Julia Hülsmann Trio eröffnet die 12. Konzert-Competition BMW Welt Jazz Award

Mit viel Liebe zum motivischen Detail eröffnete das Julia Hülsmann Trio die neue Runde des BMW-Welt Jazz Award. Nach der Corona-Zwangspause wollte man 2022 befreit wieder neustarten, die aktuelle politische Lage sorgte allerdings für eine entsprechend gedämpfte Stimmung bei allen Teilnehmern. Das Konzert war gut besucht, die berühmte Schlange vor dem Einlass zum Doppelkegel hatte sich dieses Mal (noch) nicht gebildet. Aber der Wettbewerb 2022 ist noch jung. BMW-Vorständin Ilka Horstmeier hatte sicher nicht geplant, bei ihrer Begrüßungsrede zur 12. Ausgabe der Münchener Konzertserie auf das humanitäre Engagement des Konzerns hinzuweisen zu müssen. Eine Million Euro hatte die BMW Group bereits nach der ersten Kriegswoche an eine ukrainische Hilfsorgansation gespendet. Julia Hülsmann war zur Competition der Pianistinnen und Pianisten unter dem Motto „Key Position“ mit ihrem Trio angereist. Mit Marc Muellbauer am Kontrabass und Heinrich Köbberling am Schlagzeug verbindet sie eine zwei Jahrzehnte dauernde künstlerische Zusammenarbeit. Von Routine war da aber nichts zu spüren, eher von einem gemeinsam atmenden Klangorganismus, dessen drei Musikerpersönlickeiten sich blind aufeinander verlassen konnten, insbesondere auch dann, wenn mal ein neues und noch wenig geprobtes Stück auf dem Programm stand. Hülsmann …

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Zwei, die sich inspirieren: Siyou’n’Hell

Zwischen funky Grooves, afrikanischen Traditionals und Songs von existentieller Tragweite bewegte sich das Duo Siyou’n’Hell kürzlich im Jazzclub Leer Beutel in Regensburg.  Kein Konzert, welches aktuell stattfindet, geht ohne wenigstens einen kleinen seelischen Striptease über die Bühne des Leeren Beutels. „Nach so vielen Wochen, Monaten der Abstinenz ist es etwas ganz Besonderes“, wandte sich Sängerin Siyou Isabelle Ngnoubamdjum ans Publikum, „hier zu sein.“ Es sei für sie ungewohnt und gleichzeitig sehr vertraut – letzteres hörte man dem Spiel, der Musik des Duo Siyou’n’Hell auch an. Vom ersten zarten Ton an, in den nach einigen Takten Hellmut Hattler auf seinem E-Bass einstimmt, ist diese starke künstlerisch-emotionale Verbundenheit zwischen den beiden spürbar. „Motherless Child“, ein Spiritual mit dem der afroamerikanische Folksänger Ritchie Havens beim legendären Woodstock-Festival bekannt wurde, machte den Auftakt zu einem Abend mit stürmischen Grooves und ebenso ruhigen, innigen Momenten. Überraschungen hielten die beiden Musiker manchmal eher untereinander parat, wenn Hattler seine Duopartnerin unerwartet Haken auf dem Bass schlug und sie daraufhin in herzhaftes Lachen verfiel. Der Spaß und die Freude vor realen und nicht nur zahlenmäßigen Zuhörern bei einem Online-Konzert zu spielen übertrug sich …

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Transatlantisch: das Progressive Chamber Music Festival 2021 im Milla Club

