Flügelhorn und Zeichentisch: Zum Tod von Herbert Joos

Er war ein kompromissloser Künstler, einer der sagte: „ Zuerst kommt das, was ich machen möchte, unabhängig davon, ob es jetzt gerade ‚in‘ oder ‚out‘ ist.  Dann erst kommt das Geldverdienen.“ Dieser Maxime blieb er treu und von daher war sein Künstlerleben immer ein Tanz auf der Rasierklinge. Durch den immensen Erfolg des Vienna Art Orchestra wurde der Flügelhornist und Trompeter Herbert Joos zu Beginn der 80er-Jahre endlich einem breiteren Publikum zum Begriff. Da stand er schon zwei Jahrzehnte auf der Bühne. Seit Mitte der 1960er Jahre gehörte er zum Modern Jazz Quintet Karlsruhe, aus der dann die Gruppe Four men only (mit Wilfried Eichhorn und Rudolf Theilmann) entstand. Anschließend war er Mitglied in verschiedenen Modern- und Freejazz-Formationen (u. a. mit Bernd Konrad, Hans Koller und Adelhard Roidinger bzw. Jürgen Wuchner). Er spielte auf dem Free Jazz Meeting Baden-Baden bei einem Flügelhorn-Workshop mit  Kenny Wheeler, Ian Carr, Harry Beckett und Ack van Rooyen. Außerdem leitete er sein eigenes Bläsertrio, Quartett und Orchester. Aus den über 50 Alben, die er unter eigenem Namen herausbrachte oder auf denen er als Sideman zu hören ist, ragt die Soloplatte …

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Ein befreiter, heißer Atem: Jaimie Branch beim Krefelder Jazzherbst

Text und Fotos von Stefan Pieper. Es zahlt sich immer aus, früh voraus zu blicken – vor allem, um bei der Programmplanung weitsichtiges Gespür für neue Trends zu entfalten: In dieser Hinsicht landete Florian Funke vom Jazzclub Krefeld einen Volltreffer: Er war auf die rebellische US-Trompeterin Jaimie Branch schon aufmerksam geworden, bevor sie mit ihrem Erfolg in Europa regelrecht durch die Decke ging. Mittlerweile widmen sich auch etablierte Tageszeitungen, bei denen Jazz sonst allerhöchstens als Randnote vorkommt, dieser Frau, die schon zum Phänomen auserkoren wird. So viele Vorschusslorbeeren funktionieren: Das Glasfoyer des Krefelder Theaters, in dem dieser Höhepunkt des Krefelder Jazzherbstes stattfindet, ist bis auf den letzte Platz gefüllt. Vergessen wir allen Hype und alle Hysterie und besinnen uns aufs Hier und Jetzt! Diese Forderung scheint in Jaimies Branches Aufforderung, erstmal gemeinsam durchzuatmen, mitzuschwingen. Ebenso ist ihr das Herunterdimmen des Bühnenlichts ein Anliegen. Denn was Jaimie Branch danach musikalisch und inhaltlich zu sagen hat, soll zu einer geteilten Erfahrung werden, für die es Konzentration braucht. Seidenweich schimmernde Trompetentöne Verheißungsvoll stimmt eine afrikanische Mbira mit einer pentatnonischen Struktur auf das kommende ein. In diesen schleicht sich seidenweich …

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Frischer Mix aus Afro-Cuban-Fusion-Jazz mit Mario Alberto Silva

Geboren in San Francisco, wuchs der Trompeter, Komponist und Pädagoge Mario Alberto Silva in einer Latino Community auf. Aus jedem Fenster in der Nachbarschaft plärrte Latin music, aus Straßenschlitten dröhnte Rap und während des Carnival vibrierte die Atmosphäre vom Klang der Sambarhythmen. Schon auf der HighSchool spielte Silva in der Schulband und war fest entschlossen die Leidenschaft zum Beruf zu machen. Mittlerweile blickt er auf über zwanzig Jahre Erfahrung als Musiker in verschiedenen Bands zurück – und legt mit der Pan-American Sonata sein Debutalbum als Leader vor. Es enthält einen erfrischenden Mix aus unterschiedlichen Einflüssen, Stilen und Inspirationen. Lebenslust und gute Laune Insgesamt acht Songs, darunter zwei des famosen kubanischen Pianisten Chuchito Valdes, die eines gemeinsam haben: Sie machen Laune, versprühen Lebenslust und kümmern sich einen Dreck um Gestern oder Morgen. Hier und jetzt animieren sie prallem Charme zum Hüfte schwingen, Tanzen und dazu das Dasein in vollen Zügen zu genießen. Da prallt 80er Jahre Funk auf kniffeligen Dixieland-Blues, afro-kubanische Trommelrhythmen auf Fusion, Pop- und Afro-Jazz. Allerdings ist Silva, der sich für die Aufnahmen Valdes (p, synth, fender rhodes), Aaron Germain (bass), Josh Jones (dr, …

