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Jazzzeitung

2010/02  ::: seite 16

rezensionen

 

Inhalt 2010/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Fletcher Henderson Farewell: Ed Thigpen


TITEL -
Gutes Echo auf den Jazz
Vom Überlebenswillen einer schlanken Musikrichtung


Berichte

Zweiter BMW Welt Jazz Award // Women in Jazz in Halles Oper // Pat Methenys „Orchestrion“-Auftritt in München // Preview: Zur Premiere des Festivals Elbjazz Hamburg // 28. Südtirol Jazzfestival Alto Adige


Portraits

Arbor Records Party und „Echoes of Swing“ in Florida – Teil 2 // Matthias Bublath // Harry Carney // Ornette Coleman // Rigmor Gustafsson und das radio.string.quartet.vienna // Herbie Hancock // Dieter Ilg // Mike Seltzer von „Manhattan Brass“ // Christoph Stiefel und sein Inner Language Trio // Die Augsburger Band „Swing tanzen verboten!“


Jazz heute und Education
Fünf Jahre Messe jazzahead // Christian Sommerer über seinen Posten als Leiter der Uni-Jazzensembles // Abgehört: Richard Bonas Bass-Solo zu „Play“ von Mike Stern

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

DVD

„An Indian from the Netherlands”
Han Bennink – Hazentijd
DVD – Data Images 06

Nach Misha Mengelbergs vor zwei Jahren herausgekommenen DVD-Biografie „afijn“ ist nun das künstlerische Leben des zweiten Pioniers des freien und aktuellen Jazz in Europa, des Multikünstlers und Schlagzeugers Han Bennink zu sehen.

Natürlich ist wesentlicher Bestandteil des Films ein nachhaltiges Stück niederländischer Musikgeschichte. Hat doch auch ein genialer Musiker wie Bennink sich entwickelt, auch mehr oder weniger klassische Stationen durchlaufen. Die Erinnerung wird ihm heute leicht gemacht, kann er doch auf eigene Tagebuchaufzeichnungen bis in die 60er-Jahre zurückgreifen, verfasst in einer schönen Schrift, die schon in seiner Jugend seine große Begabung auch als Bildender Künstler deutlich machte.

Sein großes Glück war zunächst, einen Vater zu haben, der, selbst Musiker, ihn schon frühzeitig an den Jazz, an Louis Armstrong oder Benny Goodman herangeführt hatte. Rein Bennink war natürlich Schlagzeuger und Klarinettist, der als regelrechter Selfmademan seinen Weg durch viele niederländische Orchester gefunden hatte. Sein Sohn Han fand dann ziemlich schnell seinen Weg zu dem so genannten Schwarzen Jazz, zu Musikern wie Art Blakey und irgendwann auch in die Gesellschaft von Musikern wie Ruud Jacobs oder Pim Jacobs. Historische Aufnahmen auch mit deren Gefährtin Rita Reys einmal optisch zu erleben, macht die Geschichte noch spannender. Natürlich werden der erste Besuch in New York und die Begegnung mit Musikern wie Johnny Griffin erwähnt.

Parallel zu seiner musikalischen Entwicklung durchlief er eine Ausbildung als Bildender Künstler. Immer wieder faszinierend ist es, Künstler mit beiden Begabungen zu erleben, von Schönberg bis in die Gegenwart.

Bei Bennink verbindet sich beides in einer ganz außergewöhnlichen Art. Er verweist zwar darauf, dass er die Ruhe und Zurückgezogenheit schätzt, die ihm die Arbeit als Maler oder Grafiker vermittelt, im Gegensatz zu der als Musiker, wo er immer zu ganz bestimmten Zeiten bestimmte Dinge tun muss.
Der Film vermittelt sein Eingebundensein in die niederländische Natur, das Leben am Kanal, der Wind bewegt die künstlerisch gestaltete Wetterfahne, um überzugehen in die unaufhörlichen Bewegungen, den fließenden und swingenden Vorgang am Schlagzeug, auf dem Fußboden.

Alle Gegenstände um ihn herum kann er nutzen, scheinbar mühelos. Er bringt die Dinge, die er findet, in einen anderen Kontext, wird in dem Film erklärt, in seinen eigenen, ein umfassendes Werk des künstlerischen Erlebens. Dies vermittelt der Film mehrfach, wobei man dann keine Mühe hat zu verstehen, warum man ihm gelegentlich den Titel des „Indianers in den Niederlanden“ oder in Zaandaam verliehen hat.

Erlebt hat man ihn natürlich oft auch live, aber der Film vermittelt alle nur denkbaren Zusammenhänge, zeigt ihn zusammen mit den Kollegen Misha Mengelberg und Willem Breuker, mit denen er zusammen den Jazz oder die Improvisierte Musik nicht nur in den Niederlanden in eine neue Welt gebracht hat. Dass zu der Zeit übergreifende künstlerische Bewegungen wie Fluxus, in die sie sich einbrachten, diese Entwicklungen begünstigt haben, liegt auf der Hand.

Sein pädagogisches Talent, Workshops mit Kindern oder jungen Musikern im Jahr 2007 in Banff in den kanadischen Rockies, machen den Film zu einem besonderen Erlebnis. Ganz zu schweigen von den mehrfachen Begegnungen mit Musikern wie Guus Janssen oder vor allem dem ICP Orchestra, das bis heute mehr oder weniger als Ikone der aktuellen Improvisierten Musik lebt. Auch langjährige Kollegen wie Peter Brötzmann oder Guus Janssen kommen zu Wort.
Als Extra gibt es noch sieben Aufnahmen von Ensembles, beginnend mit dem Duo Mengelberg/Bennink 1980 in Groningen und schließend mit einem Soloauftritt 2007 im Bimhuis in Amsterdam.
Der Film ist in der Originalsprache, Niederländisch, gehalten, hat aber englische Untertitel, die ihn immer sehr verständlich machen, soweit dies überhaupt nötig ist.

Zur selben Zeit ist ein Buch über ihn erschienen, „Han Bennink – De wereld als trommel“ von Erik van den Berg, bei Thomas Rap in Amsterdam. Natürlich in Niederländisch werden alle Aspekte seines Lebens vertieft, auch ergänzt durch Fotos und eine CD mit unveröffentlichten Aufnahmen von 1955 (Trio mit seinem Vater Rein, Bennink 13 Jahre alt!) bis zu einer Aufnahme mit Mengelberg 1978 in Köln.

Beide Projekte sind eigentlich ein Muss für jeden Freund aktueller Musik, keine Werbung, nur feste Überzeugung.

Hans-Jürgen von Osterhausen

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