Aktuelle Ausgabe Jazz in München Jazz in Hamburg Jazz bundesweit
Ausgabe Juni 1998

NEUE CD

Nils Wogram

Speed Life

enja 9346 2

Autor: Claus Lochbihler

Ob "Jazzkantine" oder Richard Wagner, "Jugend musiziert" oder Frank Rosolino Scholarship: Der deutsche Posaunist Nils Wogram (geb. 1972) kann bereits in jungen Jahren auf einen erstaunlich vielfältigen Werdegang zurückblicken, der scheinbar mühelos auch die unterschiedlichsten musikalischen Ausdrucksformen in sich vereint. Auf der aktuellen Einspielung seines jungen Quartetts mit Jochen Rückert (dr), Nicolas Thys (b) und dem exzeptionellen Simon Nabatov am Piano zeigt sich Wogram ganz von seiner abgedreht-experimentellen Seite. Die skurrile Programmatik seiner Musik kündigt sich bereits in den Titeln der neun Eigenkompositionen an: "Alien' s Earworm", "The Beauty Of Meat", ""King Of Trash", "Annoying Neighbour". Hinter solch bizarren Namen verbirgt sich Musik, die sehr packend und kompromisslos mit den Übergängen zwischen zeitgenoössischem Jazz, freien Formen und der "New Improvised Music" spielt. Daß sich auch immer wieder starke Anklänge an die Moderne Klassik einstellen, hat vor allem mit Simon Nabatov zu tun, der hier zu hundert Prozent seine musikalische Sozialisation zwischen Moskauer Konservatorium, dem Mississippi Jazz-Club in Rom und der New Yorker Szene einbringen kann. Mit der Inspiration des wahrhaft Besessenen lässt Nabatov, der letztes Jahr live an der Seite des Saxophonmisten Arthur Blythe zu bewundern war, Be Bop, Stride-Reminiszenzen (Wograms "Newsed", mit seinem cool-jazzigen Thema), impressionistische Voicings, Spätromantizismen und expressionistischen Tasten-Donner ineinanderfliessen. Kein leichtes, ein den Hörer forderndes, aber fraglos lohnendes Album!
Home