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„Von Ersatz kann keine Rede sein!“ – „Latin meets Gypsy“ begeisterte im Jazzkeller Hürth

Nachdem das Ensemble «globalBEAT» das letzte Mal 2016 für den Jazzclub in Hürth aufgetreten war, hätte die Formation rund um den Chapman-Stick-Virtuosen Christian Becker am Wochenende eigentlich erneut im Jazzkeller auf der Hermülheimer Straße spielen sollen. Leider sagte «globalBEAT» acht Stunden vor Konzertbeginn krankheitsbedingt ab. Da stellte sich für Günter Reiners, Vorsitzender des Jazzclubs Hürth e. V., die Frage: „Was tun?“ Glücklicherweise ist der Jazzclub Hürth bestens vernetzt: Mit einigen Telefonaten schaffte es Reiners buchstäblich in letzter Minute, Ersatz für das Konzert zu finden. Wobei wirklich nicht von „Ersatz“ gesprochen werden sollte, wenn man der hohen musikalischen Qualität Rechnung trägt, die ein spontan gebildetes Ensemble aus vier mit dem Jazzclub verbundenen Musikern am Abend auf die Bühne brachte. Unter dem rasch gefundenen Titel «Latin meets Gypsy» unternahmen die Gitarristen José Díaz de León und Sven Jungbeck, die seit einiger Zeit zusammen als Duo auftreten, zusammen mit dem in Hürth bestens bekannten Geiger Sebastian Reimann sowie Christoph Bormann am Bass einen Streifzug durch Gypsy Swing und Latin-Jazz. Ein Programm, das in seiner Qualität und dramaturgischen Ausgewogenheit überraschte. Funkensprühendes Feuerwerk Den Anfang machten die Musiker mit Gypsy Swing …

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Jazz im Radio. Foto: Hufner

Die Jazz-Radiowoche vom 11.03.19 bis 17.03.2019

Ein kleiner Blick in die Jazzwoche 11 im Radio. Im Zentrum der Woche stehen drei Pianistinnen und deren Geburtstage: 75. Geburtstag von Joachim Kühn, der 90. Geburtstag von Cecil Taylor und der 100. Geburtstag von Lennie Tristano. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Jazz im Radio (Fernsehen) SR2 – JazzNow – Sonntags von 20.04 bis 22.30 Uhr BR-KLASSIK – Jazztime – Von Montag bis Freitag täglich um 23.05 Uhr rbb-kulturradio – Late Night Jazz – Sa und So 23:04 – 24:00 Uhr hr2-kultur – Jazz in hr2-kultur – täglich SWR2 – Jazz – täglich WDR3 – JAZZ & WORLD – Improvisiertes zum Tagesausklang – Montag bis Freitag, 22.04 – 0:00 Uhr Deutschlandfunk – Jazz (Überblick) – Jazz Live, JazzFacts und Milestones Deutschlandfunk Kultur – Jazz – diverse Sendetermine ARTE TV – Jazz 11.03.2019 17:50 bis 18:00 | SWR 2 SWR2 Jazz vor Sechs 19:04 bis 20:00 | hr2-kultur Hörbar: Musik grenzenlos 19:35 bis 20:00 | MDR Kultur MDR KULTUR – Jazz Lounge Die Sendung will Jazz-Begeisterte erfreuen, ebenso wie Hörer, die mit dem Genre bisher wenig anfangen konnten. „Jazz Lounge“ begleitet …

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+++ News: +++ Tamir Hendelman-Trio und Sängerin Niki Haris auf der Piano-Bühne in Oberthulba +++Uraufführung in Essen: „Essence of Air“ vom Essen Jazz Orchestra +++

