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Jazzzeitung

2005/11  ::: seite 4

berichte

 

Inhalt 2005/11

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
Produzententräume
all that jazz:
Körpermusik, Freiheitssounds
jazzfrauen-abc: Abbey Lincoln
Farewell: Billy Bauer


TITEL


Aus teutschen Landen
Ulrich Gumpert erhält Deutschen Jazz Preis auf dem Jazzfest Berlin


DOSSIER:
NEW ORLEANS
Die Altstadt Amerikas
New Orleans vor und nach Katrina
Die Resonanz war überwältigend
Katrina-Hilfsaktion der Maryland Jazz Band of Cologne
Sinnvoll abgesteckte Ziele
Hilfsprojekt des Bayerischen Jazzinstituts zieht Kreise


BERICHTE
/ PREVIEW

„Jazz am Agosto“: in Lissabon // jazz.cologne – ein neues Kölner Sommer-Festival // Trio 11 lehren beim siebten „Jazz is the Teacher” // Jimi Tenor präsentiert in Potsdam „Beyond The Stars“ Solo // Unterfahrt und Königreich feiern gemeinsam 100 Jahre Norwegen // 19. Internationales Jazzfestival Viersen


 JAZZ HEUTE

Solist und Begleiter
August-Wilhelm Scheer über „Jazz und Chaos“
Fruchtbarer Boden
Jazz by Bechstein in Köln


 PORTRAIT / INTERVIEW

Erika Stucky // Micatone // Lyn Leon // Valentin Gregor – Jazzpionier mit der Geige // NRW Jazz & Vertrieb, Wismar – Ein Portrait


 PLAY BACK / MEDIEN


CD. CD-Rezensionen 2005/11
Bücher. Eine Aufsatzsammlung und eine lateinamerikanische Stilkunde
Bücher. Nils Landgren – red & cool
Noten. Neues Notenmaterial für Drummer, Stimmen, Gitarristen
Instrumente. Neues für Homerecorder von Korg und Phonic
DVD. Till Brönner bei einer Aufnahmesession in Berlin
DVD. The Kansas City Jazz Story
Kalender. Arne Reimer – Jazz Calendiary 2006


 EDUCATION

Fortbildung // Ausbildungsstätten in Deutschland (pdf)
Abgehört 36. Die Jazzzeitung startet eine fünfteilige Serie mit Soli von Herbie Hancock
Abenteuer Improvisation
Das „Institut für Jazz und improvisierte Musik“ in Linz
Nachwuchsjazzer im Zentrum
Studenten im Programmzentrum des Jazzclubs Neue Tonne Dresden


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2005/11 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (264 kb))

Hieb- und stichfest

„Jazz am Agosto“: ein Festival in Lissabon

Rui Neves, ein sehr entspannter, wacher Greis hat für das portugiesische Jazzfestival ein beachtliches Programm zusammengestellt. So spielt am Eröffnungsabend im Amphitheater das legendäre Globe Unity Orchestra, welches man am besten neben Uschi Brüning sitzend erlebt. Das GUO gibt dem verstorbenen Albert Mangelsdorff zu Ehren seine Kakophonie für fast zwei Stunden. Kern des 11-köpfigen GUO ist das Schlippenbach-Trio, welches am nächsten Tag kompromisslos-solide seine abstrakte Vitalität unter Beweis stellt.

