CD-Rezension Kunkel-Degen: Down By The Harbour

cover1_harbourVon Michael Scheiner – Der Mee, wie der bayerisch-hessische Main im Dialekt heißt, gerät selten in den Fokus künstlerischer Auseinandersetzung. Bob Degen (p) und Holzbläser Burkard Kunkel aus der Frankfurter Jazzszene dürfte er als Inspirationsquelle für ihr Duoalbum gedient haben. Es ist zwar nirgends vermerkt, dass das Titelstück Down By The Harbour geografisch Bezug auf den Hafen der Mainmetropole nimmt und das Frontfoto von U. Neugebauer gelbe Poller vor dem vorbeiziehenden Gewässer zeigt. Dennoch kann man davon ausgehen, dass der Fluss mit seinen behäbig-beschaulichen Stimmungen und ruhigem Lauf die Aufnahmen mit den 16 Miniaturen beeinflusst hat.

Neben jeweils eigenen und einigen gemeinsamen Kompositionen stehen drei Stücke des französischen Querkopfes Eric Satie vordergründig quer (Danses de travers No. 1 – 3) zum thematischen Hintergrund. Klanglich fügen sie sich wunderbar ein in die überwiegend verhaltene, fast traumwandlerische Stimmung des intimen Albums. Aus diesen warmherzig-lyrischen Betrachtungen, durch die Kunkels dunkler Ton auf dem Bassetthorn manchmal wie ein Windstoß plötzlich rau aufheult, ragen zwei frei improvisierte Nummern wie grell blinkende, expressive Leuchtzeichen hervor. Der heisere Ton, den er auf dem zur Klarinettenfamilie zählenden Instrument immer wieder anschlägt, weist an die Aufnahmen hin, die der notorisch unterbewertete Pianist mit dem Saxofonisten Heinz Sauer, ebenfalls einer der einflussreichen Frankfurter Musiker, vor fast drei Jahrzehnten eingespielt hat. In den Linernotes nimmt Kunkel sogar Bezug darauf: „…auf Ellingtonia Revisited habe ich Bob Degen erstmals gehört und war tief beeindruckt.“

Zwei Jahrzehnte später, 2008, hat er den Pianisten im Frankfurter Jazzkeller wieder getroffen. Daraus hat sich eine fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt. Nach der Trioplatte „Zitrone und Zimt“ mit dem Schlagzeuger/Perkussionisten Willi Kappich ist das Duo-Album die zweite Veröffentlichung der musikalisch Reisenden. Diese, ihre gemeinsame Reise ist nie ausschweifend, suchend zwar, tastend bisweilen, dabei aber voller Klarheit und schimmernder Transparenz. Rhythmisch sehr frei, aber selbst in eruptiven Momenten nie aufgeregt oder kopflos, sondern achtsam und konzentriert, verspielt gelegentlich und von einer hohen Intensität getragen. Eine bei aller Abstraktion körperhafte Musik, die berührt und einlädt zum Mitreisen.

 

Burkard Kunkel / Bob Degen: Down By The Harbour

Orchestrion Schallfolien Cd-FTF 069

Burkard Kunkel – Bassetthorn
; Bob Degen – Piano

Vertrieb: ffmjazzmanagement

 

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