Soul, Blues, Funky Swing, und Jazz: Niki Haris begleitet von Tamir Hendelman in Oberthulba Am Freitag, den 29. März 2019 präsentiert die Piano-Bühne in Oberthulba das Tamir Hendelman-Trio und die US-amerikanische Sängerin Niki Haris. Niki Haris war Bühnenpartner von  Ray Charles, Stanley Turrentine, Whitney Houston , Tom Jones,  Madonna und vielen anderen. Die Tochter des US-Jazzpianisten Gene Harris ist zusammen mit Nancy Wilson und Dianne Reeves auf Tournee gegangen, aber nicht nur live, sondern auf Film- und TV-Soundtracks ist ihre Musik zu hören. Eine weitere Zusammenarbeit ergab sich mit  Joe Sample und den Jazz Crusaders., genauso wie ihre Stimme auch bei Plattenaufnahmen mit Mick Jagger und Sheryl Crowe zu hören ist. Bei ihrer aktuellen Europatournee 2019 wird sie mit dem US-amerikanischen Jazzpianisten Tamir Hendelman auf der Bühne stehen. Der von Ray Brown inspirierte Bassist Nicola Sabato und der Schlagzeuger Germain Cornet aus Paris vervollständigen das Begleit-Trio. www.pianobuehne.de   Essen Jazz Orchestra spielt wieder in der Casa Essen. Mit einer Uraufführung wartet das Essen Jazz Orchestra bei seinem nächsten Konzert  am Sonntag, dem 10. März in der Casa des Schauspiel Essen auf: „Essence of Air“, so …

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+++ News: +++ Duo Alessandro Quarta & Giuseppe Magagnino, Violine & Piano, zu Gast in Kempten +++ The Mojo Six mit Zusatzkonzert in Augsburg +++ Jubiläum in Hamburg: 60 Jahre Cotton Club +++

Ein klassisches Duo für den Jazz in Kempten Im Rahmen des Kemptener Jazzfrühlings präsentiert „möbel mayer“ in diesem Jahr das Jazzduo Alessandro Quarta (Violine) & Giuseppe Magagnino (Piano)mit seinem aktuellen Programm „History of Jazz und Piazzolla“. Das Konzert findet am Donnerstag, 2. Mai 2019 in möbelmayers Jazz Lounge statt. Bereits zum 35. Mal findet das Jazzfestival im Herzen des Allgäus vom 27. April bis zum 5. Mai 2019 statt und gastiert dabei zum dritten Mal in möbel mayers Jazz Lounge. Das Publikum kann sich auf Alessandro Quarta, der gemeinsam mit seinem Pianisten Giuseppe Magagnino  ihrem neuen Programm sowie von Quarta favorisierte Jazz-Kompositionen, u.a. von Duke Ellington, Cole Porter, George Gershwin und Chick Corea präsentieren wird, freuen. Der musikalische Ausdruck hat für Alessandro höchste Priorität, genauso liebt die Freiheit des Jazz und sagt: “Jazz ist alles, was man im Leben nicht sagen oder tun kann, aber man sagt es und tut es in der Musik. Alles andere zählt nicht.“  www.alessandro-quarta.de Jazz in der Augsburger Puppenkiste – ausverkauft? Zusatzrunde für The Mojo Six Auf Grund der Tatsache, dass das erste Konzert (18.2.) bereits ausverkauft ist, gibt die …

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Sarah McCoy - Blood Siren
Sarah McCoy - Blood Siren

Sarah McCoy mit neuem Album bei Blue Note

Es gibt sie noch – angenehme musikalische Überraschungen: „Blood Siren“, Sarah McCoys neue CD, erschienen auf Blue Note Records, zählt ohne Zweifel dazu und ist gleichzeitig eine absolut ungewöhnliche Aufnahme. Das Album beginnt mit behutsamen, zurückhaltenden Tönen von Chilly Gonzales am Klavier, dann setzt die leicht dunkle Stimme Sarah McCoys ein, erzählt persönliche Geschichten und Begebenheiten. Ihr Gesang wandert dabei stilsicher zwischen Jazz, Singer-Songwriter oder Blues während zu den Klängen und Songs im Kopf eine Mischung aus New-Orleans-Voodoo-Film-Noir abläuft. Gleichzeitig ist „Blood Siren“ faszinierend instrumentiert. Leise, zurückhaltende Töne bestimmen das Geschehen, mal untermalt von Stella Le Pages Cello, oder der leichten, fast unmerklichen Synthesizer-Instrumentierung von Vincent Taurelle. Aber Sarah McCoy verlässt sich nicht nur auf Gonzales und Taurelle, sie begleitet ihren Gesang, fast beängstigend intensiv, z.B. in „The Death Of A Blackbird“ solo am Klavier oder untermalt „Someday“ oder „Mammas Song“ mit Klängen eines „spooky“ klingenden Toy-Pianos. Die Schönheit des Klangs wechselt sich ab mit betörenden, mal frostig bluesigen Klängen und McCoys faszinierender Stimme, die den Hörer in seinen Bann zieht. Sarah McCoy nimmt in ihren Texten kein Blatt vor den Mund und gewährt tiefe Einblicke …

