Jazz im Rundfunk – Episode I: Der BR

Der Jazz beim Bayerischen Rundfunk hat eine lange Geschichte und reicht bis zur Zeit zurück, als man noch als Radio München unter der Ägide der Amerikaner sendete – Mitternacht in München hieß die berühmteste Sendung mit Jazz in dieser Zeit. Als Redakteure in der Abteilung „Leichte Musik“, zu der der Jazz im BR bis heute gehört, arbeiteten nach dem Krieg u.a. Jimmy Jungermann, Werner Götze, Ado Schlier, Peter Machac und Joe Kienemann.

Jazz im BR-Hörfunk

Die heutige Hauptsendung Jazztime (tägl. um 23.05 Uhr) hat ihren Platz beim Sender BR-Klassik. Neben den festen Redakteuren Roland Spiegel und Beate Sampson (u.a. Jazz aus Nürnberg) moderieren auch die Jazzjournalisten Ssirus Pakzad, Marcus Woelfle und Ralf Dombrowski regelmäßige Sendungen. Außerdem seit 2003 fest dabei: Bassist Henning Sieverts, wobei man sich bei ihm fragt, wie er noch Zeit findet, um Sendungen zu fahren, nachdem er in gefühlt jeder Jazzband spielt, die in München und auch andernorts die Bühnen besetzt…

Jazztime – Die Jazzsendung beim BR.
Jazztime – Die Jazzsendung beim BR.

Der Dauerbrenner Jazz auf Reisen, mit dem sich schon Werner Götze und Ado Schlier regelmäßig aus der bayerischen Provinz meldeten, ist immer noch auf Sendung – seit 1961. Mittlerweile kümmert sich Roland Spiegel um die Auswahl der Live-Mitschnitte aus Bayerischen Jazz-Clubs, von den Jazzfestivals in Burghausen und Regensburg aber auch von anderen Bühnen des Freistaats.

Mit Bühne frei im Studio 2 ist der BR auch als Veranstalter von Jazzkonzerten aktiv. Einmal im Monat öffnet man das Studio 2 im Funkhaus für Konzerte, bei denen neben inter- und nationalen Künstlern auch immer wieder die Münchner Jazzszene ein Forum bekommt. Zu Kienemanns Zeiten hieß das Ganze noch „Eintritt frei im Studio 2“ – das konnte man nicht aufrechterhalten, aber mit schlappen 10 € Eintrittspreis (plus ÖPNV-Ticket) ist die Reihe immer noch ein schwer zu empfehlendes Schnäppchen. Die Verantwortung hierfür trägt mittlerweile Beate Sampson.

Mit Jazz Cats, Vol 1 ist aus einigen der jüngeren Live-Mitschnitte von „Bühne frei…“ endlich auch einmal Gepresstes geworden. Die 2008 auf dem neu gegründeten BR-Klassik-Label erschienen Aufnahmen von (u.a. Der Rote Bereich, Rosebud Trio, Nils Wogram’s Nostalgia Trio, Ramón Valle Trio) sollten der Auftakt zu einer CD-Reihe sein. Bisher ist noch nichts nachgekommen – mal sehen.

Auch am nachmittag kann man auf BR-Klassik Jazz hören. In der Klavier-Sendung Pour le Piano werden jeden Freitag um 15.05 Uhr Aufnahmen von Jazzpianisten aus alten und neuen Tagen vorgestellt. Am frühen Samstagabend, um 18.05 Uhr, trifft in der Sendung Jazz und mehr Swingendes auf Folkloristisches und Klassisches – Tango, Tarantella, Flamenco, Alte Musik.

Bayern 2 hat immerhin die radio Jazznacht und Jazz und Politik im Sendeschema. Jazz-Verwandtes gibt es hin und wieder beim musikfeature und der Bluessession zu hören.

Jazz-Podcasts zum Download

Zuletzt sollte das Download-Angebot des Hörfunks erwähnt werden. Vereinzelt werden in den täglichen Klassik-Magazinsendungen Allegro (morgens) und Leporello (nachmittags) Beiträge über Jazzthemen gebracht. Diese werden dann im BR-online-Downloadbereich zur Verfügung gestellt.

Hier zum Beispiel ein Link zu einem Kalenderblatt über den Münchner Schlagzeuger Freddie Brocksieper, das ich kürzlich für BR-Klassik produziert habe.

Jazz im Bayerischen Fernsehen

Auch Jazz im TV ist kein Paradoxon. Großartige Konzertmitschnitte (vor allem von der Internationalen Jazzwoche Burghausen) gibt es jeden zweiten Sonntag auf BR-alpha in der Sendung Jazz oder nie! zu sehen. Wohlgemerkt um 21.15 Uhr, gar nicht mal so spät. Außerdem wird jeden Samstag die Nachtmusik gesendet, einzelne Sondersendungen gibt’s obendrauf.

Fazit:

Alles in allem erscheint mir dieses Angebot recht passabel. Könnte mehr sein, ist aber auch nicht nichts. Der BR unterhält im Gegensatz zu SWR, NDR und WDR zwar keine eigenes Jazzensemble mehr, aber was Live-Mitschnitte und Konzertdokumentationen angeht, können sich die Aktivitäten sehen lassen und sie haben in München und anderen bayerischen Städten durchaus Spuren hinterlassen. Die Internationale Jazzwoche Burghausen oder der inzwischen dahingegangene Münchner Klaviersommer wären ohne dieses Engagement des BR nicht möglich (gewesen). Tröstlich ist also, dass gerade der aktuelle Jazz im Rundfunk einen Ansprechpartner hat und der BR sich nicht als bloßer Plattenspieler betätigt. Wer also Jazz hören will, bekommt ihn. Nicht dauernd und in beliebiger Breite, aber regelmäßig.

Weitere Artikel über Jazz im BR aus dem Jazzzeitungs-Archiv:

Artikel über die Geschichte des Jazz bei AFN und BR in München (2007)

Artikel zum Abschied von BR-Jazzredakteur Joe Kienemann (2005)

Nachruf auf BR-Redakteur Werner Götze (2010)

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