Funkelndes Universum: Sebastian Sternals „Symphonic Society“

Von Dietrich Schlegel – Sebastian Sternal, viel gefragter und beschäftigter Jazzpianist und einfallsreicher Komponist, hat sich drei Jahre nach dem Erfolg mit seiner „Symphonic Society“, einer aus ausgesuchten Jazzmusikern und einem klassischen Streichquartett bestehenden „symphonischen Combo“, erneut und noch weiter auf das Terrain des symphonischen Jazz vorgewagt. Auf die mit dem ECHO Jazz 2013 ausgezeichnete erste CD folgt nun Volume 2, eine Fortsetzung mit derselben Formation, doch mit noch stärkerer Ausprägung des Symphonischen. Versuche, Jazz und symphonische Musik zueinander zu bringen, hat es schon mannigfach gegeben. Aber Sternal strebt da keine Anleihen an, etwa bei Strawinskys 1945 für Woody Herman geschriebenem berühmten „Ebony Concerto“. Erst recht sieht er sich nicht in der Tradition eines Paul Whiteman, der in den zwanziger Jahren für sein aus klassischen Streichern und bekannten Jazz-Musikern wie Bix Beiderbecke gebildetes Orchester erstmals den anspruchsvollen Begriff „Symphonic Jazz“ geprägt hatte. Sternal ist kein Fan einer „Verjazzung“ von Klassik – wie es z.B. Jacques Loussier mit seinem „Play Bach“ getan hat, , „indem er Bach einfach mit Swing-Achteln spielte“. Ihn interessiert eher eine Verbindung von Jazz und Klassik „aus dem Innern des Materials heraus“. …

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Improvisation über Improvisation #6

Das Thema Revolution hat mich seit dem letzten Blog nicht losgelassen. Genauer gesagt wurde ich erneut darauf gestoßen, als ich feststellte, dass Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ mich auch beim hundertsten Hören mehr packt und erschüttert als jedes andere Musikstück. Ein Blick auf die Geschichte des Werkes zeigt, dass es auch anderen so ging: massive Zuschauerproteste und Handgreiflichkeiten während der Uraufführung; Hohn und Unverständnis seitens der Kritiker; Orchester, die sich weigerten, diese Musik zu spielen. Der „Sacre“ erzwingt beim Ausführenden wie beim Rezipienten eine Reaktion – egal wie diese ausfällt. Spurlos vorüber zieht er nie. Bei Gil Scott-Heron heißt das dann: „You will not be able to stay home, brother“. Die Musik des „Sacre“ ist von einer so urtümlichen Wucht, aus ihr spricht die zarteste Schönheit ebenso wie die brachialste Zerstörungskraft. Wunderschöne Melodien werden fragmentiert und im gezielten Chaos neu zusammengesetzt. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Was sich in der Natur jedes Jahr aufs Neue vollzieht, taucht bei den Menschen zwar seltener, aber doch ebenfalls immer wieder auf – meist mit gravierenden Folgen, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die …

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