Till Hoffmann fährt mit der Sohle über den Boden. „Da rutscht nichts“, meint der Münchner Veranstalter, der mit seinem Eulenspiegel Flying Circus über Pandemie-Monate hinweg bayernweit Konzerte ermöglichte und außerdem schon 2012 zum Gründungsteam des Milla Clubs gehörte. „Vielleicht fast ein bisschen zu viel Grip,“ erklärt er weiter, „aber wir haben den Boden hier aufwändig erneut. Und mit der Zeit verschleift sich das schon!“ Dabei hat Hoffmann Clubnächte im Sinn, voll gepackte Indie-Konzerte oder auch gut besuchte Gastspiele von Singer/Songwritern aus aller Welt, die bis zum Corona-Desaster die Kellerräume in der Holzstraße füllten. Das bleibt noch etwas Zukunft, in diesen Tagen war er schon zufrieden, dass ein Event wie das Progressive Chambers Music Festival stattfinden konnte, das über zwei Novemberabende (10./11.11) hinweg sechs Bands und ein zahlenmäßig kleines, aber begeistertes Publikum in die Milla lockte. Kooperationen von Nah und Fern Ähnlich ging es Gerd Baumann und Gregor Hübner. Der eine ist Gitarrist, Professor für Filmmusik an der Münchener Hochschule und ebenfalls Teil des Milla-Teams, der andere Geiger, Jazz-Professor an der HMTM und Teil des Sirius Quartets in seiner zweiten Heimat New York. Beide hatten lange …

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Preisträgerkonzert des 9. Jungen Münchner Jazzpreises im Club Unterfahrt

Der Junge Münchner Jazzpreis hat auch ein bisschen Glück gehabt. Als im vergangenen Jahr zum Beispiel viele Veranstaltungen abgesagt werden mussten, lag er so günstig zwischen den pandemischen Verschlussphasen, dass er sogar live vor Publikum durchgeführt werden konnte. Die Kontinuität blieb gewahrt. „Ich kann es kaum glauben,“ meint Andreas Heuck, „aber wir gehen in unser zehntes Jahr!“ Selbst ein begeisterter Musikhörer, gehört er zu den Gründungsmitgliedern des Vereins mucjazz, der als private Initiative unter anderem ins Leben gerufen worden war, um eine Lücke zu schließen. Denn Jazz wurde zwar von der Landeshauptstadt gefördert, aber unsystematisch und vor allem in Form von Stipendien oder Musikpreisen. Abgesehen vom BMW Welt Jazz Award gab es keine überregional wahrgenommene Auszeichnung. Das änderte sich durch die Beharrlichkeit von mucjazz und einiger Unterstützer, so dass die Situation inzwischen vergleichsweise komfortabel ist. Die Stadt freut sich und ihr Oberbürgermeister Dieter Reiter hat die Schirmherrschaft übernommen. Neben den Vereinsmitgliedern und Spendern gehören Institutionen wie die Kulturstiftung der Versicherungskammer zu den Förderern. Der Bayerische Rundfunk ist mit Ü-Wagen und BR Klassik im Boot, der Jazzclub Unterfahrt steht als Austragungsort des Konzertfinales und als Streaming-Host …

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Tobias Meinhart und seine Band im Regensburger Jazzclub Leerer Beutel

Einhellig begrüßten Vorstandsmitglied beim Jazzclub Alfred Merkel, die Musiker um Tobias Meinhart und das Publikum mit lautem Beifall das erste Konzert ohne die Pflicht zum Tragen einer Maske. „Endlich schaue ich wieder in Gesichter“, freute sich Merkel bei der Begrüßung und Meinhart gestand, dass „wir glücklich sind nach langer Zeit vor so vielen Leuten spielen und euch sehen zu können!“ Im voll besetzten Leeren Beutel genossen die 3G-Besucher aber nicht nur ihre neu gewonnene Gesichtsfreiheit. Vom ruhigen Beginn an wurde der gebürtige Regensburger, der mit seiner Band das neue Album „The Painter“ – der Maler – vorstellte, nachdrücklich gefeiert. Quer durch alle Altersgruppen waren die Menschen spürbar dankbar, die Begegnung mit anderen während eines lang erwarteten Konzertes in vollen Zügen genießen zu können. Das musikalische Futter lieferten die vier Musiker mit einer Energie, Spielfreude und einem Feuerwerk an Ideen, die die Aufmerksamkeit bis zur letzten Sekunde fesselten. Das gilt sicher auch für die zwei älteren Frauen, die der Veranstaltung schon zur Pause den Rücken kehrten. Im Brustton der Überzeugung meinte eine zu ihrer Begleiterin: „Geh, so schlecht san`s doch garnet!“ Bereits beim ersten Stück „Lunapark“, …

