Traumbild von Stille und Feuer

Auch wenn die oberbayerische Harfenistin deutlich mehr zu bieten hat, bekannt wurde sie hauptsächlich mit dem Rosenheimer Quartett „Quadro Nuevo“ um Mulo Francel, dem sie seit bald zehn Jahren angehört. Mit Francel (saxes) hat Evelyn Huber schon vorher diverse Duo-Alben aufgenommen, ebenso wie vor allem am Anfang ihrer künstlerischen Laufbahn mit dem Hackbrettspieler Rudi Zapf. Auch als Solokünstlerin ist sie auf einigen älteren Scheiben zu hören. Was in ihrem Portfolio bisher fehlte, war ein Band-Album unter ihrem Namen. Das holt die Münchnerin jetzt mit „Inspire“ nach. Für diese technisch hervorragende Aufnahme hat sie sich den Pianisten Matthias Frey, Christopher Herrmann an Cello und gleich zwei Percussionisten, Wolfgang Lohmeier und den großartigen Kölner Ramesh Shotham, ins Studio geholt.

Herausgekommen ist eine warme klangfarbenreiche Sammlung melodiöser Songs, zum größeren Teil aus Hubers eigener Feder, ergänzt um Kompositionen von Frey und Herrmann. Diese binden sich erstaunlich gut in den gefühlvoll-bewegenden  Gesamteindruck des Albums ein. Sicher auch deshalb, weil die beiden Musiker und Mitkomponisten eine ähnliche stilistische Offenheit wie Huber zwischen Weltmusik, Jazz, Tango und impressionistischen Klang pflegen. Ihre eigenen Nummer  entstehen dabei oft aus der Ruhe und Konzentration, veranschaulicht die virtuose Harfenspielerin. Sie wirken oft leicht und ungeplant wie das klangverspielte „Lavendel“ oder das meditative „Abendsonne“, sehr intuitiv, angebunden an Gefühl und Leidenschaft, die beim Hören wie eine sanfte Glut oder eine frische Brise eines frühen Sommertages daherkommen. Deutlich kommt Evelyn Hubers ungebrochene Leidenschaft für die Grosse Harfe und den damit verbundenen Soundmöglichkeiten zum Ausdruck. Sie versteht sich selbst dabei als eine unkonventionelle Musikerin, die ihr Instrument in akustisch wenig bevölkerte Welten schickt. Das macht sie mit unwiderstehlichem Charme, Spielfreude und einer technischen Perfektion, die sich aber nie in den Vordergrund drängt. Hinter dem ruhigen, oft zarten und feingliedrig-einfühlsamen Sound bricht sich aber auch hie und da untergründiges Temperament in rhythmisch nach vorn schiebenden Stücken wie „Niebla“ oder dem kurzen „Interlude“ Bahn. Ein unerwartet anrührendes Album, poetisch und zärtlich, aber auch dynamisch und für eine Harfe oft überraschend kraftvoll.

Die Weltmusikerin, die bereits Trägerin des Bayerischen Kulturpreises ist und mit  „Quadro Nuevo“ zweimal mit dem Echo ausgezeichnet wurde, hat trotz ihrer vielfältigen Konzerttätigkeit Zeit gefunden, neue Wege zu gehen. Und es ist ihr zu wünschen, dass sie dabei die Begleitung vieler interessierter Hörer findet. „Ich könnte ihrer Musik endlos zuhören, sie klingt kraftvoll, feinsinnig und kreativ, wie ein Traumbild zwischen Stille und Feuer“, schreibt ein Fan auf Amazon in einer Kundenrezension.

Von Michael Scheiner

Evelyn Huber,  Inspire, FM 216-2 (GLM Music, 2016)

 

Der tägliche
JazzZeitung.de-Newsletter!

Tragen Sie sich ein, um täglich per Mail über Neuigkeiten von JazzZeitung.de informiert zu sein.

DSGVO-Abfrage *

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.