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Jazzzeitung

2003/06  ::: seite 11

farewell

 

Inhalt 2003/06

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Joe „King“ Oliver
all that jazz:
Bildverlust, Tonstörung
no chaser:
Body & Soul
Farewell.
Nina Simone


TITEL / DOSSIER


Schöne obskure Welt des Jazz.
Die Saxophonistin Carolyn Breuer geht zurück nach München
Üben und lernen und üben…
Ein Vorbild allein genügt nicht: Beispiel John Coltrane


BERICHTE


Burghausen.
Internationale Jazzwoche 2003
Hamburg. Haden und Metheny in der Musikhalle
Illmenau. Internationale Jazztage
Leipzig. „Headfake“ im Spizz


PREVIEW

Feuerwerk in Schleswig-Holstein
13. JazzBaltica in Kiel, Husum und Salzau


 JAZZ HEUTE


Bye Bye Mojo. Abschied vom legendären Club an der Reeperbahn
Moers-Festival ohne WDR.
Aufbruch am Niederrhein mit neuen Akzenten
Tönender Beweis für die Szene. Barbara Dennerlein zur Jazzbotschafterin berufen


 PORTRAIT / INTERVIEW


Gute Erfahrungen.
Jenny Evans feiert 25-jähriges Bühnenjubiläum
Klimpernder Freimaurer mit Ich-AG. Multitalent Harry Kulzer und seine Liebe zum Boogie-Piano
Wegweisend in allen Rollen. Bassklarinettist, Flötist und Altsaxophonist: Eric Dolphy
Vielfalt beglückt. Ralf Altrieth und Johannes Reichert und ihr Label meta records


 PLAY BACK / MEDIEN


CD. CD-Rezensionen 2003/06
Bücher. Biografien über Stan Getz und Buddy DeFranco
Noten. Techniken des Schreibens
Instrumente. Tech 21 und der Kompaktverstärker Landmark 60
Internet
. Link-Tipps


 EDUCATION


Abgehört 16. Die Melody Maker: Jaco Pastorius spielt Pat Metheny
Play-Alongs einer Ich-AG. Stefan Berker erweitert sein Grundlagenwerk für den Jazzeinstieg
Mit grossen Schritten. Ein Workshop der etwas anderen Art
Ausbildung. Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2003/06 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (558 kb))

Farewell

I put a spell on you

Es war 1987, als ein alter Tin-Pan-Alley-Schlager aus den Roaring Twenties die englische Hitparade eroberte: „My Baby Just Cares For Me“. Die Interpretin dieses swingenden Schlagers war zu dieser Zeit fast schon vergessen: Nina Simone. Eine Firma hatte ihre dreißig Jahre alte „Bethlehem“-Version als Werbejingle benutzt. So kamen zu dieser Zeit auch Soul-Legenden wie Marvin Gaye & Jackie Wilson mit alten Hits wieder in die Charts. Ihre Stimmen und Lieder dienten als „Duft“ für bestimmte Markenprodukte, in Nina Simones Fall war es für ein Parfüm, Chanel.

Nina Simone

Anfang der neunziger Jahre erschien Simones rührende Autobiografie, zuerst in England, dann in Frankreich und in Deutschland. In jedem Land spielte der Titel auf einen anderen Hit ihrer Karriere an: „I Put A Spell On You“, „Ne me quitte pas“ oder „Young, Gifted And Black“.

Irgendwie war Nina Simone in allen Stilen zuhause: Pop, Chanson oder Soul. Auf ihre jazzige Art verwandelte sie mit viel Frenchness Broadway-Hits wie „Feeling Good“ oder Hollywood-Balladen wie „Wild Is The Wind“ in etwas ganz eigenes: einen bitter-süßen Simone-Song. Schon in den späten Fünfzigern war dieser Stil entstanden, als sie sich mit einer kunstvollen Version von Gershwins „I Love You, Porgy“ in die Hitparaden sang.

Nina Simone wurde am 21. Februar 1933 als Eunice Waymons in Tyron, North Carolina geboren. Zerrissen zwischen einer tyrannischen Mutter und einem schwachen Vater, zwischen weißer und schwarzer Musik, entschied sie sich anfangs für Bach – der auch später noch ihr „Pate“ bleiben wird. Doch eine Karriere als schwarze klassische Pianistin blieb ihr verwehrt. So wandte sie sich der populären Musik zu, dem Great American Songbook & den Tin-Pan-Alley-Gassenhauern. Später folgten Kurt Weills „Seeräuberjenny“, Billie Holidays „Strange Fruit“ oder Randy Newmans „Baltimore“. Doch immer klangen am Klavier sehnsuchtsvoll ihre „roots“ durch: Bach & Mozart, Debussy & Ravel.

Der Musikkritiker Konrad Heidkamp hat Nina Simone in seiner sehr persönlichen Musikgeschichte „It’s all over now“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Ein Leben lang hatte Nina Simone gegen alle bösen Geister der Vergangenheit gekämpft. Und wie die „Seeräuberjenny“ hatte sie sich mit dem „Gewehr im Kopf“ bittere Rache geschworen: „Dann würden sie sehen, was sie ihr angetan hatten, die Weißen, die Schwarzen, die Männer, die Ignoranten, die Jury des Curtis Institute in Philadelphia, die sie nach einer Aufnahmeprüfung ablehnte.“ Doch das Schiff mit den acht Segeln kam nicht. Und so wurde sie zur Folksängerin, zur Bürgerrechtskämpferin, zur schwarzen Stimme Amerikas.

Irgendwann in den achtziger Jahren hat Nina Simone schließlich in Südfrankreich ihre letzte Heimat gefunden, wo sie am 21. April auch starb. Die Nachricht von Nina Simones Tod spukt noch in meinem Kopf herum, als ich im Kino ihrer Stimme wiederbegegne, in John Malkovichs Regiedebüt „The Dancer Upstairs“. Über Nacht ist die gebrochene Stimme aus dem Off, die immer noch von Gerechtigkeit träumt, zur Stimme aus dem Jenseits geworden, die am Ende das alte Lied anstimmt: „Who Knows Where The Time Goes“.

Viktor Rotthaler


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