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Toine Thys Overseas featuring Harmen Fraanje in der Münchner Unterfahrt

Es ist etwas Unwirkliches, das erste Live-Konzert in der Unterfahrt für den Verfasser seit Beginn der Pandemie -seit nun 20 Monaten. Selbst für Michael Stückl, den Vorsitzenden des „Förderkreis Jazz und Malerei München e.V.“, der den Jazzclub trägt, ist das Konzert des Quintetts „Toine Thys Overseas featuring Harmen Fraanje“ vor 70 Zuhörern noch etwas Besonderes. Nicht nur, weil die Band des Abends endlich extra für das Konzert anreisen konnte, das bereits zum dritten Mal im Programm stand. (Erstmals ist es im Oktober auch wieder gedruckt erschienen.) Sondern auch, weil Stückl nach 200 Streaming-Konzerten im Jahr 2020 und bereits über 200 in diesem Jahr „noch nicht oft so viele Leute“ in der Unterfahrt begrüßen konnte. „Die drei G ermöglichen endlich wieder Kultur auf der Bühne vor Publikum.“ Und sie werden vom Arzt Stückl und dem Team der Unterfahrt auch ernst genommen, sodass man sich im lockerer als sonst bestuhlten Club halbwegs sicher fühlen kann. Obwohl es offiziell keine Beschränkungen mehr gibt, dürfen nur maximal 100 per E-Mail vorangemeldete Zuhörer hinein und nur nach penibler Kontrolle – nicht nur des Impfzeugnisses sondern auch zusätzlich des Personalausweises. Auch …

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Internationale Jazzfestival EBE-JAZZ – der Pandemie getrotzt

Alle (zwei) Jahre wieder das internationale Jazzfestival EBE-JAZZ, seit 2015! Glücklicherweise ist dieser Plan, Pandemie hin und her, auch diesmal wieder aufgegangen. Auch wenn nach der ersten Terminplanung für EBE-JAZZ 21, im November 2019, dann im Frühjahr 2021, als man begann das konkrete Festivalprogramm zu planen, noch nicht wusste wie sich pandemietechnisch alles entwickelt und vor allem wen man im Herbst verbindlich einladen kann. Einzige Festival-Beschränkung dieses Jahr war, dass die Veranstaltungsorte Corona-bedingt nur zur Hälfte gefüllt werden durften. Dafür konnte man die Konzerte aber auch ohne Maske genießen! EBE-JAZZ 21, das waren rein zahlentechnisch betrachtet auf 9 Tage verteilt 16 Veranstaltungen in 7 Locations, mit 8 Konzerten, einer festivalbegleitenden Ausstellung, einer Lesung, zwei Kinofilmen, Musik-Workshops und Jam-Sessions … alles was das Herz eines Jazzer höher schlagen lässt! Zu Eröffnung des diesjährigen EBE-JAZZ gab sich als Special Guest bei „Line for Ladies“ die mittlerweile 92-jährige Grande Dame des Bebop die Ehre. Nach diesem gelungenen Festivalstart folgte am Abend darauf Mario Biondi mit seinem aktuellen Programm „Dare“, gefolgt vom Michel Benita Quartett, dem Daniel Humair Trio plus Emil Spángy, sowie einer Enja Label Night mit dem …

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Charismatisch-gleichberechtigt: Die Jan Garbarek Group beim Usedomer Musikfestival 2021