Das Globe Unity Orchestra. Foto: Hans-Hermann Schwerdt

Bild vergrößernDas Globe Unity Orchestra. Foto: Hans-Hermann Schwerdt

Schlippenbach gibt traditionell den ersten Akkord. Dann ist es ungeheuer interessant einige der wichtigsten Stimmen der Freejazz-Welt vereint zu sehen: Von Anfang an ist es Mahall – laut Fredric Ljungkvist der beste Bassklarinettist der Welt –, der äußerst agil die Musik durchzieht. Er legt sich schon mal selbst eine Basslinie vor, um dann darüber zu improvisieren. Die beiden Neuzugänge – neben Mahall der kräftige Cappozzo – erweisen sich als sehr ergiebig. Cappozzo spielt eine kleinteilige Trompete, beeinflusst bei seinem Solo den Sound der Band merklich, weckt andere Klänge. Auch Paul Rutherford, erklärter Kommunist und DDR-Liebhaber – vor allem aus beruflichen Gründen – gelingt es, bei seinem Solo mit tiefer Stimme das Tempo der Band, die ansonsten immer unbändig losprustet, rauszunehmen. Während Gerd Dudek, Evan Parker und Manfred Schoof nicht weiter auffallen, musiziert Hannes Bauer durchgehend stark; was er von sich gibt, ist hieb- und stichfest. Bei Ernst-Ludwig Petrowsky brausen die Töne in seinem Alt quengelig hoch, dahin wo die Luft dünn wird. Er setzt sich einfach von oben wild und schneller auf die Band, zieht und dehnt die Töne, pfeift ganz weit vorne. Und Schlippenbach – versteht sich – klingt immer gut, wenn er nicht gerade zu leise ist.

Eine wunderbar filigrane Kammermusik wird produziert: Bassist Bruno Chevillon handhabt Präparationsmaterialien wie Stricknadeln, hölzerne Wäscheklammern und einen runden Plastikmassageschwamm. Er reibt und kreist, akzentuiert bewegt-hampelnd, pustet. Chevillon ist jemand, der mit dem ganzen Körper musiziert, so dass die Töne nicht anders können als zu tanzen. Mit dem Klarinettisten Jean-Marc Foltz arbeitet er konzentriert an Strukturen. Die schönste Musik gelingt, als Foltz mit dem Rücken auf dem Boden liegend ein Zirkular-Britzeln erzeugt und Chevillon mit zwei Bögen am Steg so streicht, wie Hall im All verklingt.

Die Bläserfraktion von Gebhard Ullmanns Fun Horns arbeitet anders als die vom GUO. Es herrscht einiges studentisches Flair, sogar der Frauenanteil ist verhältnismäßig hoch. Sie versuchen die Musik etwas zu systematisieren, das ist gut. Sie bleiben aber albern und humorlos.

Ein Trompetentrio ist selten der Fall. Da ist wieder Cappozzo (2 Dämpfer), der erfreulich infantil wirkt. Als Autodidakt sagt er: „Ich weiß nichts über Musik, aber ich finde sie interessant.“ Da ist Axel Dörner (5 Dämpfer): stringent, mit allen Wassern gewaschen, rational, sein Ton hat das komplexeste Bouquet und immer eine perfekte Kontur, er verfügt über eine beeindruckende Technik ohne je sportlich zu sein. Schließlich Herb Robertson (9 Dämpfer): ausgelassen, erfahren, einfallsreich, spielerisch, laut, dreckig-plautzig. Wo Dörner längst auf höchstem Niveau multistilistisch ausgebildet ist, scheint Robertson einer Generation anzugehören, die mit dem Material experimentiert.

Irène Schweizers Duo mit Pierre Favre ist wirklich gut. Favre gibt der Pianistin offensichtlich das richtige Maß an Geborgenheit und Raum zum freien Phantasieren, wobei diese sich harmonisch und rhythmisch immer voll im Klaren ist. Ihr Zusammenspiel produziert im großen Saal sicher und akkurat eine beinahe gespenstische Stimmung. Für einen großartigen Abschluss des Wochenendes sorgt das skandinavische Atomic (u.a. mit Paal Nilssen-Love), cool und fit. Energetisch-druckvoller kann ein klassisch besetztes Quintett nicht spielen. Zackig-clevere Arrangements und peppige Solisten sorgen für gute Unterhaltung. Mit ihrer Definition von zeitgenössischem Bop sind sie eine ernste Konkurrenz zu Monks Casino. Darüber freut sich auch Axel Dörner.

Oliver Schwerdt

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