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Sven Faller. Foto: Michael Scheiner
Sven Faller. Foto: Michael Scheiner

Bassist Sven Faller leitet künftig den Bereich Jazz bei der Sommerakademie Neuburg an der Donau

Neuburg a.d. Donau. Neben Musik- und Musikfachschulen haben sich Workshops zu einem wichtigen Standbein der „jazz education“ entwickelt. Mit einem außerordentlich breiten Angebot aus Bildender Kunst, Tanz, Kunsthandwerk, Alter Musik, Klassik und Jazz hat die Neuburger Sommerakademie dabei immer eine Sonderstellung eingenommen. Spezialisierte Workshops, wie in Bayern in Erlangen und Burghausen, haben sich gegenüber diesem Gemischtwarenladen – um es einmal flapsig auszudrücken –  immer leichter getan, interessierte Musikschaffende anzusprechen. Das möchte der neue Leiter der Jazzabteilung, der Bassist Sven Faller, mit einer neuen, jüngeren Dozentenmannschaft und erweitertem Konzept künftig ändern. Kommenden Sommer will er bei der Sommerakademie ein neues Kapitel aufgeschlagen. Nach mehr als drei Jahrzehnten anfänglich zäher Aufbauarbeit zieht sich der Saarländer Professor Herbert Wiedemann von der künstlerischen Leitung im Musiksektor zurück. Den Bereich Klassik hat er bereits vor drei Jahren an den Cellisten Alexander Suleiman abgegeben, im Bereich Jazz ist Faller vor einiger Zeit vom Stadtrat als neuer Leiter bestätigt worden. Mittlerweile hat Suleiman, Professor an der Musikhochschule in Suzhou, den Klassikbereich mit neuen Ideen und Ansätzen spürbar internationalisiert. Auch Faller, seit vier Jahren bereits als Dozent in Neuburg tätig, will den Jazzzweig …

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Magnetische Sternstunde der Musik: Das Lorenz Kellhuber New Trio im Stadttheater Regensburg

Regensburg. Verpufft, beiseite geschoben, weggewischt. Jeglicher Vorbehalt, ob ein reines Instrumentalkonzert bei den Zuhörern auch ankommt, war schlussendlich atomisiert. Anfänglich sorgte sich Pianist Lorenz Kellhuber im Theater Regensburg noch, dass Besucher sein Konzert mit dem New Trio vorzeitig verlassen könnten. Am Ende konnte die euphorisierte Menge kaum noch mit Zugaben beruhigt werden. Nach einer über dreiviertelstündigen Improvisation hatten die drei Musiker ihre Zuhörer derart in einem magisch-magnetischen Klangkosmos gefangen, dass sie wie Süchtige nach immer mehr verlangten. Einige wenige waren tatsächlich nach der Pause nicht mehr ins Theater zurückgekehrt, ihre Plätze blieben verwaist. Vielleicht hatten sie sich etwas mehr Groove, normaleren (Mainstream-)Jazz oder songartige Strukturen erwartet. Wer allerdings die Entwicklung des mit 28 Jahren noch jungen Berliner Pianisten mit oberpfälzischen Wurzeln ein wenig verfolgt hat, konnte darauf ernsthaft kaum gesetzt haben. Kellhuber hat sowohl als Solist, Bandleader, wie als Begleiter oder Partner über Genregrenzen hinweg der Improvisation immer einen breiten Raum eingeräumt oder gar ganz frei gespielt. Dennoch war es vom Jazzclub, als engagierter Veranstalter, eine mutige Entscheidung das neue Trio um Kellhuber in der Reihe „Jazz im Theater“ zu präsentieren. Anders als im intimeren …

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