Ausgabe Oktober 1998CD-REZENSIONJan Garbarek Rites ECM/PolyGram Autor: Tom Fuchs |
Auch für sein neues CD-Projekt,
diesmal im aufwendigen Doppelformat, hat Jan Garbarek auf die bewährte Teamwork mit
seiner Live-Band (mit Rainer Brüninghaus, Eberhard Weber, Marilyn Mazur) gesetzt. Weitere
Gäste sind der Keyboard-Spezialist Bugge Wesseltoft und das Tbilisi Symphonie Orchestra
unter Jansug Kakhidze. Es ist ein weiterer Trip des skandinavischen Saxophonisten in
Richtung Weltmusik, auf dem er sich noch ein Stück weiter von seinen Jazz-Roots entfernt
hat. Bei seinen musikalischen Exkursionen verfährt Garbarek nach einer sehr einfachen und
doch wirksamen Rezeptur: Aus der Ursuppe dumpfer Rhythmen erheben sich Garbareks
sphärische Klänge, die sich zuweilen im Dialog mit den elektronischen Sounds von Rainer
Brüninghaus treffen. So Mild The Wind, So Meek The Water bietet ein
melodisches Auf und Ab der Melodie, die an selige Witchie-Tai-To-Zeiten
erinnert. Its High Time, mit seiner hymnischen Tenorsaxophonlinie und
seinem magisch-hypnotisierenden Beat, könnte man sich gut auf jeder Esoterik-Party
vorstellen. Es ist eben die fatale Nähe zu den gängigen Sounds, die nun häufiger unter
dem alles verschlingenden Etikett World Music gehandelt werden. Pathetische
Klangteppiche rochieren mit beinah naiv anmutenden Songs, etwa Don Cherrys
Malinye, einer Hommage an den Nestor der World-Music-Bewegung. Moon Over
Mtatsminda, ein Stück des georgischen Sängers und Orchesterleiters Jansug Kakhidze
für Sinfonieorchester, wirkt zunächst wie ein Fremdkörper, erhält jedoch mit dem
vorangehenden We Are The Stars seine Berechtigung. Es geht, folgt man
Garbareks Erklärungen in den liner notes, um nichts anderes als den Moment der Erleuchtung, den ein Mensch in seinem Leben irgendwann einmal erfährt; ein Zustand, den Garbarek jedoch nach eigener Einschätzung noch nicht erreicht hat. Mal ist es Rainer Brüninghaus, mal Eberhard Weber, mit denen sich Garbarek zu synchronem Wohlklang trifft. Ein biß-chen viel Harmonie, nicht nur im musiktheoretischen Sinn. Ein wenig mehr Reibungsfläche, wenigstens ein paar kleine Haarrisse im System der Ausgewogenheit, hätten dem Ganzen nicht geschadet. So erfreut man sich stattdessen an den irdisch-wuchtigen Beats von Marilyn Mazur. Mitunter zirpt und zischelt es im Hintergrund, und nicht zuletzt der perkussiven Wühlarbeit der dänischen Schlagwerkerin ist es zu verdanken, daß Garbareks elegisches Spiel Bodenhaftung behält. |
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