Aktuelle Ausgabe Jazz in München Jazz in Hamburg Jazz bundesweit
Ausgabe April 1998

NOTES

 

 

Home

Lehrer-Big-Band in Italien
Joe Viera goes Italy! Natürlich nicht alleine, er folgt mit seiner Lehrer-Big-Band Bayern einer Einladung zu drei Konzerten nach Italien. Die Termine: 15.4. Asiago, 16.4. Bassano, 17. 4. Feltre. Zum Warmspielen tritt die Formation am 13.4. in Lindenberg im Allgäu an. Last not least sei auf das Konzert von Bandleader Joe Viera im Duo mit Hans-Jürgen Bock im Rahmen des Festivals Wendelstein hingewiesen.

Wer ist Jan Schröder?
Diese Frage bewegte seit Oktober 1997 etliche der zahlreichen ostbayerischen Fans der Jan Schröder Big Band. Am 5. April lüftet sich das Geheimnis um diesen Bandleader, der zwar alle Proben seiner Big Band leitete, aber kein einziges Konzert. Und damit ist diese Nachricht eigentlich schon wieder hinfällig, denn das erste Konzert unter seiner Leitung wird gleichzeitig auch das letzte sein. Deshalb wurde die Band umbenannt in "Summit Jazz Orchestra". Und wer leitet nun eigentlich dieses Orchester? Und wer war gleich wieder Jan Schröder? Ach so, den lockt jetzt das Ausland. Aber bevor er geht, leitet er noch den Auftritt des "Summit Jazz Orchestra" am 5. April im Leeren Beutel (Regensburg).

Alexander von Schlippenbach – 7. April 1938
Keine Zeit für Geburtstagskonzert –
Auftritte beim Workshop freie Musik Berlin
Vor 44 Jahren hatte er den ersten öffentlichen Auftritt. Im Frankfurter Jazzkeller. Dorthin war Alexander von Schlippenbach 1954 mit seinem Freund, einem Bassisten, getrampt. Unmittelbar nachdem die beiden aus einem Internat geflogen waren. Im Jazzkeller, in den 50er Jahren das unbestrittene "Mekka" des aufkeimenden deutschen Jazz, hörte sie Günter Boas und engagierte das unbeleckte Duo vom Fleck weg als Vertretung. Am nächsten Tag erlebten die jugendlichen Draufgänger im "Rosa Elefanten" also nicht nur das berauschende Gefühl im Mittelpunkt zu stehen und wer zu sein, sie wurden auch noch bezahlt dafür. "Eine ziemliche Katastrophe", urteilt der Pianist, Komponist und Arrangeur heute über seinen improvisierten Einstieg in die Welt professionellen Musikmachens. Zu der Zeit hatte der Knabe aber bereits fast zehn Jahre Klavierunterricht hinter sich und in Schülerbands Blues und Boogie-Woogie gespielt. Das forsche Auftreten hatte also durchaus einen Hintergrund.
Am 7. April wird Alexander von Schlippenbach 60 Jahre alt. Für die Jazzwelt ist sein Name untrennbar mit einem Projekt verbunden: dem Globe Unity Orchestra. Obwohl er mit anderen Bands und Konzepten bis heute höchst aktiv ist – seinem "ewigen" Trio mit Evan Parker und Paul Lovens, den Duos mit Sven Ake Johannson und der Pianistin Aki Takase, dem Berlin Contemporary Jazz Orchestra – begründete er mit der ersten Big Band des europäischen Free-Jazz seinen Ruf als Pionier, Neuerer, Avantgardemusiker und eigenwilliger Arrangeur. 1966 anläßlich der Berliner Jazztage gegründet, entwickelte sich das Globe Unity Orchestra zum erfrischendsten, aber auch künstlerisch aufregendsten Beispiel, wie eine freie Musizierpraxis im herkömmlichen Big Band-Kontext umgesetzt werden kann. Das Spannungsfeld, in dem sich das Orchester bewegte, wird explizit durch die Produktionen "Improvisations" und "Compositions" erhellt. Wie zahlreiche der fast 50 Tonträger, auf denen Schlippenbachs enorme künstlerische Produktivität als Solist, Komponist und Improvisator kontinuierlich dokumentiert ist, sind die meisten Aufnahmen des Orchesters bei Free Music Productions (FMP) erschienen. Das Label ist gewißermaßen Teil der künstlerischen Heimat Schlippenbachs, die man auch ein weltweites Netzwerk zahlreicher Free Jazz- und Improvisationsmusiker nennen könnte. Verbunden ist er auch mit seiner Geburtsstadt Berlin, wo er unterrichtet, und die ihm 1976 einen städtischen Kunstpreis verliehen hat. Mit dem Schallplattenpreis der Union deutscher Jazzmusiker, der leider ziemlich ineffektiven UDJ, ist er 1980/81 ausgezeichnet worden und den jüngsten Sprößling im dürren Geschäft der Jazzpreise, den Albert-Mangelsdorff-Preis, erhielt er 1994. Kontinuität und Veränderung, Neuerung sind zwei Seiten des brillanten, ursprünglich von Monk und Cecil Taylor beeinflußten Pianisten, die permanent ineinander greifen. "Gerade im Trio mit Evan Parker und Paul Lovens packen wir jedesmal etwas Neues an, weil wir niemals etwas anderes gemacht haben, als frei improvisierten Jazz zu spielen. Es hat so einen musikalisch festen Boden unter den Füßen bekommen und wird hoffentlich noch lange bestehen." In diesem, als Hoffnung geäußerten Wunsch steckt Schlippenbachs Absicht, "noch lange produktiv zu bleiben", deutlich drin. Auch zur Zeit ist der Musiker so produktiv und ausgelastet, daß "im April für Geburtstagsaktivitäten keine Zeit bleibt, weil wir den ganzen Monat unterwegs sind". Zwei Tage nach seinem Geburtstag ist Alex von Schlippenbach in Berlin beim Workshop freier Musik zu hören, der seit vielen Jahren um Ostern herum von FMP veranstaltet wird. "Im Mai", soviel verrät er immerhin, "wird eine größere Privatparty veranstaltet, zu der viele Musiker und Freunde kommen". Labelmanager Jost Gebers, der seinen eigenen Geburtstag am liebsten ganz aus der Welt schaffen würde, wird sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen, einen seiner dienstältesten Künstler bei FMP mit einer musikalischen Überraschung zu gratulieren.

MICHAEL SCHEINER