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Ausgabe März 1998

JUBILEE

20 Jahre jung:
"The Veterinary Street
Jazz Band"

Autorin:
Marlis Moll

Diese "Jungs" könnte man sich locker auf einem Pferdefuhrwerk in der Bourbon-Street oder an der Ecke Perdido/Franklin Street vorstellen, flankiert von einer kühnen "battle" mit den "boys" von Joe King Oliver.

Jedoch die Wiege (Probenraum) der Jazz-Band befindet sich 1978 im Erdgeschoß der Schwabinger Veterinärstraße Nummer 3 und die restlichen Wohnheimstudenten halten ihre Musik für "markerschütterndes Getöse!" Hinter der Universitäts-Tierklinik im Englischen Garten erzittern sogar die Buschwindröschen und Himmelschlüsselchen bis hinauf zum "Monopteros". Weil sie das alles nicht so stehenlassen wollen, wählen sie ihn zum Label und nennen sich fortan "The Veterinary Street Jazz Band". Zwei Jahre später greift sich Hans Reidel, Gründer, Chef, "Papa" und früherer Pianist, ein paar Klarinetten und Saxophone und sorgt somit, gemeinsam mit Xaver Frühbeis, für den heute so typischen Holzbläser-Satz. Bruder Stefan Frühbeis stellt seinen Kontrabaß in die Ecke und erwirbt aus einem Second-Hand-Laden die erste Tuba seines Lebens. Dem so unüberhörbaren Sound von King Oliver, Fletscher Henderson und Clarence Williams kann ab sofort ausgiebig gefrönt werden. Ein organischer Zusammenklang ist der "Veterinary Street Jazz Band" wichtiger, als die solistische Entfaltung einzelner Musiker.

"Trotzdem oder gerade deshalb funktioniert solch eine Band nur unter einer Diktatur. Einer muß arrangieren, Termine und Proben ansetzen, Auftritte aushandeln, Plattentexte verfassen, Musikstücke auswählen und so weiter. Natürlich auch die Kleiderordnung bestimmen, um Jeans-Katastrophen abzuwenden! Das alles macht "Papa" und der bin ich", sagt Hans Reidel stolz. Er spielt heute Saxophon und Klarinette. Ab 1983 formiert sich die Band aufs Neue. Dieter Lauterbach (cornet) wechselt von der "Allotria Jazz Band" herüber. Später folgt ihm der Pianist Achim Scherz. Xaver Frühbeis hört ganz auf.

Nach einem kleinen Repertoire an Standardstücken, holt sich die Band bald neue wunderbare Stücke aus dem Archivschlaf. Die Fangemeinde ist groß und treu und folgt ihnen, wohin auch immer. Dafür belohnt die "Veterinary Street Jazz Band" sie aber auch mit wöchentlichen Jazzkonzerten. Geradezu einmalig für eine Münchner Band, ebenso ihr Spiel-Podium im "Wirtshaus zum Isartal", wo sie jetzt seit 12 Jahren den vierten Wirt "aussitzen".

In den ersten acht Jahren will die VSJB keine Plattenaufnahmen machen, aus Skepsis und Vorsicht. Als sie in den 80ern eine fünfjährige Bleibe in der "Harlachinger Einkehr" findet, hat Jazz-Fan Joachim Bublath nicht weit zu gehen. Auf der Suche nach einem passenden Rahmen seiner neuen technischen Experimentier-Show, trifft er hier 1986 ins Schwarze. "Ain’t She Sweet" soll zum Erkennungshit der ZDF Knoff-hoff Show werden und verhilft der "Veterinary Street Jazz Band" zu europäischer "Mattscheiben-Berühmtheit".

Im Dezember 1986 kann sie der Schweizer Musikproduzent Hans Oestreicher zu ihrer ersten Schallplattenaufnahme überreden. Elf ausgewählte Stücke erscheinen bei dem Label "Elite special" mit dem passenden Titel "Dreaming The Hours Away" und werden ein ungeahnter Erfolg. Es folgen zahlreiche weitere LPs, MCs und CDs:Inzwischen liegen sie bei mehr als 50.000 verkauften Tonträgern.

Eine Einladung zum "Metro Jazz Festival" in Los Angeles, gibt der Band 1989 die Gelegenheit, ihr Verständnis für den amerikanischen Hot Jazz durch Vor-Ort-Studien zu vertiefen. Hier erhalten die Münchner eine Auszeichnung, auf die sie besonders stolz sein können. Als einzige von 30 anwesenden Bands wird der VSJB das Prädikat "authentischen schwarzen Jazz" zu spielen verliehen. Auch in Münchens einst verhöhntem und heute geliebtem Musentempel am Gasteig, feiert die VSJB Erfolge. Unter dem Motto ,,Jazz trifft Klassik" wird das Jahr 1991 zum absoluten Höhepunkt. Das erste Konzert der VSJB in der ausverkauften Philharmonie! Im Frühjahr 1998 erreicht die Band nicht nur ihr 20jähriges Jubiläum, sie spielt gleichzeitig zum 20ten Mal, zum Faschings-Ausklang, im Carl-Orff-Saal, am 7. März 1998 im Gasteig.

So richtig abgerundet und stilvoll gefeiert wird dann Anfang Oktober im Prinzregenten-Theater, mit einem kleinen Überraschungs-Präsent von der "Veterinary Street Jazz Band" München an alle Fans.

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