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Ausgabe Mai 1998

BUCH

Die Musik im Zentrum der Biographie

Jürgen Schwab:
Die Gitarre im Jazz.

Zur stilistischen Entwicklung von den Anfängen bis 1960

ConBrio Fachbuch Band 7, Regensburg 1998

Autor: Claus Lochbihler

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Die Gitarre im JazzMit der Neugier des praktizierenden Musikers und Jazzdozenten, dem Darstellungsvermögen des Journalisten und den Analysemethoden des Musikwissenschaftlers legt Jürgen Schwab eine Monographie vor, die nicht nur wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sondern auch verständlich und spannend geschrieben ist. In deutscher Sprache die fraglos beste und genaueste Darstellung der Entwicklung der Jazzgitarre von den Anfängen bis hin zu Wes Montgomery. Im Gegensatz zu vielen anderen Monographien stellt Schwabs benutzerfreundliches 339 Seiten-Opus (Glossar, Register, zusammenfassende Passagen etcetera) nicht die allseits bekannten Biographien, sondern die Musik der von ihm untersuchten Gitarristen in den Mittelpunkt. Zugleich beschränkt es sich intelligent auf eine repräsentative Auswahl an Gitarristen der 20er bis 60er Jahre, da nur ein solcherart "eingeschränkter Blickwinkel" es erlaubt, "sich die Dinge genauer anzuschauen" (J. Schwab).

Eine Übersicht beginnt bei den Jazzgitarristen der zwanziger Jahre: Johnny St. Cyr und Bud Scott – "Stilisten des New Orleans Jazz"; Lonnie Johnson und Eddie Lang – "Pioniere der Jazzgitarre"; Snoozer Quinn – "verkanntes Genie oder Spätentwickler?"; Django Reinhardt – "genialer Virtuose"; Charlie Christian und der Wechsel zur E-Gitarre –"guitar as a horn"; Oscar Moore - "comping auf der Gitarre"; George van Eps – "Akkordmelodietüftler". Mainstream und BeBop: Barney Kessel – "die Synthese von Christian und Parker"; Tal Farlow - "Gitarrenbebop". Gitarristen des Cool Jazz: Billy Bauer – "der erste Gitarrist des Cool Jazz"; Jimmy Raney – "Bird on a string goes cool"; Johnny Smith – "der Perfektionist". Gitarristen des Hard Bop: Kenny Burrell – "zurück zu den Wurzeln", Wes Montgomery – "straight from the heart".

Auf der Grundlage von repräsentativen, sorgsam ausgewählten und transkribierten Aufnahmen erarbeitet Schwab für all diese Gitarristen eine ebenso akribische wie umfassende Analyse von Personalstilen, an denen er die komplexe und spannende Entwicklung des Jazzgitarrenspiels aufzeigt. Sehr viel genauer und umfassender als bisher wird so das stilistische, spieltechnische und konzeptionelle Profil der von Schwab untersuchten Gitarristen deutlich: Wer spielte wann und weshalb eine innovative Rolle? Welche Einflüsse waren wirksam und welche Bedeutung besaß die Kunst eines Eddie Lang, George van Eps, Django Reinhardt .... für die nachfolgenden Saitenkünstler (und darüber hinaus)? Vor dem geistigen Auge und Ohr des Lesers entsteht dabei nicht nur ein ungemein ausdifferenziertes Beziehungsgeflecht gitarristischer Einflüsse und Schulen, sondern auch ein gesteigertes Bewußtsein für die Stellung der Gitarre im Jazz, die sich eben nicht auf ein stilistisches "Hinterherhinken" reduzieren läßt. Ob Schwab wohl irgendwann die Zeit und Muse für einen Folgeband (von 1960 bis heute) zu dieser hervorragenden Darstellung finden wird?