivals präsenten Stars hinaus dem Klaviersommer eine eigene, charakteristische Note geben. "Wir sind stolz darauf, auch in diesem Jahr eine ganze Reihe mit ungewöhnlichen Konzerten in der Lukaskirche anbieten zu können", kommentiert Christoph Höfig vom Münchner Kulturreferat eine dieser Spezialitäten. So versammeln sich wie schon erstmals 1997 an fünf Abenden im atmosphärischen Kirchenraum am Mariannenplatz nicht nur reizvolle Kleinbesetzungen wie das Duo der Perkussionistin Robyn Schulkowsky mit dem Hornisten Martin Mayes (21.7.) unter dem Motto "The Art Of Dialogue". Es ist darüber hinaus auch gelungen, am 18.Juli John Surman mit seinem Crossover-Projekt "Proverbs and Songs" zu verpflichten, das mit der Verbindung von Chor, Orgel und den virtuosen Saxophonlinien des Komponisten und musikalischen Leiters ein besonderes Klangerlebnis zu werden verspricht.

So haben die Veranstalter der Agentur LOFT in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München und dem Hotel Bayerischer Hof heuer insgesamt ein Augenmerk darauf gelegt, neben den illustren Gästen aus aller Welt einige Projekte und Musiker zu featuren, die man in München bislang kaum oder noch gar nicht zu hören bekam. Der Opener des Klaviersommers am 10.Juli ist mit Carla Bleys "Escalator Over The Hill", einer spannenden, aber sperrigen musikdramatischen Umsetzung der Texte von Paul Haines, in der Philharmonie bereits ein Zeichen, daß neben Al Jarreau und George Benson auch komplexere, gewagtere Töne angestimmt werden. Immer wieder finden sich diese herausfordernden Akzente im Programm, sei es das Konzert des tunesischen Oud-Spielers Anouar Brahem im Trio mit Dave Holland und John Surman (17.7.) oder auch der Auftritt des aserbeidschanischen Alim Qasimov Ensembles (18.7.), das mit seiner Version zeitgenössischer Mugham-Folklore dem in Deutschland dominierenden Geschmacksmonopol Aziza Mustafa Zadehs kreative und neue Impulse entgegensetzen wird. Es tut sich was in Richtung Offenheit und Engagement. Und das ist so sinnvoll wie notwendig, will der Klaviersommer auch in Zukunft bleiben, was er im Programmheft zu sein verspricht: ein "Kulturereignis von Weltruf".

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