Jan Garbarek, einer der einflussreichsten europäischen Musiker verfügt seit Ende der 1980er Jahre über eine feste Band, in der es um Gleichberechtigung aller Beteiligten geht. Wie sehr sich die Jan Garbarek Group als künstlerisches Zentrum des Norwegers definiert, bewies ein spektakuläres Konzert im Rahmen des diesjährigen Usedomer Musikfestivals. Eigentlich war Litauen der thematische Länderschwerpunkt beim großen Konzertmarathon an der Ostsee in diesem Jahr – das Gastspiel von Jan Garbarek, Trilok Gurtu, Rainer Brüninghaus und Yuri Daniel war eine Übernahme aus dem letzten Jahr, wo der norwegische Musiker pandemiebedingt nicht nach Deutschland reisen konnte. Das Usedomer Festival ist zwischen September und Oktober ein Kosmos der kulturellen Vielschichtigkeit – und dies an vielen unkonventionellen Spielstätten, die sich in dieser Grenzregion zwischen Deutschland ud Polen sogar über zwei Länder verteilen. Vielschichtig genug sind auch die kulturellen Einflüsse in Garbareks Band, vor allem seit der Schlagzeuger Trilok Gurtu ein Gegengewicht zur stilprägenden Ästhetik des Norwegers Jan Garbarek liefert. Und ja – die Band zeigt sich auf Anhieb in Bestform – überzeugend genug, dass auch ein eher klassik-affines Publikum schon nach der ersten Nummer zu Beifallsstürmen abhebt. Am lebendigsten sollen …

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Festivalland NRW: Die Livekultur ist wieder da!

Wenn es um Jazz geht, dann ist NRW ein Festivalland. Vor allem jenseits der Jazzmetropole Köln sind sie ein starker Imageträger und verschaffen oft kleinen oder strukturschwachen Städten eine überregionale Ausstrahlung. Das Moers-Festival ist hier das prominenteste Beispiel. Immerhin fanden zu Pfingsten im Moerser Freizeitpark die allerersten Konzerte vor Publikum wieder statt. Der „echte“ Neustart einer Live-Kultur auf breiter Ebene ist erst jetzt im ausgehenden Sommer erfolgt – aber damit lässt sich die Friedhofsruhe der Lockdown-Zeit umso nachhaltiger bekämpfen. Jazzjestivals in NRW sind durch sehr diverse Historien, Konzepte und Milieus geprägt. Kreativ und hartnäckig und mit viel privater und öffentlicher Unterstützung haben die Veranstalter ihre Events für die aktuelle Situation passend gemacht und damit auch so manche gute Idee für die Zukunft aus der Taufe gehoben. Platzhirsch-Festival Duisburg Zum Beispiel in Duisburg, was nach außen nicht unbedingt als Kulturmetropole wahrgenommen wird: Das Platzhirsch-Festival belegt, dass hier viele kulturaffine Mennschen an einem Strang ziehen. In diesem Jahr profitierte das Festival vom Duisburger Kultursommer, der in einem großen Zelt im Kantpark den verschiedenen Kultursparten ein Forum liefert und hier natürlich auch der Platzhirsch (deswegen heißt er ja …

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Was bleiben wird: „Inntöne“ und „Outreach“ – zwei österreichische Jazzfestivals demonstrieren, dass in der Corona-Krise auch Chancen liegen

„3000 Besucher feiern das Leben“ überschrieb die Passauer Neue Presse ihren Bericht von den diesjährigen „Inntönen“. In der Tat war der „Jazz auf dem Bauernhof“, wie Paul Zauner sein Festival auf dem elterlichen Hof in Diersbach nahe Schärding seit jeher treffend untertitelt, eine beglückende Erfahrung. Was im vergangenen Jahr aus der Corona-Not geboren wurde, hat Zauner heuer konsequent optimiert und weiterentwickelt: Statt an Pfingsten laufen die Inntöne am letzten Juli-Wochenende, statt im Stadel – wo nun der ganz junge Musikernachwuchs in den Umbaupausen seinen Auftritt bekommt – wird open air auf der großen Wiese davor musiziert, jetzt mit einer richtig großen Bühne. Selbst der Zeitplan ist entzerrt und wurde heuer vielleicht das erste Mal überhaupt präzise eingehalten. All dies will Zauner beibehalten, kommt es doch der Zuschauerzahl wie der Stimmung zugute. Und das wiederum kann dem Programm weiterhelfen, selbst wenn es schon heuer zum besten der busher stattfindenden Festivals gehörte. Große Namen waren wieder da, schon zum heiteren, „imaginär weltmusikalisch“ unterlegten Einstieg mit Michel Portal und Lionel Louke und beim allerdings von einem Gewitter unterbrochenen Tagesfinale mit dem Bill Frisell Trio. Mit Yamandu Costa wartete …

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