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Ausgabe März 1998

VORBERICHT

Moderner Klassiker

29. Internationale
Jazzwoche Burghausen
25.-29.3.98

Autor:
Ralf Dombrowski

Da ist das "Einerseits". Und ein "Andererseits". Einerseits ist die Jazzwoche Burghausen, die heuer zum 29. Mal stattfindet, ein Unikat unter den alljährlichen Veranstaltungsmarathons. Sie zählt zu den dienstältesten Festivals im deutschsprachigen Raum. Den Organisatoren ist es von den bescheidenen Anfängen an mit liebenswürdiger Beharrlichkeit gelungen, so ziemlich jeden in die Stadt an der Salzach zu holen, der im Mainstream-Jazz international Rang und Namen hat. Kulturell und touristisch bedeutet die Konzertwoche für Burghausen und sein Umland einen beträchtlichen Zuwachs an Vielfalt und Mondänität. Auch die Akzeptanz bei Politik und Bevölkerung hat sich nach anfänglicher Ablehnung inzwischen nahezu durchweg in eine Begeisterung verwandelt, die sogar in ehrenamtlicher Mitarbeit ganzer Kohorten an Helfern gipfelt. Und mit dem Bayerischen Rundfunk, der Wacker Chemie und einigen weiteren Sponsoren wurde ein geeignetes Netz aus Unterstützung und Kooperation geschaffen, das die Jazzwoche Burghausen im vorliegenden Umfang überhaupt erst möglich macht.
Andererseits reicht die finanzielle und damit künstlerischen Unabhängigkeit leider nicht so weit, daß sich die Organisatoren von der zu erwartenden Publikumsmeinung unabhängig machen, Konzepte wagen, Experimente anzetteln könnten. Das Programm bleibt daher ein Spagat zwischen Ideen und Sicherheiten. Entdeckungen gibt es kaum, niveauvolle Konzerte dafür viele. So hat sich Joe Viera mit seiner Liebe zum Jazzorchester in diesem Jahr gleich an zwei Tagen durchsetzen können. Den Einstand am Mittwoch (25.3.) bestreitet die WDR Big Band, die sich nicht nur Don Menza und Dusko Goykovich sondern auch noch die südafrikanische Gesangslegende Miriam Makeba in ihre Reihen geholt hat. Ebenso volltönend endet das Festival am Sonntag (29.3.), wenn George Gruntz mit seiner sich ständig verändernden Big Band und der Salsa-Intellektuelle Eddie Palmieri mit Orchester in der Wackerhalle Station machen. Gepflegten Modern Mainstream mit Starbesetzung bietet am Donnerstag (26.3.) das mit Blick auf die letztjährigen Jubiläen etwas verspätete Monk-Projekt des Pianisten Kenny Barron, der sein Trio aus diesem Anlaß um reichlich New Yorker Prominenz zum Tentett aufgestockt hat. Neben ihm werden unter anderem Jack Walrath, Johnny Griffin, Howard Johnson und Phil Woods dem skurril-kreativen Klaviersonderling die verdiente Ehre erweisen. Den Abend in der Wackerhalle eröffnet übrigens das Quartett der in München lebenden Schlagzeugerin Carola Grey, eines der wenigen jungen Ensembles des Festivals. Blues und Stilverwandtes bietet ebendort der Samstag-Nachmittag (28.3.), wenn der Saxophonist Big Jay McNeely & Dana Gillespie mit Band und das Septett der amerikanischen Sängerin Teeny Tucker die Stimmung anheizen. Mit reichlich Oldtime, Swing und Bop setzten dann die Schweizer Tremble Kids und vor allem Dee Dee Bridgewater mit ihrem französischen Quartett den Tag der traditionellen Klänge fort. Musikalisch am interessantesten, weil ein wenig unkonventioneller, sind allerdings die Konzerte der Quartette von Charles Lloyd (mit dem wundervollen Bobo Stenson am Klavier) und Robben Ford am Freitag Abend in der Wackerhalle (27.3.). Und die ethnojazzigen Exkursionen von Reto Weber und seinem mit Albert Mangelsdorff und Chico Freeman prominent besetzten Percussion Orchestra und die Ta Lam Zehn des Bassklarinettisten Gebhard Ullman am Samstag im Stadtsaal (28.3.). Eine gute, wenn auch keine mutige Entscheidung war es sicher auch, dem österreichischen Pianisten Fritz Pauer die Nachtsessions im Jazzkeller des Mautnerschlosses anzuvertrauen. So spielen heuer zwar andere Musiker als in den vergangen Jahren. Und doch ist auch alles beim alten geblieben. Burghausen eben.
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