„Essen-Jazz-Orchestra“ am 30. April in der Casa des Schauspiel Essen

Lange galten sie als die Elefanten unter den Jazz-Besetzungen, denn unter einem Dutzend Instrumentalisten kommt keine Big Band aus. Und auch das Image dieser Orchester war in den vergangenen Jahrzehnten eher durchwachsen: Da war die Rede von „Opa-Musik“ und „Schnee von gestern“. Nachdem allerdings Robbie Williams seine Frank-Sinatra-Hommage „Swing When You’re Winning“ herausgebracht hatte und Roger Cicero mit seinem Hitalbum „Männersachen“ große Erfolge feiern konnte, wendete sich das Blatt: Auch eine neue Generation von Musikern entdeckte die Klangkraft solcher Formationen für sich und experimentierte nach Lust und Laune in großer Besetzung. Im Ruhrgebiet hat sich für Freunde des satten Big-Band-Sounds das „Essen-Jazz-Orchestra“ mittlerweile zu einer festen Größe entwickelt. Die Truppe, die aus Absolventen der Essener Folkwang Universität der Künste und Musikern der freien Jazz-Szene Essens besteht, präsentiert bei ihren Konzerten vorrangig Stücke, die von einigen Ensemblemitgliedern selbst komponiert wurden. Welche aktuellen Neukompositionen das „Essen-Jazz-Orchestra“ unter der Leitung von Tobias Schütte bei seinem nächsten Auftritt am Sonntag, dem 30. April ab 19 Uhr in die Casa des Schauspiel Essen spielen wird, steht derzeit noch nicht fest, aber das ist sicher: Es gibt wieder reichlich Futter für …

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Jazzwoche Burghausen mit reichlich Pop, Soul und auch Jazz

Musikerinnen, erkannte Joe Viera in seiner Anmoderation der Saxofonistin Lakecia Benjamin, würden immer öfter als „Bandleaderinnen und Instrumentalistinnen in Erscheinung treten“. Der 84-jährige Grandseigneur und Mitbegründer der Internationalen Jazzwoche Burghausen, nicht unbedingt als Feminist bekannt, lenkte damit die Aufmerksamkeit auf einen Aspekt der auch im Pop und Rock Gültigkeit hat – eine deutliche Unterrepräsentanz von Frauen. Lediglich als Sängerinnen überflügeln Musikerinnen die nach wie vor ausgeprägte männliche Dominanz, auch wenn sich das seit ein paar Jahrzehnten ganz allmählich zu verschieben beginnt. Bei der mittlerweile 48. Jazzwoche bildeten, neben Benjamin und der Fürther Gitarristin Monika Roscher, auch in diesem Jahr Sängerinnen die weiblichen „Zugpferde“ im vielschichtigen Programm. Vor der Engländerin Joss Stone, die nach einer Kritik als „Popstar Burghausen verhext“ hat, war die in Paris lebende Amerikanerin China Moses die  eigentliche Überraschung des Festivals. Glücklich schätzen könne man sich, jubelte Viera, dass Moses „denselben Beruf hat, wie ihre Mutter Dee Dee Bridgewater“. Die hatte zwei Jahrzehnte zuvor – 1998 – einen  gefeierten Auftritt in Burghausen. Mit einem lockeren Blues aus ihrem vielgelobten Tributealbum „This One´s For Dinah (Washington)“ startete die 39-Jährige die Eroberung der erstaunlicherweise nur …

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Cullum, cullumer, am cullumsten

In der Musikkritik gibt es Texte, die ob ihrer Hellsichtigkeit und Sprachgewalt in die Ewigkeit eingehen werden. Ich denke an Nietzsches Wagner-Kritik, Adornos „Philosophie der neuen Musik“ oder Ekkehard Josts Studie zum Free Jazz. Auch Lars Langenaus Bericht von Jamie Cullums Auftritt im Circus Krone gehört dazu (November 2010, Süddeutsche Online). Denn selten ist es einem Musikschriftsteller gelungen, einen Musiker in so wenigen Zeilen mit so vielen Tieren zu vergleichen: einem Känguruh [sic, alte Rechtschreibung!], einem energiegeladenen Floh und, ja: „Es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre er wie ein Tiger durch einen Feuerring gesprungen.“ Kein Wunder, dass in diesem ganzen Tierzirkus die künstlerischen Maßstäbe ein wenig verschwimmen: Neben Gesang und Klavierspiel seien „Cullums glitzernde schwarze Converse-Turnschuhe“ die „Konstante“ des Abends gewesen, heißt es. Die Schuhe konnte der hüpfende, springende, turnende Känguru-Floh-Tiger ja auch wirklich gut gebrauchen. Die bleibende Botschaft dieses denkwürdigen Texts lautet: Musikalische Kategorien sind bei einer Zirkusvorstellung Nebensache, aber auch generell in rasanter Auflösung begriffen. So gilt der singende, springende Jamie nämlich eingangs noch als „Jazz-Beethoven“, obwohl Beethoven doch gar keine Converse-Turnschuhe kannte. Später wird die sieben Jahre alte Metapher vom „Robbie …

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