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Jazzzeitung

2004/07  ::: seite 14

portrait

 

Inhalt 2004/07

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Joe Zawinul
no chaser:
Swoosh
jäzzle g'macht:
Be still my Lagerfeuerklampfe
farewell: Barney Kessel, Elvin Jones und Steve Lacy


TITEL / DOSSIER


Titel: Kühne Bögen, Schaffenswut
Nash, Potter und Douglas beim Münchner Klaviersommer 2004
Dossier. In perfekter Balance
Count Basie zum Hundertsten


BERICHTE


„Scat Max and The Uptown Orchestra“ in Berlin // 33. Moers-Festival // Max.BAB mit Streichtentett in München // Stefanski & Friends in Regensburg // Taktlos 04. in Basel und Zürich und 15. Schaffhauser Jazzfestival // Premiere von Stefan F. Winters improvisierter Cabaret-Oper in München // Preview: 23. Bayerischen Jazzweekend im Juli 2004


 JAZZ HEUTE


Jazzleute sind Stöberer
Kultursponsoring: Media-Märkte Regensburg, Passau und Straubing
Privatkonzert für die Jazzbeauftragte
donumenta 2004: Bernadette Niederhofer berichtet aus Moldova


 PORTRAIT / INTERVIEW


Die Enttäuschung // Bill Evans // Cassandra Wilson // Michael Hornstein und sein Projekt Jazz Orange


 PLAY BACK / MEDIEN


Evergreens am Band
Die One-Song-Compilations von Trocadero
Und Fernsehen bildet doch
Ab August wieder Burghausen-Aufnahmen bei BR-alpha
CD. CD-Rezensionen 2004/07
Bücher. Neuerscheinungen: Peggy Lee und Dick Wellstood // Heinz Steinert: Die Entdeckung der Kulturindustrie ...
Noten. Neue Notenausgaben für Drummer und Bassisten
Instrumente. Ein Komplettstudio von Zoom

Medien. link-tipps


 EDUCATION


Requiem liefert Freude
Das Landes-Jugendjazzorchester Bayern
Beziehungen aufbauen und pflegen
Zum 14. IASJ Jazz Meeting in Freiburg 2004

Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2004/07 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (348 kb))

Ein stiller Revolutionär

Am 16. August wäre Jazzpianist Bill Evans 75 Jahre alt geworden

Auf einigen Fotos sieht man ihn gänzlich versunken ins Spiel, geradezu abtauchend ins Piano. Bei aller nuancenreichen Leichtigkeit seines Anschlags, beeindruckte er durch Tiefgang. Bill Evans, der große Romantiker des Jazz, erwies sich zugleich als ein Pianist mit scharfsinnigen Verständnis struktureller Zusammenhänge. In seiner Art, Intuition und Bewusstsein für Form zu kombinieren, blieb er unnachahmlich. Ein Tross von Epigonen versuchte es ihm gleichzutun und streifte allemal nur die Oberfläche.

Symbiose aus Personalstil und Gruppenklang: Bill Evans. Foto: Archiv

Vertraut mit der Musik der europäischen Klassik und Moderne wie auch mit der Geschichte des Jazzpianos, machte sich der in New Jersey aufgewachsene Bill Evans 1955 mit 75 Dollar in der Tasche auf nach New York. Er hat Glück und mit einem Übermaß an Talent landet er an der Spitze. Nach Engagements bei Tony Scott, Gunter Schuller, George Russell und Charles Mingus holte ihn 1958 Miles Davis in seine Band. Acht Monate spielte er mit Miles – eine Zeit, in der sich die beiden gegenseitig herausforderten und inspirierten. Auch für die Aufnahmen für „Kind Of Blue“, die im Frühjahr 1959 entstanden, wollte Miles Davis auf den feinsinnigen Pianisten nicht verzichten. „Bill spielte mit diesem ruhigen, gleichmäßigen Feuer, das mir bei Pianisten so gefällt“, kann man in der Autobiographie von Miles nachlesen. Und weiter: „Wenn er Klavier spielte, hatte man das Gefühl, als würde ein klarer Wasserfall aus kristallklaren Noten und glitzerndem Sprühnebel herabstürzen.“

Selten scheint das Wort „kongenial“ auf solche Weise zutreffend, wie auf die kurzzeitige Symbiose von Miles Davis und Bill Evans. Auch wenn sich Miles allen Schmähungen zum Trotz für seinen weißen Pianisten einsetzte, so dürfte der hochsensible Evans doch darunter gelitten haben, nicht vollends akzeptiert worden zu sein. Außerdem drängte es ihn, seine eigenen Visionen klingende Realität werden zu lassen. Nachdem er bereits 1956 eine erste Trio-Platte unter eigenem Namen veröffentlicht hatte, begann er 1959 einen langzeitig angelegten Arbeitsprozess, der das Klavier-Trio im Jazz völlig neu definieren sollte. Mit Scott LaFaro am Bass und Paul Motian am Schlagzeug entstand eine Formation, die in dichter musikalischer Interaktion über die unausgesprochenen Barrieren zwischen Solospiel und Begleitfunktion genial hinwegspielte. „Integration“ heißt die Zauberformel für diese Unternehmungen, wobei Evans eine faszinierende Symbiose aus Personalstil und Gruppenklang gelang. Mit den „Village Vanguard Sessions“ von 1961 lief das Trio zur Hochform auf. Elf Tage später starb der Bassist Scott LaFaro bei einem Autounfall.

Als Bill Evans seinem Spielideal denkbar nahe zu sein glaubte, wurde sein engster musikalischer Weggefährte jäh aus dem Leben gerissen. Evans zog sich monatelang aus der Szene zurück. Auch später hat der Übersensible an seiner eigenen Empfindsamkeit gelitten und zudem jener Sucht nach Drogen nachgegeben, die ihn schließlich umbrachte. Er starb 51-jährig, im September 1980 in New York. Den oft schwierigen oder gar widrigen Lebensumständen zum Trotz perfektionierte Bill Evans die mit seinem „klassischen Trio“ entwickelte Spielkonzeption – in Besetzungen mit wechselnden, stets erstklassigen Bassisten und Schlagzeugern. Bereits lange vor Ausbrechen des Free Jazz erwies er sich als ein stiller Revolutionär, der dem Jazz neue Freiheiten erspielte, indem er sich von den konventionellen Schemata der Improvisation löste und die Essenzen der jeweiligen Stücke freilegte. Es gehe ihm darum, formulierte er mit erstaunlicher Prägnanz, „in das Material einzudringen, um von innen heraus immer freier mit ihm umzugehen.“ Nicht spektakulär, dafür aber nachhaltig wirkend und unter der Oberfläche brennend, hat Bill Evans dem Jazz eine neue Sinnlichkeit des Klanges erschlossen.

Bert Noglik

Mit freundlicher Genehmigung von Triangel

Radio-Tipp
14.8., 23.30, MDR Figaro „Bill Evans“

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