Vinyl-Träume werden wahr: der Platten-Laden Jazz Dreams in Berlin-Pankow

Peter Durek in seinem Laden. Foto: P. Basche
Peter Durek in seinem Laden. Foto: P. Basche

Wenn Vinyl duften würde, käme man sich vor wie in einem tropischen Gewächshaus. Wenn die schwarzen Scheiben pheromongesättigt dufteten, würden sie Menschen in den unauffällig in einer Straßenkurve liegenden Plattenladen von Peter Durek hineinziehen. Hier im Norden von Berlin, in Pankow Niederschönhausen, eröffnet sich seit dem 1. August letzten Jahres unversehens eine alte Jazzwelt. Die Schaufensterauslage täuscht allerdings zunächst etwas über den Inhalt hinweg. Da steht eine Platte von Motörhead und anderes mehr oder minder heftiges Rockmaterial und schielt nach Aufmerksamkeit. Auch die ersten Schritte in den weiträumig in die Tiefe gehenden Laden führen einen vielleicht in die Irre. Ein paar Plattengrabbeltische mit gutem aber doch billigem Material. Das wirkt ein bisschen wie die alte Ablage von Zweitausendeins.

Geht man weiter, steht man vor einem Plattenspielerturm, der vor einer das Haus tragenden Säule platziert ist. Kein Kunstwerk, keine Abhörstation, sondern etwas betagtere, wieder aufgearbeitete Plattenspieler aus den 80er-Jahren. Die tragende Säule des Geschäfts liegt dahinter und eine Etage tiefer. Hier breitet sich die mittlerweile verrückt wirkende Welt von Platten auf 130 Quadratmetern aus, sortiert in jenen berüchtigten Regalen, die ein schwedisches Möbelhaus – ohne es zu wissen – ganz sicher nur für diesen Zweck erdachte. Es handelt sich um eine umfangreiche Sammlung von Schellack-Platten und Vinyl-Scheiben, deren Schwerpunkt vor den 70er- und vor allem vor den 60er-Jahren liegt. Darunter natürlich manche Rarität, vor allem aber Dokumente einer alten Jazzwelt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Der Grundstock der Vinyl-Sammlung Dureks wurde mit dem Archiv des Hamburger Sammlers Bix Eiben gelegt. Er hat nicht nur die Platten gesammelt, sondern mit höchster Akribie dokumentiert. Um nicht durch die Regale wie eine wildgewordene Sammlersau zu streifen, liegen dessen Platten abfotografiert und mit Matrizennummern (sofern vorhanden) in einem schweren Folianten zur Durchsicht bereit. Selbständiges Stöbern ist nämlich nicht so sehr erwünscht, hier, wo Ordnung das halbe Leben bedeutet. Zumal sich die Gesamtsammlung bei „Jazz Dreams“, so heißt der Laden, aus mehreren Teilsammlungen zusammensetzt: Und so ist Platte eben nicht Platte und Alphabet nicht Alphabet.

Den Laden kann man allerdings auch recht gut über das Internet erreichen. Dort kommt man über umfangreiche Suchfunktionen auch ganz gut ans Ziel. Dann fehlt allein der direkt-physische Kontakt zum Besitzer und zur probeweisen Abhörmöglichkeit vor Ort. Schnäppchen wird man hier wie dort nicht machen: Peter Durek weiß sehr genau, was seine Schützlinge wert sind. Über manche Formulierung in den AGB kann man durchaus geteilter Meinung sein – da wird der Musikplattenliebhaber zum harten Geschäftsmann. Und so sagt er auch ganz freimütig heraus, welche Kundschaft sich den Weg zu ihm besser sparen kann: „Besserwisser, Klugscheißer, Testzeitschriftauswendiglerner und Menschen ohne Gehör.“

Wer noch nicht ausgestattet sein sollte mit entsprechenden Abspielgeräten, Verstärkern (die noch einen Phonovorverstärker inkludieren) und Boxen, kann sich ebenfalls vor Ort gar nicht mal so teuer versorgen. Durek ist kein Vertreter des extremen Audiophilismus, wo Musik nur in keimfreier Atmosphäre gedeihen kann. Und zwar in beiderlei, digitaler wie analoger, Richtung.

Seit einiger Zeit etabliert Durek auch Themenabende, bei denen auch seine Gäste das Programm mitgestalten können – im Untergeschoss findet sich sogar eine Art Bar, die aber noch nicht zum vollen Einsatz kommt; man will eben mehr sein als nur ein Geschäft. So trägt Durek zur Farbig- und Lebendigkeit seines Kiezes mit bei (in unmittelbarer Nähe liegen beispielsweise der Kurt-Lade-Jugendclub und tape.tv – sowie drei bis vier fette Supermärkte).

Jazz Dreams, Hermann-Hesse-Str. 25, 13156 Berlin, Tel. 030/548 50 550, www.jazz-dreams-hifi-berlin.de, www.facebook.com/jazzdreamsberlin

In der Printausgabe der JazzZeitung 3-14 wurde Herrn Dureks Name durchgehend falsch geschrieben, dafür entschuldigen wir uns an dieser Stelle – die Redaktion.

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